Türklinken aus dem Metall halbieren die Bakterienzahl. Das Asklepios Klinikum Harburg will damit Patienten schützen

Hamburg. Sie sehen aus wie moderne Edelstahlgriffe. Nur beim genaueren Hinsehen ist ein rötlicher Schimmer zu erkennen. Die Kupfertürklinken im Harburger Asklepios Klinikum basieren auf einem Wissen, das schon im alten Ägypten existierte: Kupfer tötet wirksam Keime. Doch während die alten Ägypter Kupferspäne zur Wunddesinfektion in Salben mischten, kommt in Harburg eine ausgefeilte Metalllegierung zum Einsatz, die auch in anderen Hamburger Kliniken Schule machen könnte. Schließlich sind die Hände der wichtigste Übertragungsweg für Krankheitserreger und Türgriffe die am häufigsten genutzten Kontaktflächen in Kliniken und andernorts.

„Die in Harburg verwendete Metalllegierung besteht aus 76 Prozent Kupfer, 21 Prozent Zink, drei Prozent Silizium und Spuren weiterer Metalle“, sagt Dr. Anton Klassert, Geschäftsführer des Deutschen Kupferinstituts. Sie ist nicht nur als Beschichtung aufgetragen, sondern die Klinken sind massiv aus dieser Kupferlegierung gefertigt. Das verhindert, dass Kratzer oder andere leichte Beschädigungen die keimtötende Wirkung vermindern. Klassert: „Wir haben das Material auch dahin optimiert, dass es nicht anläuft. Diese Oxidation hat zwar keinen Einfluss auf die Wirkung, wird aber als unschön empfunden“ – grüne Patina ist nur auf Hamburger Kupferdächern erwünscht.

Beim Bau des neuen Hauptgebäudes der AK Harburg waren moderne Türgriffe gefragt, die noch dazu Patienten schützen. Nach einer aktuellen Erhebung des Bundesgesundheitsministeriums hat sich die Keimbelastung in deutschen Krankenhäusern in den vergangenen fünf Jahren fast verdreifacht.

Allerdings betont auch Klassert, dass das keimreduzierende Metall nur ein ergänzender Ansatz zu den üblichen Hygienemaßnahmen, allen voran zur Handdesinfektion, sein könne. Immerhin haben, so Klassert, Studien der Medizinischen Universität des US-Bundesstaats South Carolina in Charleston belegt, dass keimtötende Kupferlegierungen die Infektionsgefahr auf Intensivstationen um 58 Prozent senken können.

Wie das Kupfer die Keime tötet, sei erst ansatzweise erforscht, sagt Klassert: „Der Kontakt mit der Metalloberfläche löst Membranschäden an der Zelle des Bakteriums aus. Dadurch können Kupferionen in die Zelle eindringen und sie absterben lassen.“ Das gelte auch für besonders gefährliche Keime, die gegen ein oder mehrere Antibiotika unempfindlich geworden sind. Der bekannteste Vertreter ist MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus).

Gerade am Montag hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in der Zeitung „Rheinische Post“ angesichts der wachsenden Gefahr durch Antibiotika-Resistenzen eine weltweite Verschreibungspflicht von Antibiotika gefordert. „Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, können schon Infektionen, die heute gut heilbar sind, wie etwa eine Blasenentzündung, zu schweren Gesundheitsschäden führen“, warnte der Minister.

Voruntersuchungen in Harburg verliefen vielversprechend

Prof. Stefan Ulrich Christl, Chefarzt für Innere Medizin am Harburger Klinikum, nennt die resistenten Erreger „Problemkeime“. Auf seiner Station waren im Frühjahr unter der Regie von Dr. Susanne Huggett, Leiterin des Zentrallabors Medilys der Asklepios Kliniken, die neuen Türklinken getestet worden: Jeweils zehn Griffe aus der Kupferlegierung und zehn aus Edelstahl waren drei, sechs und neun Stunden nach der morgendlichen Routine-Desinfektion beprobt worden. Dabei zeigte sich, dass die bakterielle Kontamination auf den Kupferklinken maximal halb so hoch war. Drei Stunden nach der Desinfektion war die Zahl der Bakterien sogar um fast zwei Drittel niedriger.

„Wir wollen diese Untersuchung nun im Neubau wiederholen“, sagt Huggett. Dort tragen die Türen der Risikobereiche wie Intensivstationen und der Bereiche mit viel Publikumsverkehr, etwa die Zentrale Notaufnahme, Kupferklinken. Die Hygiene-Spezialistin interessieren besonders Krankheiten, die hauptsächlich im Winter auftreten, etwa Noroviren, die Magen- und Darmkrankheiten auslösen. „Viren können wir mit unserem Labortest zwar nicht erfassen“, sagt Huggett, „aber wir wollen das Infektionsgeschehen in den Abteilungen beobachten und unsere Schlüsse daraus ziehen.“

Wenn sich die Türgriffe in Harburg bewähren, sei denkbar, dass sie demnächst auch in anderen Kliniken eingesetzt werden, sagt Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz: „Wir haben dann ein Best-Practice-Beispiel als Vorbild für andere Häuser.“ Anton Klassert vom Kupfer-Verband sieht das Klinik-Projekt als Initialzündung: Neben keimtötenden Türklinken könnten auch Lichtschalter ausgerüstet werden; auch der Einbau in Seniorenheimen und in öffentlichen Verkehrsmitteln sei sinnvoll.