Hamburger Forscher entwickeln ein Mobilgerät, das Passagiere durch den Flughafen lotsen soll. Wartezeiten könnten sich auf 15 Minuten verkürzen.

Hamburg. Wer einen Kurzstreckenflug antreten will, soll nur noch 15 Minuten im Terminal warten müssen, bevor er am Gate zum Flugzeug vorgelassen wird. Das will die europäische Luftfahrtforschung bis 2020 erreichen. Doch wie lassen sich die Passagierströme am Flughafen beschleunigen? Ein neuer Ansatz kommt jetzt aus Hamburg: An der Technischen Universität in Harburg (TUHH) entwickeln Forscher um Prof. Volker Turau vom Institut für Telematik ein mobiles Gerät, das Passieren künftig die Orientierung erleichtern soll - vom Einchecken bis zum Betreten der Maschine.

Die Basis bildet eine Technik, die Passagiere im Flughafengebäude orten kann. Dabei handelt es sich um ein Navigationssystem, dessen Datenverbindung sich von bekannten Geräten unterscheidet, wie Volker Turau erläutert: "Die Navigationsgeräte, die wir vom Autofahren kennen, nutzen Satellitensignale und sind deshalb in Gebäuden nicht zu benutzen. Wir brauchen ein drahtloses Netzwerk, das im Gegensatz zur gängigen WLAN- oder Bluetooth-Technik die Standorte der Geräte relativ genau - auf fünf bis zehn Meter - erkennen kann."

Die Harburger Ingenieure haben dazu ein spezielles Gerät entworfen, das kaum größer ist als eine Streichholzschachtel. Es hat ein kleines einfarbiges Display, von dem der Fluggast die für ihn wichtigen Informationen ablesen kann, zum Beispiel die Zeit, die er braucht, um zum Abfluggate zu gehen, geänderte Gates oder Verspätungen. Mit einem Mini-Joystick kann er verschiedene Informationen abrufen, etwa, wo sich gerade das aufgegebene Gepäckstück befindet oder wie das Wetter am Ankunftsort ist. Er könnte auch in einem Notfall mit dem Gerät Hilfe anfordern.

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"Das System bietet den Passagieren mehr Komfort, da sie zusätzliche individuelle Informationen rund um ihren Flug erhalten. Und es hilft den Flughäfen und Airlines bei der Abfertigung, weil es die Fluggäste zeitgerecht zum Abfluggate leitet", sagt Turau. Sein Team plant im kommenden Jahr einen Feldtest am Flughafen Hamburg. Dazu werden die Forscher ein provisorisches Mini-Netzwerk aufbauen und mit Studenten als Pseudo-Passagieren einen Weg vom Check-in-Schalter, an dem die Geräte ausgehändigt werden, bis zum Abfluggate, wo die Navis abzugeben sind, nachvollziehen.

Parallel zum Feldtest arbeiten die TU-Wissenschaftler an einer zweiten Variante des Navigationssystems, einer Software für Smartphones. Sie hätte den Vorteil, dass keine zusätzlichen Geräte nötig wären.

Datenschützern mögen sich die Haare sträuben bei dem Gedanken, dass der Flughafen Informationen erhält, mit denen sich theoretisch Bewegungsprofile der einzelnen Fluggäste erstellen ließen. "Wir überlassen den Fluggästen die Entscheidung, welche Daten sie preisgeben", sagt Volker Turau. "Sie können das Ortungssystem abstellen. Denkbar ist auch, dass es generell inaktiv ist und von ihnen gestartet werden muss."

Ein Airport-Navigationssystem wird in einigen Jahren in der einen oder anderen Form kommen, da ist sich Torsten Wunderlich sicher. Er ist bei der Flughafen Hamburg GmbH für Zukunftstechnologie und Logistik zuständig. "Mit einem System, wie es derzeit an der TUHH entwickelt wird, können wir unsere 30 000 bis 35 000 Passagiere, die täglich den Flughafen nutzen, erstmals persönlich ansprechen. Wir können ihre Bedürfnisse erfragen und entsprechende Angebote machen." Er denkt zum Beispiel an Rabatte für Vielflieger in Duty-free-Geschäften oder eine Einladung zum kostenlosen Kaffee für die Stammkunden einer Café-Kette.

Oftmals kommt der Passagierstrom schon gleich nach dem Betreten des Flughafens bei der Gepäckabgabe ins Stocken. Die Lufthansa hat deshalb bereits eine automatisierte Gepäckabgabe erprobt. "In Frankfurt, Düsseldorf und München haben wir Geräte getestet, die an einen Check-in-Automaten gekoppelt sind", sagt Lufthansa-Sprecher Jan Bärwalde. Die Passagiere stellen ihren Koffer auf ein Band und geben ihre Daten in das Check-in-Terminal ein. Nachdem die Passagiere ihre Bordkarten ausgedruckt haben, nennen sie die Zahl ihrer Gepäckstücke. Anschließend druckt der Automat Banderolen aus, die die Fluggäste an ihrem Gepäck anbringen.

Die Lufthansa sieht die Geräte als Alternative zur Gepäckannahme durch das Flughafenpersonal. Diese wird es aber trotzdem weiterhin geben, denn nicht jeder Fluggast mag sein Hab und Gut dem Automaten anvertrauen. "In Frankfurt haben wir die Geräte wegen mangelnder Akzeptanz wieder abgebaut", sagt Bärwalde. "Dort werden wir in wenigen Wochen einen neuen, optimierten Automaten ausprobieren, der mit Bildern arbeitet und einfacher zu bedienen ist. Vor allem Geschäftsleute, die viel fliegen, begrüßen die vollautomatische Abfertigung."

Auch das Ende des Passagierstroms ist bislang ein Problem: An der Flugzeugtür kommen die Passagiere ins Stocken, weil bereits eingestiegene Fluggäste beim Verstauen ihres oft überdimensionierten Bordgepäcks den Gang verstopfen. Zu diesem Problem sei bereits viel geforscht worden, sagt Lufthansa-Sprecher Bärwalde. "Alle paar Jahre präsentiert ein Physiker eine neue Studie zur idealen Einstiegsmethode. Die meisten Methoden scheitern jedoch an der Praxis, denn Menschen lassen sich nicht in Schemata pressen, die mathematische Modelle errechnet haben."

Versuche, erst die Passagiere mit Fensterplatz einsteigen zu lassen oder von hinten nach vorn zu boarden, überzeugten bei 2005 von der Lufthansa durchgeführten Tests nicht. Bärwalde: "Wir haben noch keine bessere Methode gefunden als das praktizierte Aufrufen nach Sitzreihen."

An dieser Stelle also ist in Sachen Passagierstrombeschleunigung in den kommenden Jahren wohl eher nicht mit Fortschritten zu rechnen. Bei den Phasen davor dürfen Passagiere aber auf schnellere Abläufe hoffen - und auf weniger Stress.