40 Jahre Washingtoner Artenschutzabkommen: Der Vertrag zum Wohl von Tieren und Pflanzen wirkt auch in Hamburg. Es tauchen immer wieder Souvenirs auf, die nicht gehandelt werden dürften

Hamburg/Bangkok. Was die Zöllner an deutschen Grenzen manchmal aus Gepäck und Kisten ziehen, ist ein Panoptikum der Grausamkeiten: eingepferchte lebende Schildkröten aus Tunesien, in einem schmerzhaften Prozess entzogene Bärengalle aus Vietnam, einen Leopardenschädel aus Simbabwe. Die Einfuhr dieser Tiere und Tierprodukte ist nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen (Cites) verboten. Am 3. März 1973 wurde es unterzeichnet. In dieser und der kommenden Woche treffen sich die Vertragsstaaten zum internationalen Artenschutzgipfel in Bangkok (Thailand).

Das Abkommen stellt besonders gefährdete Tiere und Pflanzen völlig unter Schutz. Bei anderen wird der Handel eingeschränkt und streng überwacht, um den Fortbestand der Art zu sichern. Rund 35.000 Tier- und Pflanzenarten fallen unter den Schutz des Abkommens. Dennoch liegt der illegale Handel mit Nashorn, Elfenbein und anderen Produkten geschützter Tiere längst nicht auf Eis. Hiobsbotschaften kommen vor allem aus Afrika und Asien: Immer öfter werden abgeschlachtete Tiere entdeckt. In Vietnam kann man unter dem Ladentisch leicht Tigerknochen- und Nashornpaste kaufen. China ist ein Riesenmarkt. "Die Nachfrage steigt mit wachsendem Wohlstand", sagt der Asien-Direktor der Wildlife Conservation Society (WCS), Joe Walston.

Auch in Europa ist das illegale Geschäft weiterhin lukrativ. Deutsche Zöllner haben 2010 laut Bundesamt für Naturschutz 1526-mal geschützte Tiere und Pflanzen oder Produkte aus ihnen beschlagnahmt. Allein 810 Fälle ereigneten sich am Frankfurter Flughafen als internationales Drehkreuz für den Luftverkehr. Der Hamburger Flughafen spiele als Endflughafen eine weit geringere Rolle, sagt Thomas Gartsch, Sprecher des Hauptzollamts Itzehoe, das für den Flughafen zuständig ist.

Jährlich zehn bis 20 Artenschutz-Aufgriffe gebe es in Fuhlsbüttel, so Gartsch. "Typischerweise handelt es sich um vollkommen unbedarfte Reisende, die eine Muschel aus der Karibik oder tropische Korallen als Souvenir gekauft haben." Der Fehlgriff im Urlaubsland kann den Heimkehrern teuer zustehen kommen. Je nach Art und Umfang des Schmuggels drohen Bußgelder von mehreren Hundert Euro. Ein weiterer "Klassiker" seien Landschildkröten aus afrikanischen Ländern, so Gartsch. "Sie werden oft unter grausamen Bedingungen transportiert, wir finden sie zusammengeklebt ganz unten im Koffer, wo sie kaum noch Sauerstoff bekommen."

Seit einigen Jahren werden die Hamburger Zöllner von einem vierbeinige Kollegen unterstützt: Artenschutzspürhund Berry ist auf 20 tierische Duftstoffe spezialisiert. An seinem Arbeitsplatz, dem Kofferkeller, schlägt er Alarm, wenn er sie in die feine Nase bekommt. Auch an anderen deutschen Flughäfen sind Artenschutzspürhunde erfolgreich im Einsatz. Im nächsten Schritt wollen die Hundetrainer versuchen, ihre tierischen Fahnder auch auf Holzgerüche zu trimmen.

