Vom Desy-Gelände in Bahrenfeld sind die Wissenschaftler mit zwei Detektoren in Genf verbunden

Hamburg. Knapp 1000 Wissenschaftler und Ingenieure arbeiten am europäischen Kernforschungszentrum Cern daran, neue Elementarteilchen zu entdecken und den Ursprung unseres Universums zu ergründen. Doch weit mehr Physiker und Techniker sind in Partnerinstitutionen in allen Herren Ländern am Werk. Allein in Deutschland sind 700 Physiker an der Cern-Forschung beteiligt. 150 von ihnen arbeiten in Hamburg, am Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) und am Uni-Institut für Experimentalphysik auf dem Desy-Gelände.

Von Bahrenfeld aus arbeiten die Forscher an zwei Superanlagen, die in den Genfer Teilchenbeschleuniger integriert sind, an den Detektoren ATLAS und CMS: Große Hallen mit hoch komplizierten Messgeräten, die Zerfallsprodukte nach der Kollision von Protonen (positiv geladene Teilchen der Atomkerne) beobachten. "In unserer Gruppe gibt es vier Analyseschwerpunkte. Der größte forscht zum Higgs-Teilchen", sagt Dr. Kerstin Borras, die am Desy die CMS-Gruppe leitet.

Die Physiker am Desy und an der Universität sind elektronisch mit den Detektoren verbunden, überwachen den Datenfluss in ATLAS und CMS, um sicherzustellen, dass die Datenqualität gut ist. Beim CMS macht es eine Live-verbindung zum Kontrollzentrum sogar möglich, den Detektor von Hamburg aus im Schichtbetrieb zu überwachen. Die wichtigste Kooperation läuft aber bei der Verwertung der Daten.

Die Aufbereitung der Rohdaten erfolgt zunächst zentral am Cern. Hier werden die elektronischen Signale aus den Detektoren übersetzt. "Als Ergebnis entstehen detaillierte Informationen über die nachgewiesenen geladenen und neutralen Teilchen", sagt Dr. Kerstin Tackmann, Leiterin einer Nachwuchsgruppe am Desy, die am ATLAS-Experiment dem Higgs-Teilchen auf der Spur ist. "Diese können dann für die Belange der einzelnen Forschergruppen vorsortiert werden. Meine Gruppe untersucht zum Beispiel eine Zerfallsvariante, bei der aus dem Higgs-Teilchen zwei Photonen - Lichtteilchen - entstehen. Deshalb brauchen wir Datensätze von Kollisionsereignissen, bei denen mindestens zwei Photonen entstanden sind."

Die 18 deutschen Universitäten und Forschungszentren, die am Cern experimentieren, sind gut vernetzt. Auf internationaler Ebene sind sie Teil einer großen Higgs-Analysegruppe mit mehreren Hundert Wissenschaftlern. "Die Gruppe ist in rund ein Dutzend kleine Gruppen unterteilt. Wenn ein Ergebnis herangereift ist, wird es der großen Analysegruppe vorgestellt, die dann darüber befindet, ob es für die Veröffentlichung freigegeben werden kann", erläutert Kerstin Borras.