Der Physiker Hans von Storch über Fehler in der Kommunikation

Geesthacht. Der zweite Teil des IPCC-Berichts zum Kenntnisstand über die Folgen des Wandels wird im März 2014 präsentiert. Hier arbeiten zwei weitere Hamburger Leitautoren mit: Dr. Daniela Jacob vom Climate Service Center als Fachfrau für regionale Klimamodelle für den europäischen Raum und Prof. Hans von Storch vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht. Von Storch, der als kritische Stimme unter den Klimaforschern bekannt ist, befasst sich in dem Berichtsteil mit dem Spezialgebiet „Klimaservice“ – mit der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.

Es gebe Kommunikationsdefizite, weil die Wissenschaft zu wenig auf ihre Zielgruppe, die Öffentlichkeit, eingehe, sagt der Leiter des Instituts für Küstenforschung. „Neben der wissenschaftlichen gibt es auch andere Wissensformen, etwa religiöse und kulturelle Vorstellungen. Die müssen beachtet werden, wenn wir über den Klimawandel sprechen. Es ist von den Wissenschaftlern naiv, anzunehmen, dass es an einem Mangel an Wissen liegt, wenn sie nicht verstanden werden.“ Vielmehr gelte es, die Menschen in ihren unterschiedlichen Denkweisen abzuholen, so von Storch.

Der Mathematiker betont: „Wir brauchen einen konstruktiven Umgang mit Klimathemen. Wichtig ist, dass wir uns auf gemeinsame Maßnahmen einigen. Dahinter können ruhig unterschiedliche Begründungen stecken – frei nach dem Spruch von Deng Xiao Ping: „Die Katze kann weiß oder schwarz sein, Hauptsache, sie fängt Mäuse.“

Mit Blick auf den IPCC kritisiert von Storch seit Langem die Nähe von Politik und Klimaforschung. Die ursprüngliche Aufgabe des von den Vertragsstaaten der Klimakonvention beauftragten Beirats sei es, „politikrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen hinsichtlich des Wissens über den Klimawandel, über seine Folgen und die Möglichkeiten, mit ihnen umzugehen“, schreibt er in seinem Buch „Die Klimafalle“. Nur allzu oft würden die Aussagen der Klimaforschung als Handlungsanweisungen für die Politik missverstanden, bemängelt von Storch.

Das gelte sowohl für das Lager der Skeptiker, die die Aussage, dass vom Menschen verursachte Treibhausgase den Hauptanteil an der Erderwärmung haben, für falsch halten, als auch für „Alarmisten, die immer gleich mit der Katastrophe drohen“. Von Storch: „Sowohl Skeptiker als auch Alarmisten tun so, als gebe es keine Unsicherheiten in ihren Aussagen, als sei der wissenschaftliche Kenntnisstand eindeutig. Deshalb müssen aus ihrer Sicht eindeutige politische Folgerungen entstehen. Das ist eine De-Demokratisierung. Die Politik muss entscheiden und neben dem wissenschaftlichen Wissen dabei auch andere Faktoren einbeziehen.“

Der Modellierungsexperte beklagt zudem, dass einige seiner Kollegen bei der Präsentation ihrer Forschung in der Öffentlichkeit private Katastrophenbilder mit wissenschaftlichen Ergebnissen vermischen und dadurch politisch werden. Umgekehrt werde versucht, politische Konflikte in die Klimaforschung hineinzutragen: „Jede wissenschaftliche Aussage kann sich dann in ein politisches Argument verwandeln, egal, ob der Wissenschaftler dies will oder nicht.“