Das Angebot an Arznei- und Hausmitteln ist riesig. Doch was hilft? Ein Überblick über wirksame Präparate und sanfte Heilmethoden.

Hamburg. Die Nase tropft oder ist verstopft; Hals, Kopf und Glieder schmerzen, mitunter kommen noch Heiserkeit und Fieber hinzu – ein Schnupfen kann schon ziemlich lästig sein. Und teuer. Etwa 30 Prozent aller Arbeitsfehlzeiten gehen auf sein Konto. Weil er jedoch zu den sogenannten Bagatellerkrankungen gehört, wird er oft in Eigenregie behandelt.

Die Palette reicht dabei von Pillen, Kapseln und Vitaminpräparaten bis zu Lutschpastillen, Hustensaft und Pflanzenextrakten. Vieles davon ist wirkungslos, aber einiges kann nachweislich helfen, oder aber, sein Wirkprinzip klingt wenigstens logisch. Ein Überblick.

Ibuprofen: Der Schnupfen wird milde – dauert aber länger

Weit oben auf der Liste der Medikamente, die hierzulande von Ärzten und Patienten gegen Schnupfen eingesetzt werden, stehen Präparate mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen. Als Schmerzmittel und Fiebersenker können sie letztlich keinen einzigen Virus ausschalten, doch theoretisch einige Symptome der Erkältung lindern.

Eine englische Studie untersuchte an knapp 900 Patienten in 25 Arztpraxen, wie sich Ibuprofen und Paracetamol auf den Krankheitsverlauf eines grippalen Infektes auswirken. „Es zeigte sich in der Summe kein Effekt irgendeiner Dosierungsempfehlung auf die Schwere der Symptome“, konstatiert Studienleiter Paul Little.

Immerhin verschafft Ibuprofen den Patienten mit tiefer reichenden Infekten und Kindern etwas Linderung. Dafür dauert allerdings der Krankheitsverlauf insgesamt länger. Der Grund: Für die Abwehr eines Infekts wird eine bestimmte Mindeststärke der Immunantwort benötigt – und die wird durch einen effektiven Entzündungshemmer wie Ibuprofen unterdrückt. Außerdem führt das Mittel oft zu Nebenwirkungen, wie etwa Bauchweh (27%), Durchfall (13%) und Erbrechen (11%). Von einer positiven Nutzen-Schadens-Bilanz kann man da nicht unbedingt sprechen.

Vitamin C: Der Schnupfen wird milde – aber nicht seltener

Vitamin-C-Präparate werden vor allem zur Vorbeugung von Erkältungen eingenommen. Dieser Einsatz geht zurück auf den Nobelpreisträger Linus Pauling, der das normalerweise im Milligramm-Bereich agierende Vitamin gleich teelöffelweise schluckte. Ein Beweis für seine präventive Wirksamkeit ist das freilich nicht. Und auch die nachgewiesene Tatsache, dass Vitamin C die Funktionsfähigkeit der Fresszellen verbessert, bedeutet nicht automatisch einen Pluspunkt im konkreten Kampf gegen Schnupfenviren. Immerhin kommt ein Forscherteam von der Universität Helsinki zu dem Schluss, dass Erkältungen etwas milder und kürzer verlaufen, wenn man 200 Milligramm Vitamin C pro Tag einnimmt. „Einen vorbeugenden Effekt konnten wir jedoch nicht nachweisen“, resümiert Studienleiter Harri Hemilä.

Nasensprays: Wirkungsvolle Soforthilfe für kurze Zeit

Die handelsüblichen Nasensprays gegen Schnupfen enthalten abschwellende Stoffe wie Xylometazolin oder Oxymetazolin, ihre befreiende Wirkung auf die Nasenatmung ist unbestritten. Sie wirken bereits nach wenigen Minuten, und je nach Präparat bis zu zwölf Stunden. „Doch langfristig trocknen sie die Schleimhäute aus und können sie sogar beschädigen“, warnt Infektiologe Peter Walger vom Universitätsklinikum Bonn. Er empfiehlt daher die Anwendung der Sprays lediglich im konkreten Bedarfsfall, „beispielsweise vor einem wichtigen Gespräch“. Die immer beliebter werdenden Nasenduschen mit Salzwasser sind auch keine allheilbringenden Alternative. Sie schützen zwar vor Neuinfektionen, doch bei akuter Erkältung können sie die Keime auch in Atemwegsbereiche spülen, die vorher noch gar nicht infiziert waren.

Hustenlöser: Warum einen sinnvollen Reflex unterdrücken?

Allein in Deutschland werden Jahr für Jahr 70 Millionen rezeptfreie Hustenmittel verkauft. Ein Forscherteam um den deutschen Mediziner Knut Schroeder fand jedoch nur wenige brauchbare klinische Studien zu deren Wirksamkeit, und in diesen Arbeiten präsentierten sich die angeblichen Hustenlöser nicht besser als ein wirkungsloses Placebo. Schroeders Fazit: Bis heute sei unklar, ob frei verkäufliche Hustenmittel irgendeinen Nutzen hätten. Seine Empfehlung: „Einen Husten im Zusammenhang mit einer Infektion der oberen Atemwege kann man getrost unbehandelt lassen.“ Man darf nicht vergessen, dass Husten bei einer Erkältung auch einen Sinn hat: nämlich Fremdkörper aus den Atemwegen herauszublasen.

