Die Technische Universität soll zukünftig das Stadtbild prägen: Nach dem Umbau der Schwarzenbergkaserne eröffnet heute das neue Hauptgebäude.

Harburg. Das zehn Meter hohe und drei Meter breite Glasportal als Eingang zum neuen Hauptgebäude der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) ist ein echter Blickfang. Es scheint die backsteinerne Fassade optisch zu teilen. Doch der erste Eindruck täuscht: Betrachtet man auch den Ost- und den Westflügel der 1871 errichteten Kaserne auf dem Gipfel des Schwarzenbergs, die heute moderne Fronten aus Glas und Edelmetallrohren aufweisen, dann sorgt der hohe, schlanke Glasbogen letztlich für eine gelungene architektonische Einheit. Eine, die Tradition und Moderne gleichermaßen gerecht wird.

"Mit dem neuen Hauptgebäude bekommt die Technische Universität ein unverwechselbares Gesicht", lobt denn auch Hamburgs Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt den repräsentativen, 25,8 Millionen Euro teuren Bau, der heute Vormittag im Beisein von mehr als 200 prominenten Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft offiziell eingeweiht wird. Für den Hausherrn, TUHH-Präsident Garabed Antranikian, öffne sich die Hochschule nunmehr auch baulich jenem Stadtteil, in dem sie seit 34 Jahren zu Hause ist: "Das stärkt die Identifikation der Hochschule mit dem Stadtteil - und umgekehrt." Sein Vorgänger, Edwin Kreuzer, brachte es so auf den Punkt: "Nun wird die TU endlich sichtbar."

Lange Zeit war die Technische Universität im Stadtbild nicht wirklich präsent. Im Schatten der alten Kaserne fristete der Campus ein mehr oder weniger unbeachtetes Dasein. Pläne, den Rotklinkerbau der Uni zuzuschlagen, existierten bereits seit Jahren. Doch je länger sich eine finale Entscheidung hinzog, umso mehr verfiel das alte Gemäuer. Durch das marode Dach hatte sich an vielen Stellen Hausschwamm ausgebreitet. 2006 schlug die TU deshalb vor, die Kaserne abzureißen. Ein Neubau hätte geschätzte 14 Millionen Euro gekostet und sollte vorwiegend aus Eigenmitteln der Hochschule, also ohne Steuergelder, realisiert werden. Dazu ist es nicht gekommen.

Nicht nur, dass das Denkmalschutzamt sein entschiedenes Veto einlegte. Die Idee des Abrisses führte auch zu einem handfesten Krach zwischen CDU und der GAL, seinerzeit Koalitionspartner. Während die Christdemokraten mit Blick aufs Geld den Abriss goutierte, wetterten die Grünen: "Der Umstand, dass sich die Kaserne durch eigenes (Nicht-)Handeln der Stadt in einem desolaten Zustand befindet, rechtfertigt einen Abriss in keinster Weise." Ein solches Vorgehen sei bis dato lediglich von skrupellosen Spekulanten bekannt gewesen.

Also wurde Anfang 2009 beschlossen, das denkmalgeschützte Ensemble weitgehend zu erhalten. Architektonisch, bautechnisch wie finanziell ein Kraftakt. Der nur dank einer Finanzspritze des Bundes von zehn Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II gestemmt werden konnte. 3400 Kubikmeter Beton und 380 Tonnen Stahl wurden schließlich seit Juli 2010 verbaut, 40 Firmen waren beteiligt. "Vom Aufwand und Umfang war dieser Bau durchaus vergleichbar mit der Sanierung des Hamburger Rathauses oder dem Gerichtsgebäude am Sievekingplatz", sagt Projektleiter Thorsten Kröger von der stadteigenen Sprinkenhof AG, die alle notwendigen Bauarbeiten koordinierte.

Hinter der Rotklinkerfront entstand so ein markantes Entree als lichtdurchflutetes Atrium, weil auch die neue Dachkonstruktion teilweise verglast ist. Die vier Ebenen sind durch breite Stahltreppen miteinander verbunden. In den Flügeln rechts und links vom Entree entstanden zudem das neue studentische Lern- und Kommunikationszentrum, sowie diverse Räume für Lehrkräfte und die Verwaltung (siehe Beistück). "Den Charakter der alten Kaserne zu erhalten und trotzdem den Geist der Freiheit hineinzutragen, das ist den Architekten Gerkan, Marg und Partner auf äußerst attraktive Weise gelungen", so TUHH-Sprecherin Jutta Katharina Werner. Bemerkenswert ist unterdessen auch, dass das Projekt sowohl zeitlich wie auch finanziell im vorher abgesteckten Rahmen geblieben ist. Was mit Blick auf andere große Bauvorhaben der Stadt keineswegs mehr alltäglich ist, wie das Beispiel Elbphilharmonie zeigt.

Doch mischen sich auch kritische Untertöne in den Jubelchor. Nicht nur, dass mehr als 1000 Studierende zeitgleich zur Feierstunde eine Matheklausur schreiben müssen, deren Verlegung von der TU-Leitung offenbar trotz mehrfacher Bitte abgelehnt worden ist - und deshalb nicht mitfeiern können. AStA-Vize Dominik Pöltl moniert auch, dass in den Umbau des Kasernenkomplexes knapp fünf Millionen Euro aus Studiengebühren geflossen sind. "Dieserart Finanzierung universitärer Einrichtungen sollte nach unserer Auffassung einmalig bleiben." Positiv sei, dass sich mit dem Neubau die Raumsituation deutlich entspannt habe. Denn ausgelegt sei die Technische Universität Hamburg-Harburg für 2800 Studenten, aktuell immatrikuliert seien jedoch mehr als 6000: "Ingenieur-Wissenschaften sind eben in, dem muss man auch räumlich Rechnung tragen."

Alexander von Vogel, Sprecher der Wissenschaftsbehörde, mochte dem Vorwurf des Studentenvertreters nicht folgen. "Dass Studiengebühren zweckgebunden eingesetzt wurden, um die Qualität der Lehre zu verbessern, ist vollkommen legitim. Zumal die TUHH-Studierenden in die Planung und Umsetzung des von ihnen selbst verwalteten Lern- und Kommunikationszentrums eng eingebunden waren."