Weltgesundheitsorganisation rechnet mit einer Zunahme von mindestens 40 Prozent bis zum Jahr 2025. In der Todesstatistik liegt der Lungenkrebs vorn.

London. Bis 2025 könnten jährlich 20 Millionen Menschen weltweit an Krebs erkranken – rund 40 Prozent mehr als derzeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In den kommenden zwei Jahrzehnten sei gar ein Plus von rund 70 Prozent möglich. Im Jahr 2012 hatte es rund 14 Millionen Neuerkrankte gegeben, heißt es im Welt-Krebs-Bericht 2014, den die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) am Montag in London vorgestellt hat. Etwa 8,2 Millionen Menschen seien an Krebs gestorben. In den kommenden zwei Jahrzehnten werde die Zahl der Krebstoten auf bis zu 13 Millionen steigen.

Zum Teil gehe der enorme Anstieg auf das vorausgesagte Bevölkerungswachstum und die zunehmende Lebenserwartung zurück, heißt es in dem Bericht. Hinzu komme, dass die Menschen in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern häufig schädliche Verhaltens-Gewohnheiten und Lebensstile reicherer Staaten annähmen, etwa bei der Ernährung. Mehr als die Hälfte der Krebserkrankungen könnte vermieden werden, „wenn der aktuelle Wissensstand genau umgesetzt würde“, hob die IARC in dem Bericht hervor.

Die Regierungen weltweit müssten dringend mehr für die Vermeidung von Krebs tun, forderte die zur WHO gehörende Agentur zum Weltkrebstag am Dienstag. Man könne der wachsenden Zahl von Neuerkrankungen nicht allein durch Behandlung Herr werden. Unter anderem müssten die Gesetze zum Rauchen und zur Regulierung des Konsums von Alkohol und zuckerhaltigen Getränken verschärft werden.

„Die richtige Gesetzgebung kann gesundheitsbewussteres Verhalten fördern“, sagte Mitautor Bernard Stewart. Beim Rauchen seien durch höhere Steuern, Werbeverbote und andere Maßnahmen bereits Erfolge erzielt worden. Regierungen müssten zudem mehr Möglichkeiten für Vorsorgeuntersuchungen schaffen. Außerdem sollten Übergewicht und Luftverschmutzung stärker thematisiert werden.

Am meisten verbreitet war dem Bericht zufolge im Jahr 2012 der Lungenkrebs mit 1,8 Millionen Neuerkrankungen – ein Anteil von 13 Prozent. 1,7 Millionen Menschen (11,9 Prozent) erkrankten an Brustkrebs, 1,4 Millionen (9,7 Prozent) an Darmkrebs. Bei Männern lag der Lungenkrebs mit knapp 17 Prozent der Neudiagnosen an erster Stelle, bei den Frauen war es der Brustkrebs mit gut 25 Prozent. Krebs bei Kindern bis 14 Jahre sei bei geschätzt 165.000 Jungen und Mädchen diagnostiziert worden.

Auch in der Todesstatistik liegt der Lungenkrebs vorn. Ärmere Länder seien dabei überproportional stark betroffen, hieß es. Etwa 60 Prozent aller Krebserkrankungen und 70 Prozent aller Todesfälle durch Krebs träten in Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika auf. Grund dafür sei vor allem, dass es dort nicht genug Möglichkeiten für eine frühe Diagnose gebe. Auch der Zugang zur Behandlung reiche nicht aus. Viele der Entwicklungsländer sind doppelt belastet: zum einen durch Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit Infektionen stehen (dazu gehören zum Beispiel Tumore des Gebärmutterhalses, der Leber und des Magens), zum anderen durch die steigende Zahl der Krebse (Lungen-, Brust- und Dickdarmkrebs), die mit dem Lebensstil der Industriestaaten zusammenhängen.

Für Europa gibt der WHO-Bericht gut 3,4 Millionen Neuerkrankungen im Jahr 2012 an. 13,5 Prozent davon entfielen auf Brustkrebs, 13 Prozent auf Darmkrebs, 12,1 Prozent auf Prostatakrebs und 11,9 Prozent auf Lungenkrebs. Bei den knapp 1,8 Millionen europäischen Todesfällen lag der Lungenkrebs hingegen wegen der schlechteren Heilungschancen mit gut 20 Prozent an erster Stelle. Mit Abstand folgten Darm- (12,2 Prozent), Brust- (7,5 Prozent) und Magenkrebs (6,1 Prozent).

Bei gut neun Millionen Männern und Frauen in Europa lag die Krebsdiagnose 2012 bereits fünf Jahre zurück. Ein Fünftel dieser Überlebenden waren Brustkrebspatientinnen, knapp 17 Prozent hatten Prostatakrebs, gut 13 Prozent Darmkrebs überwunden.

Bei den Therapiemöglichkeiten habe es in jüngster Zeit „aufregende neue Entwicklungen“ gegeben, sagte IARC-Direktor Dr. Christopher Wild. „Aber wir können das Krebs-Problem nicht alleine durch Behandlungen lösen. Es wird dringend mehr Engagement in der Prävention und der Früherkennung gebraucht, um die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten zu ergänzen und den alarmierenden Anstieg der Krebserkrankungen anzugehen.“