Nach mehreren Hopsern scheint das Mini-Labor „Philae“ schief auf dem Himmelskörper zu stehen

Darmstadt. Nach einer abenteuerlichen Landung auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko, kurz Tschuri, hat das Mini-Labor „Philae“ wieder Daten geliefert. Experten waren begeistert von den Nahaufnahmen. Das erste Foto nach der Landung zeigt die felsige Oberfläche des Himmelskörpers. In einer Ecke erkennt man einen der drei Landefüße des Labors.

Allerdings habe eines der drei Beine des Landers keinen Kontakt zur Oberfläche. Die Befestigung sei „nicht ideal, aber der Lander ist stabil“, sagte der Chef für den Flugbetrieb der Europäischen Weltraumorganisation Esa, Paolo Ferri, am Donnerstag in Darmstadt. Der Esa-Kometenexperte Gerhard Schwehm verglich „Philaes“ Neigung „mit einem Auto, das in einem Straßengraben liegt“. Eben diese schiefe Lage bereitet den Experten aber auch Sorgen.

Der Strom in den Batterien an Bord reicht für 64 Stunden. Diese sollten mithilfe von Solarzellen immer wieder aufgeladen werden, um das Mini-Labor mehrere Monate zu betreiben. „Philae“ stehe aber nur wenige Meter neben einem Felsen, sagte Esa-Forscher Jean-Pierre Bibring. „Wir sind permanent im Schatten. Das ist Teil des Problems.“ Die Bodenkontrolle versuche, die Landeeinheit so auszurichten, dass ihre Solarzellen mehr Licht einfangen.

Eine weitere wichtige Frage ist, ob die Bohrer der Sonde richtig funktionieren. Sie sollen Bodenproben entnehmen. Falls „Philae“ nicht fest genug verankert ist, könnte die Sonde beim Einsatz der Geräte angehoben werden und den Bodenkontakt verlieren.

Das Labor war nach einer mehr als zehnjährigen Reise – mit der Sonde „Rosetta“ als Taxi – auf dem Kometen gelandet. Experten sprechen von einem Meilenstein der Raumfahrt.

„Philae“-Projektleiter Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln berichtete, dass „Philae“ nach dem Aufsetzen am Mittwoch nicht nur einen, sondern gleich zwei Hopser hinlegte: „Der erste Sprung dauerte etwa zwei Stunden, der zweite rund sieben Minuten. Wir sind immer noch dabei zu analysieren, wie wir nun auf 67P/Tschurjumow-Gerassimenko genau draufstehen.“

Am Donnerstag war es den Experten gelungen, erneut Kontakt zu dem kühlschrankgroßen Labor aufzunehmen, das etwas mehr als eine halbe Milliarde Kilometer von der Erde entfernt ist. „Es wurden große Mengen an Daten geliefert“, sagte ein Esa-Sprecher: „Die Verbindung läuft gut.“ In der Nacht hatte es wie erwartet eine Pause wegen eines Funklochs gegeben.

Bei der Landung auf Tschuri waren zwei Harpunen zum Verankern von „Philae“ nicht ausgelöst worden; eine Düse zum Aufdrücken des Labors auf dem Kometen funktionierte nicht. Ob doch noch versucht werden soll, die Harpunen in den Boden zu rammen, war zuletzt unklar.

Flugbetrieb-Chef Ferri ging davon aus, dass „Philae“ trotzdem auf dem Kometen bleiben wird: „Dass das Mini-Labor wieder abhebt, bezweifle ich sehr. Es ist zur Ruhe gekommen.“

Wissenschaftler wollen mit der Mission einen Blick in die Kinderstube des Sonnensystems werfen, das vor 4,6 Milliarden Jahren entstand. Kometen sollen weitgehend unveränderte Materie aus dieser Zeit enthalten. Gesucht wird auch nach Hinweisen darauf, wie das Leben auf der Erde entstand. „Rosetta“ und „Philae“ haben zusammen etwa 20 Instrumente an Bord, um Tschuri unter die Lupe zu nehmen.

In den ersten Stunden nach der Landung sei es beispielsweise gelungen, das Tomografie-Projekt „Consert“ zu starten, sagte Flugbetrieb-Chef Ferri. Dabei durchleuchten „Philae“ und „Rosetta“ den Kometen in Teamarbeit.

Wie das Rosetta Plasma Consortium herausfand, singt Tschuri ins Weltall hinein. Den Forschern gelang es, Töne aufzuzeichnen, die durch Oszillationen im Magnetfeld um den Kometen entstehen. Diese Töne liegen bei 40 bis 50 Millihertz. Da das menschliche Ohr nur Töne von 20 Hertz bis 20 Kilohertz hören kann, wurden die Frequenzen in dieser Aufnahme verstärkt.

Die 2004 gestartete Sonde „Rosetta“ mit „Philae“ an Bord hatte sich drei Mal in Umlaufbahnen um die Erde und einem Orbit um den Mars Schwung holen müssen, um die gleiche Geschwindigkeit wie der Komet zu erreichen. Im August wurde dieses Ziel erreicht, seitdem flogen Komet und „Rosetta“ wie ein Tandem durchs All.

Die Verbindung zwischen der Sonde und der Bodenkontrolle ist mühsam, weil die Funksignale vom Kometen bis zur Erde etwa 28 Minuten brauchen. Das heißt, die Wissenschaftler wissen erst nach ungefähr einer Stunde, ob und wie die Sonde auf ihren Funkbefehl reagiert hat.

Außerdem gibt es keine dauerhafte Funkverbindung. Die um den Kometen kreisende „Rosetta“ dient als Verbindungsstation. Wenn sie sich auf der „Philae“ abgewandten Seite von 67P/Tschurjumow-Gerassimenko befindet, herrscht Funkstille.