Eine 520-tägige Simulation stellte die Abläufe einer Marsmission nach. Mit der Zeit gerät der Schlaf-Wach-Zyklus aus dem Gleichgewicht.

Washington. Während einer simulierten Marsmission über 520 Tage ist die Aktivität der Teilnehmer kontinuierlich gesunken. Ein gestörter Schlaf-Wach-Zyklus führte zu der Trägheit, die bei einer echten Marsreise problematisch wäre, berichtet ein internationales Forscherteam in der Onlineausgabe des Fachmagazins „PNAS“ (doi: 10.1073/pnas.1212646110). Ein 24-Stunden-Rhythmus während der Mission könnte Abhilfe schaffen.

Die auch als „Mars 500“ bekannte 520-tägige Simulation stellte in den Jahren 2010 und 2011 in einer isolierten raumschiffartigen Einrichtung in Russland die Abläufe einer Mars-Reise nach. Sechs Freiwillige nahmen daran teil. Die Simulation beinhaltete mehr als 90 Experimente, die unter anderem psychologische und medizinische Daten über die Effekte eines so langen Raumflugs erbringen sollten.

Die Forscher um Mathias Basner und David F. Dinges von der University of Pennsylvania in Philadelphia analysierten das Verhalten der Crew während der 520 Tage in der Isolation der simulierten Reise. Mittels Armbandsensoren und wöchentlichen Verhaltenstests erfassten die Wissenschaftler die Muster der Ruhe- und Aktivitätsphasen, Leistung und psychologische Reaktionen. Die Forscher bestimmten auf diese Weise, in welchem Ausmaß Schlafmangel, Langeweile, Stress, Stimmungsschwankungen und Konflikte während der Mission auftraten.

Die Crew bewegte sich weniger und schlief schlechter

Die Daten ergaben, dass die Crew im Verlauf der Mission immer länger in ihren Sitzen verweilte. Bewegungszeiten nahmen ab, Schlaf- und Ruhephasen wurden umfangreicher. Die meisten Crewmitglieder erlebten zudem eine Verschlechterung der Schlafqualität, Aufmerksamkeitsdefizite oder veränderte Schlaf-Wach-Intervalle. All dies deutet den Forscher zufolge auf eine unzureichende Synchronisation der Missionsabläufe mit der inneren Uhr der Crewmitglieder hin. Es sei entscheidend, auf Langzeitmissionen den natürlichen 24-Stunden-Rhythmus der Erde beizubehalten und Schlafmenge, Schlafqualität und optimale Aktivitätslevel sicherzustellen. Zu den Maßnahmen könnten entsprechende Beleuchtungsmuster und feste Zeiten für Mahlzeiten und Fitnessübungen gehören.

„Der Erfolg der bemannten interplanetaren Raumfahrt wird davon abhängen, ob Astronauten viel länger als in früheren Missionen eingeschlossen und isoliert von der Erde zurechtkommen“, sagt Dinges. Erwartet werde eine solche Mission noch in diesem Jahrhundert. Die vorliegende Studie sei die erste, die zeigt, dass Schlaf-Wach-Zyklen bei ausgedehnten Raumfahrtmissionen eine entscheidende Rolle spielen werden.

Parallelen zu Gesundheitsproblemen in Industrieländern

Die Autoren betonen, dass die Befunde der Studie auch außerhalb der Raumfahrt relevant seien. In industrialisierten Gesellschaften hätten viele Menschen einen bewegungsarmen Lebensstil, seien übermäßig lange künstlicher Beleuchtung ausgesetzt, und würden durch Arbeit oder Ausbildung aus ihren gesunden Schlafmustern herausgerissen. Das könnte mit erklären, weshalb Übergewicht sowie Schlafstörungen und Störungen der inneren Uhr in Industrieländern zunähmen. „Als globale Gesellschaft müssen wir neu bewerten, wie wir Schlaf betrachten“, betont Dinges. „Er hängt mit unserer Gesundheit ebenso zusammen wie mit der Fähigkeit, ein produktives Leben zu führen.“