Kernspin-Aufnahmen zeigen, dass geträumte Bewegungen Hirnareale ähnlich aktivieren wie die im Wachzustand ausgeführte Handlung.

München. Träume und ihre zum Teil bizarren Bilder haben den Menschen von jeher fasziniert. Noch immer ist vieles an diesem eigenartigen Zustand rätselhaft. Jetzt ist es Max-Planck-Wissenschaftlern aus München und Leipzig und Forschern der Berliner Charité erstmals gelungen, die Aktivität des Gehirns während des Träumens zu analysieren. "Wir konnten mithilfe von zwei unterschiedlichen bildgebenden Verfahren Träume im Gehirn darstellen", sagt Dr. Michael Czisch, Leiter der Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München.

Für ihre Untersuchung haben sich die Forscher die Fähigkeit sogenannter luzider Träumer zunutze gemacht. Das sind Menschen, die sich ihres Träumens bewusst werden und ihre Trauminhalte verändern können. So konnte bei der Untersuchung sichergestellt werden, dass der Traum zeitgleich im Gehirn gemessen werden kann. Zwar können bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspintomografie schon seit einigen Jahren die Gehirnaktivität während des Schlafs sichtbar machen - aber Forscher konnten bislang nicht die Hirnaktivitäten während eines Traumes analysieren.

In dem neuen Experiment baten die Forscher einen luziden Träumer, sich während des Schlafs im Kernspintomografen seines Traumes bewusst zu werden und diesen "luziden" Zustand an die Forscher durch Augenbewegungen zu melden. Dann sollte er willentlich "träumen", zuerst die linke und dann die rechte Hand für zehn Sekunden wiederholt zu einer Faust zu ballen.

Durch die Messung der Hirnströme des Untersuchten konnten die Wissenschaftler den Eintritt in den REM-Schlaf messen - eine Schlafphase, in der Träume besonders intensiv empfunden werden. Die ab diesem Zeitpunkt gemessene Aktivität des Gehirns spiegelte den vereinbarten "Traum" wider, abwechselnd die Fäuste zu ballen. Und tatsächlich wurde eine Region in der sensomotorischen Großhirnrinde des Gehirns aktiviert, die für die Ausführung von Bewegungen zuständig ist.

Dies zeigt auch ein Vergleich mit der Gehirnaktivität, die bei der tatsächlich ausgeführten Bewegung der Hand im Wachen auftritt. Auch wenn der Proband sich die Bewegung der Hand im Wachzustand nur vorstellt, reagiert die sensomotorische Hirnrinde ähnlich. "Die geträumte Bewegung setzt sich um in die Aktivierung der betreffenden Gehirnareale", sagt Czisch. Die Bewegung wird aber nicht ausgeführt, weil im REM-Schlaf die willkürliche Muskulatur wie gelähmt ist. "Das verhindert, dass Träume in die Tat umgesetzt werden. Das zeigt sich auch in den Untersuchungen. So ähneln die Hirnströme im EEG denen im Wachzustand, während die Muskelaktivität ausgeschaltet ist", erklärt Czisch. Ausgenommen davon sind nur die Augenmuskeln.

Die Übereinstimmung der gemessenen Gehirnaktivität von Traum und bewusster Handlung zeigt, dass Trauminhalte gemessen werden können. "Wir können mit dieser Kombination aus Hirnströmen während des Schlafs, bildgebenden Verfahren und luzidem Träumen jedoch nicht nur einfache Bewegungen im Traum untersuchen, sondern auch die Aktivierungsmuster im Gehirn bei visuellen Traumwahrnehmungen messen", sagt Martin Dresler, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München.

Die Forscher konnten die mit dem Kernspin gewonnenen Daten bei einem weiteren Probanden durch eine andere Technik bestätigen. Mithilfe der sogenannten Nah-Infrarot-Spektroskopie beobachteten sie zusätzlich eine gesteigerte Aktivität in einer Hirnregion, die bei der Planung von Bewegungen eine wichtige Rolle spielt.

"Träume sind also kein 'Schlaf-Kino', in dem wir passiv ein Geschehen nur beobachten. Unsere Arbeit öffnet eine Tür. Das Feld, das dahinter liegt, ist groß und in weiten Teilen noch unerforscht. Aber unsere Ansätze könnten dazu beitragen, Antworten auf Fragen zu finden, die Traumforscher schon lange beschäftigen", sagt Czisch.

Als Beispiel nennt er die noch ungeklärte Frage, wie unsere Träume den Weg des logischen Denkens verlassen und sich zu bizarren Bilderkonstruktionen verdichten. So geht eine Theorie davon aus, dass der frontale Kortex, in dem das rationale Denken verankert ist, nicht ausreichend aktiviert wird und freie Assoziationen die Oberhand gewinnen. Die Forschungen von Czisch und seinen Kollegen könnten auch dazu beitragen, die Kreativität in Träumen näher zu betrachten und Fragen der Bewusstseinsforschung zu beantworten.