Auf der Suche nach Lagerstätten für CO2 analysieren Geophysiker Geräusche des Untergrunds und schließen so auf seine Beschaffenheit

Hamburg. Wohin mit dem Kohlendioxid (CO2) aus Kohlekraftwerken? Gerade ist ein Gesetz verabschiedet worden, das die unterirdische Speicherung des Treibhausgases erlaubt. Mit der sogenannten CCS-Technologie wird das CO2 verflüssigt und mehrere Hundert Meter tief eingelagert, sodass es die Atmosphäre nicht weiter anheizt.

Schon jetzt steht allerdings fest, dass die für Lagerstätten infrage kommenden Bundesländer ihr Veto einlegen werden. So fürchten viele Bürger, dass das Gas teilweise womöglich doch wieder an die Oberfläche gelangt. Zwar ist Kohlendioxid nicht giftig, hoch konzentriert verdrängt es aber den Sauerstoff aus der Atemluft – und unter sehr ungünstigen Umständen könnte sich das Gas zu gefährlichen Konzentrationen sammeln. So geschehen vor einigen Jahren in Afrika, wo sich CO2 am Grund eines mit Wasser gefüllten Vulkankraters angereichert hatte. In Deutschland ist dies wegen der grundlegend anderen Geologie aber nicht zu erwarten.

Dennoch kann eine schleichende Entgasung den Erfolg der CO2-Einlagerung schmälern. Es kommt also darauf an, ein gutes Beobachtungsnetz aufzubauen. Doch wie lässt sich feststellen, ob das Gas noch dort ist, wo wir es eingelagert haben, ob es sich im Erdreich ausbreitet oder wandert? Zusammen mit meiner Arbeitsgruppe am Klima- Campus schicken wir dafür seismische Wellen in die Erde. Diese werden an den Erdschichten unterschiedlich reflektiert. Aus diesen Echos schließen wir darauf, wie der geologische Untergrund aufgebaut ist. Zusätzlich ist die Erdmasse permanent in Bewegung, sie macht also beständig Geräusche. Die Erde knirscht, könnte man auch sagen, und wir hören ihr dabei zu.

So lässt sich erkunden, ob ein Standort für eine Lagerung überhaupt infrage kommt. Geeignet sind zum Beispiel sogenannte saline Aquifere, Sedimentschichten, deren Poren mit Salzwasser gefüllt sind. In diese wird das flüssige Kohlendioxid gepresst; das Salzwasser wird in umliegende Schichten verdrängt. Dabei entsteht Druck, dem das umgebende Gestein standhalten muss. Entscheidend ist zudem, dass die Lagerstätte einen stabilen, dichten Deckel hat, zum Beispiel aus tonigen Sedimenten, der das Gas an Ort und Stelle hält. Solche Bedingungen finden sich in Schleswig-Holstein, Mecklenburg- Vorpommern und Niedersachsen.

Das „Ohr an der Erde“ hilft aber auch, Standorte zu bewerten. Wie groß ist die Sedimentschicht? Wo verläuft sie und wie viel CO2 kann sie aufnehmen? Nicht jede Lagerstätte lohnt den Aufwand. Dann muss man sehen: Das Verflüssigen und Verpressen von Kohlendioxid kostet Energie, setzt also weiteres Treibhausgas frei, bis zu einem Drittel des eingelagerten CO2. Keine Kleinigkeit angesichts der Menge, die gespeichert werden müsste, um einen messbaren Effekt zu erzielen.

Die CCS-Technologie löst das Klimaproblem nicht. Hier können nur Effizienz und die Nutzung regenerativer Energien helfen. Interessant ist das Verfahren als Zwischenlösung: Das Klimasystem ist träge, und die im letzten Jahrhundert in die Luft geblasenen Treibhausgase haben ihre volle Wirkung noch gar nicht erreicht. Gelingt das Einlagern von CO2, könnte dies helfen, den Temperaturanstieg zwischenzeitlich etwas abzupuffern.

Online: Alles bisher veröffentlichten Folgen aus der Rubrik „Neues vom KlimaCampus“ zum Nachlesen: www.abendblatt.de/klimacampus