Ein Sonnensturm hat die Erde erreicht - aber zumindest vorerst keine nennenswerten Schäden angerichtet. Wissenschaftler hatten vor möglichen Problemen für Handynetze und Satellitensysteme gewarnt. Entwarnung gibt es aber nicht.

Berlin/Washington. Der mit Spannung erwartete Sonnensturm hat am Samstagabend die Erde erreicht. Am Sonntag verringerte sich die Intensität des Teilchensturms wieder, wie der Sprecher des Darmstädter Kontrollzentrums der europäischen Raumfahrtagentur ESA, Bernhard von Weyhe, auf dapd-Anfrage sagte. Es gebe noch eine überdurchschnittliche Strahlungsintensität auf dem Erdmagnetfeld, diese sei aber am Abebben. „In Mitteleuropa gibt es keinen Grund zur Sorge“, sagte von Weyhe mit Blick auf die zunächst befürchteten Auswirkungen des Sonnensturms. Dieser war mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde durch das Weltall gerast. Wissenschaftler hatten vor möglichen Problemen für Handynetze und Satellitensysteme gewarnt.

+++ Sonnenstürme - Gefahr für die technisierte Gesellschaft +++

Von Weyhe sagte, die Auswirkungen seien offenbar geringer als eventuell erwartet, da die Geschwindigkeit niedriger als angenommen gewesen sei. Er verwies darauf, dass nach dem heutigen Stand der Technik Intensität und Geschwindigkeit bei Sonnenstürmen schwer vorherzusagen seien.

Nachwirkungen für Experten noch spürbar

Durch den Sonnensturm sei aber das Erdmagnetfeld aufgeladen. Es sei möglich, dass es in den nächsten Tagen noch zu kleineren elektromagnetischen Störungen insbesondere in Nordeuropa komme. Durch elektromagnetisches Rauschen könnte möglicherweise der Funkverkehr beeinträchtigt werden. „Die Nachwirkungen sind für Experten noch spürbar“, sagte der ESA-Sprecher.

Um mögliche Schäden am Weltraumteleskop auf dem Satelliten XXM-Newton zu vermeiden, hatte die ESA mehrere Messinstrumente vorübergehend abgeschaltet. Polarlichter konnten Experten laut ESA in Nordeuropa und Nordamerika nur wenige beobachten.

Von Weyhe betonte, dass die Sonnenintensität in den nächsten Jahren nach Einschätzung von Wissenschaftlern noch zunehmen werde. Es sei deshalb zu wünschen, dass sich in Europa eine „schnellere und noch effizientere Beobachtung solcher Sonnenstürme“ entwickle.

Satelliten wurden durch das kosmische Ereignis am Wochenende nicht beschädigt, sagte Juha-Pekka Luntama von der europäischen Weltraumagentur Esa. „Es war kein sehr starkes Ereignis“, ergänzte er. „Es sind auch keine Schäden am Boden zu erwarten.“

Geschwindigkeit von mehreren Millionen Stundenkilometern

Hintergrund des aktuellen Sonnensturms ist eine größere Sonneneruption am Donnerstag, durch die der geomagnetische Sturm mit Geschwindigkeiten von mehreren Millionen Stundenkilometern in Richtung Erde geschickt wurde. Der Sonnensturm ist Teil eines natürlichen Elf-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität. Durch den letzten großen Sonnensturm 2002 offenbarte sich die Anfälligkeit des GPS-Systems. Im Jahr 1989 waren in Kanada nach einem Sonnensturm Millionen Menschen ohne Strom. In der aktuellen Welle wird die Aktivität der Sonne voraussichtlich erst im kommenden Jahr ihren Höhepunkt erreichen.

Sonnenstürme entstehen, wenn die Sonne große Wolken elektrisch geladener Teilchen ins All schleudert und diese die Erde treffen. Die Sonnenaktivität schwankt dabei in einem etwa elfjährigen Zyklus. Seit 2010 nimmt sie wieder zu. Seit dem vergangenen Donnerstag raste ein solcher Teilchenstrom von der 150 Millionen Kilometer entfernten Sonne heran. Astronomen verfügen aber über zahlreiche Messgeräte, um rechtzeitig warnen zu können. Dies war auch vor dem Wochenende der Fall.

Die Experten der Esa und ihre US-Kollegen bei der NOAA und der Nasa waren sich bei der Einschätzung der zu erwartenden Sonnensturm-Stärke in den vergangenen Tagen nicht ganz einig. Luntama wies darauf hin, dass der Sonnenausbruch vom vergangenen Donnerstag aus Sicht und Erfahrung von Astronomen durchaus alle Voraussetzungen dazu hatte, zu einem starken Ereignis zu werden. Erst später habe sich gezeigt, dass der Teilchenstrom doch nicht so schnell unterwegs war wie zunächst gedacht.

Sonnenstürme hat es in der Erdgeschichte immer schon gegeben, aber erst die zunehmend technisierte Zivilisation wird anfällig dafür. Schäden durch Sonnenausbrüche sind schon von Beginn des elektrischen Zeitalters an belegt. Ein besonders starker Sonnensturm hatte etwa am 1. und 2. September 1859 die gerade eingeführten Telegrafenleitungen unterbrochen, Feuer in Telegrafenstationen entfacht und Polarlichter erzeugt, die noch in Rom und Havanna sichtbar waren. (dapd/dpa)