Holzprodukte aus geschützten Baumarten bilden derzeit den Arbeitsschwerpunkt von Sylke Dawartz, Artenschutzexpertin bei der Hamburger Umweltbehörde. Im Fokus stehen die streng geschützten Arten Mahagoni und Rio-Palisander. "Mahagoni wird gern im Bootsbau verwendet. Den habe ich mir genauer angeschaut und festgestellt, dass die Branche sauber ist. Zumindest was den Artenschutz betrifft - ab und an wurde anderes Holz als Mahagoni ausgegeben."

In der Hamburger Musikszene wurde die Fachfrau mit 20-jähriger Erfahrung dagegen fündig: "Manche Gitarrengriffbretter sind aus dem streng geschützten Rio-Palisander gefertigt. Für das Holz müssten die Musiker Cites-Papiere haben, die bescheinigen, dass es aus Altbeständen stammt, die vor dem Handelsverbot im Jahr 1992 gekauft wurden. Ohne das Papier ist der Nachweis des Vorerwerbs schwierig."

Da Musiker beim Gitarrenkauf auf viele Dinge achten, selten jedoch auf geschützte Hölzer, trafen die Artenschutz-Vorschriften die Branche weitgehend unvorbereitet. Ähnliches gilt für Privatleute, die zum Beispiel Omas Elfenbein-Schnitzereien geerbt haben und sie nun bei Ebay verkaufen wollen. "Auch hier gilt das absolute Handelsverbot", warnt Dawartz. "Wenn ich als Sachverständige mit Polizisten und Durchsuchungsbeschluss an der Haustür stehe, fallen die potenziellen Verkäufer aus allen Wolken." Generell sei das Internet eine Plattform für den illegalen Handel mit geschützten Tieren, sagt die Artenschutzexpertin. Wenn sie Zeit übrig hätte, könnte sie sich jederzeit mit ein paar gezielten Suchen neue Arbeit verschaffen.

Generell spielten Elfenbein und auch Schildpatt jedoch keine Rolle mehr, so Dawartz: "Das Thema ist durch, das hat jeder inzwischen verstanden." Auch verbotene Felle und Pelze seien out, so Dawartz, und verbotene Ingredienzien der Traditionellen Chinesischen Medizin entdecke man in Hamburg höchstens einmal als Zufallsfund in einem Asia-Shop.

Ein großes Thema sei bis vor einigen Jahren das Handelsverbot für Kaviar von wild gefangenen Stören gewesen, erzählt Sylke Dawartz. "Der Stör wurde 1998 ins Abkommen aufgenommen. Er war das erste unter Cites gelistete Tier, das sehr umfassend gehandelt wurde. In Hamburg gab es viele Kaviarhändler mit guten Kontakten nach Russland und in andere Herkunftsländer. Doch inzwischen ist Zuchtkaviar qualitativ so hochwertig, dass niemand mehr bereit ist, um die 3000 Euro für ein Kilo illegalen Kaviar zu bezahlen, wenn es Zuchtware für 600 bis 700 Euro gibt."

Viele Störarten sind noch nicht über den Berg, aber anderen seltenen Spezies hat Cites womöglich bereits das Überleben gerettet. "Der größte Erfolg ist, dass in 40 Jahren keine einzige Art aufgrund von Handel mit Wildprodukten ausgestorben ist", sagt John Scanlon, Generalsekretär des Cites-Sekretariats. Es gebe auch schöne Einzelerfolge, etwa das Vikunja, eine 1,50 Meter große Kamelart in Südamerika. Scanlon: "In den 1960er-Jahren gab es nur noch 6000 Tiere. 1975 kam die Art unter Cites-Schutz - 2008 waren es 350.000. Oder die Riesenflügelschnecke in der Karibik: Seit 1992 ist sie unter Cites-Schutz, der Bestand hat sich deutlich erholt." Das Breitmaulnashorn war auch eine Erfolgsgeschichte: Von nur noch 60 Stück ist der Bestand in Südafrika unter Cites-Schutz auf 20.000 angestiegen. Allerdings ist die Wilderei heute wieder ein großes Problem. Scanlon: "Im vergangenen Jahr wurden dort 668 Nashörner getötet."