Ambroxol: Lutschtabletten helfen auch ohne Wirkstoff

Von allen Symptomen sind es gerade die Halsschmerzen, die einen Schnupfen-Patienten in die Arztpraxis treiben. Und dort erhalten sie oft das Rezept für einen Hustensaft, meistens mit dem Wirkstoff Ambroxol. Für den konnte ein Forscherteam unter Jean-François Chenot von der Universität Greifswald auch tatsächlich einen schmerzlindernden Effekt nachweisen. Der zeigte sich allerdings auch, wenn man den Patienten eine Lutschpastille ohne jeglichen Wirkstoff verabreichte. Denn die stimuliert den Speichelfluss, der die gereizten Schmerzrezeptoren in Hals und Rachen besänftigt und auch Keime und Schleimpartikel wegspült. Fazit: Hauptsache, man lutscht! Was dabei zum Einsatz kommt, ist zweitrangig.

Zink schützt und stimuliert das Immunsystem

Das Mineral kann offenbar gleich über mehrere Kanäle den Verlauf eines Schnupfens beeinflussen. So zeigte es im Labor, dass es die Vermehrungsfreude der Schnupfenviren und deren Fähigkeit zum Andocken an der Nasenschleimhaut einschränkt. Außerdem stimuliert es bestimmte Bereiche des Immunsystems. Dass diese Effekte auch klinische Relevanz haben, konnten kürzlich Forscher für eine Cochrane-Studie bestätigen.

Das Team unter Leitung der indischen Kinderärztin Meenu Singh analysierte insgesamt 16 Studien mit 1387 Teilnehmern. Das Ergebnis: Bei Kindern führt die Einnahme von Zinkpräparaten über ein halbes Jahr zu deutlich weniger Erkältungen und kürzeren Fehlzeiten in der Schule. Allerdings könne man, so Singh, „noch keine Dosierungsempfehlung für die Prävention geben“. Für eine bereits ausgebrochenen Erkältung indes empfiehlt sie eine Tagesdosis von mindestens 75 Milligramm. Allerdings nur dann, wenn keine Nebenwirkungen auftreten – und die sind gar nicht so selten. So führen vor allem die beliebten Zinklutschtabletten oft zu Mundtrockenheit, Übelkeit und Durchfall.

Knoblauch bekämpft Viren – manchmal auch Patienten

Nur eine brauchbare Studie zu Knoblauch und seiner Wirkung auf Erkältungen fand die Cochrane Liberation. Die aber kam immerhin zu einem positiven Resultat. Die 146 Testpersonen hatten drei Monate entweder ein Knoblauchextrakt oder ein gleich aussehendes und vor allem gleich riechendes Scheinpräparat bekommen. In der Placebo-Gruppe war die Zahl der grippalen Infekte doppelt und die Zahl der dadurch bedingten Krankheitstage sogar drei Mal so hoch wie bei den Probanden, die echtes Knoblauchöl bekommen hatten. Allerdings berichtet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) von allergischen Reaktionen durch Knoblauch, bis hin zum anaphylaktischen Schock.

Sonnenhut tut nicht immer gut – und auf die Art kommt es an

Zubereitungen aus Sonnenhut (Echinacea) sollen vor Erkältungen schützen und bei den ersten Symptomen auch deren Verlauf abkürzen können. Als gesichert gilt, dass Echinacea die T-Zellen, Makrophagen und andere Einheiten des Immunsystems aktiviert. Ob das jedoch konkrete klinische Folgen hat, ist strittig. Für eine aktuelle Cochrane-Auswertung wurden 33 Studien mit insgesamt 4631 Teilnehmern begutachtet, und dabei fand man keinen durchgehenden Vorteil von Echinacea gegenüber Placebo. Immerhin aber fanden die Forscher von der TU München Hinweise darauf, dass alkoholische Zubereitungen und Presssäfte aus den oberirdischen Pflanzenteilen von Echinacea purpurea einen positiven Effekt haben könnten. In den Apotheken kursieren jedoch noch viele andere Zubereitungsvarianten, und die werden dann oft noch aus anderen Echinacea-Arten (wie etwa E.pallida und E.angustifolia) und anderen Pflanzenteilen (Wurzeln) hergestellt.

Homöopathie: Wie wirksam ist extreme Verdünnung?

Das Prinzip: Ein Mittel, das ansonsten die Symptome des Schnupfens hervorruft, soll in extremer Verdünnung den Körper so umstimmen, dass die Symptome beim Ausbruch des Schnupfens gelindert werden. Dieses Argument besitzt offenbar Überzeugungskraft, das homöopathische Präparat „Meditonsin“ (gegen Halsschmerzen) etwa erwirtschaftet hierzulande einen Jahresumsatz von über 20 Millionen Euro. Es existieren diverse Erfahrungsberichte von Medizinern und Patienten, doch wissenschaftliche Belege für die Wirkung von Homöopathie sind Mangelware. Der Streit darüber, ob die Globuli durch ihre Suggestivkraft oder tatsächlich durch ihre teilweise unter die Nachweisgrenze verdünnten Wirksubstanzen einen Effekt erzielen, wird sich bis auf Weiteres nicht klären lassen.

Honig lindert Husten und kann Entzündungen hemmen

Gegen den Erkältungshusten hat sich in letzter Zeit der Honig als Behandlungsoption nach vorne gespielt. In einer israelischen Studie an 200 Kleinkindern sorgten vor allem Eukalyptus- und Zitronenblütenhonig für Linderung, die Frequenz und Stärke der Hustenattacken ging deutlich zurück. Hauptverantwortlich sind vermutlich die antibiotischen Inhaltsstoffe des Bienenprodukts, aber es wird auch vermutet, dass der Honigzucker die fürs Husten zuständigen Areale im Gehirn besänftigt. Bei Buchweizenhonig kommen noch die entzündungshemmenden Gerbstoffe des Getreides hinzu. Er hatte in einer amerikanischen Studie an 105 hustenden Kindern eine bessere Wirksamkeit als ein Standard-Hustensaft mit Dextromethorphan.