Hamburg. Was tun, wenn mein Kind in die Pubertät kommt - oder schon voll drinsteckt? Remo H. Largo antwortet im Abendblatt-Interview auf die wichtigsten Fragen und gibt Tipps.

Hamburger Abendblatt: Sie sagen, Eltern haben etwa zwölf Jahre Zeit, ihre Kinder zu erziehen. Welchen Trost haben Sie für die Eltern eines Zwölfjährigen? Ist für die alles zu spät?

Remo H. Largo: Es ist die Frage, wie Eltern damit umgehen. Wenn man davon ausgeht, dass sich Konflikte vermeiden lassen, wenn man sich nur richtig verhält, macht man sich das Leben schwer. Und die individuellen Unterschiede bei den Jugendlichen sind enorm. Es gibt Kinder, die kommen schon mit neun, zehn Jahren in die Pubertät, vor allem Mädchen. Dann gibt es Knaben, da ist das erst mit 13, 14 Jahren der Fall.

Nicht immer sind die Freunde der Kinder so, wie Eltern sich das vorstellen. Wie weit können und dürfen Eltern sich da einmischen?

Largo: Wenn man ehrlich ist, geht da die Kontrolle komplett verloren. Man kann den Jugendlichen den Umgang nicht verbieten, das ist naiv. Dann machen sie es hintenrum. Man muss ihnen sagen, du bestimmst jetzt, mit wem du die Zeit verbringst, und du hast die Verantwortung dafür. Darauf müsste man pochen und ihnen klar sagen, dass man als Eltern diese Verantwortung nicht mehr übernehmen kann. Wichtig ist, den Kindern immer die eigene Meinung zu sagen, aber ihnen auch klarzumachen, dass sie für ihr Handeln selbst die Verantwortung tragen.

Das Thema "nach Hause kommen" ist auch ein ewiges Streitthema in vielen Familien, wenn die Kinder anfangen auszugehen!

Largo: Die Loyalität des Jugendlichen den Gleichaltrigen gegenüber ist größer als gegenüber den Eltern, das ist einfach so. Es ist ein kleineres Problem, die Eltern zu verärgern, als ein Weichei zu sein. Sie müssen das immer wieder aushandeln und akzeptieren, dass das dann nie so eingehalten wird.

Man muss viel aushalten als Eltern, oder?

Largo: Ja, aber bei Ihnen und den eigenen Eltern war es ja auch genau gleich.

Ist es heute schwerer als früher, Teenager zu sein - mit all den sozialen Netzwerken? Findet nicht vieles heute virtuell statt?

Largo: Im Bezug auf das Internet sind viele Jugendliche doch viel kompetenter als ihre Eltern. Eltern sollten aufklären im Hinblick auf die Gefahren, etwa Cyber-Mobbing, aber viel entscheidender ist, dass Kinder echte Beziehungen erleben und nicht nur virtuelle. Diese können echte Beziehungen nicht ersetzen. Eltern müssen dafür sorgen, dass Kinder schon von klein auf viel Kontakt zu anderen Kindern haben. "Kinder brauchen andere Kinder. Ab eineinhalb, zwei Jahren sollte jedes Kind drei Stunden am Tag mit fünf, sechs, sieben anderen Kindern spielen.

Sie sagen, dass Eltern im Zimmer ihrer pubertierenden Kinder nichts verloren haben. Meinen Sie das ernst?

Largo:Eltern können anklopfen oder fragen. Sauber machen können die Jugendlichen ihr Zimmer auch selbst. Aber klar ist, wenn sie aus dem Zimmer rauskommen, ist Schluss. Auf dem gemeinsamen Terrain gelten die gemeinsamen Regeln für alle. Das muss man auch durchsetzen.