Designerin Anke Domaske hat eine Milchfaser entwickelt, die Kleidung zum Hautschmeichler werden lässt. Kollektion erscheint kommendes Jahr.

Bremen. Glatt und weich fühlen sich die ersten Kleider an, die Anke Domaskes neu entwickelte Milchfaser enthalten. „Die Proteine im Stoff pflegen die Haut“, sagt die 28 Jahre alte Designerin, Mikrobiologin und Gründerin des Faserproduzenten „QMilch“, während sie über den seidigen Stoff streicht. Sie hat gemeinsam mit dem Faserinstitut Bremen ein Verfahren zur Herstellung von Milchfasern entwickelt und patentieren lassen, das nach ihren Angaben ohne Chemie auskommt. „Wir haben nicht nur Interessenten aus der Textilindustrie, sondern auch aus der Automobilbranche und der Medizintechnik“, berichtet Domaske im Loft ihrer Firma in einer ehemaligen Porzellanfabrik in Hannover.

Schon im Alter von 19 Jahren startete die blonde Geschäftsfrau mit ihrem internationalen Modelabel MCC. Für ihr neues Projekt „QMilch“ hat sie bereits zwei Innovationspreise eingeheimst. Das Herstellungsverfahren sei sehr ressourcenschonend, betont Domaske. „Für ein Kilo Fasern benötigen wir nur zwei Liter Wasser.“ Basis ist technisches Kasein, Milcheiweiß in Pulverform. Somit werden für die Kleider keine Lebensmittel vernichtet. Die kommende Frühjahrskollektion von MCC soll 30 Prozent Milchfasern, 65 Prozent Viskose-Jersey und 5 Prozent Elastan enthalten. Im Moment wirbt sie mit den Musterentwürfen bei Kunden.

Mit ihrer antiallergischen, nachhaltig produzierten Milchfaser springt Domaske auf den Ökozug auf. Ob Otto, C&A oder H&M – viele große Textilketten haben eigene Bio-Linien im Programm, meist Mode aus Biobaumwolle. Statt unförmiger Jutesäcke gibt es Green Glamour, selbst von Star-Designern wie Giorgio Armani. „Das Thema Nachhaltigkeit ist ein großer Werbeträger geworden“, sagt Heike Scheuer vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft. Bei Naturtextilien herrsche Faserknappheit auf dem Weltmarkt, die Preise explodierten. „Dann ist es sehr sinnvoll, ein vorhandenes Abfallprodukt wie Kasein mit geringem Aufwand zur Faser zu verarbeiten“, sagt die Expertin zu „QMilch“. „Die Kleiderschränke auf grün zu trimmen, wird nicht allein mit Naturfasern gelingen“, meint auch die Bloggerin für grüne Mode, Kirsten Brodde.

Noch produziert „Qmilch“ nach Domaskes Angaben zwei Kilo Milchfasern pro Stunde im Bremer Faserinstitut. Dazu wird das Kasein-Pulver mit anderen natürlichen Zutaten in einer eigens entwickelten Maschine – eine Art Fleischwolf – erhitzt und durch eine Düse in Fäden gezogen. Ziel ist die Produktion von 70 Kilo pro Stunde in eigenen Produktionsstätten. Die Faser wird anschließend mit Spinnmaschinen zu Garn gesponnen, so dass sie in verschiedenen Mischungen zu Stoff oder Gewebe weiterverarbeitet werden kann.

Prof. Hans-Peter Fink vom Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung in Potsdam sieht einen großen Zukunftsmarkt für biobasierte Fasern. „Angesichts von Erdölknappheit versucht die Großindustrie, die Ressourcenbasis zu verbreitern“, sagt er. Auf dem Gebiet werde international geforscht. Celluloseregeneratfasern spielten die größte Rolle, Fasern aus Polymilchsäure (PLA) seien im Kommen. Was die Zukunft der Milchfaser aus Kasein angeht, die es seit den 1930er Jahren gibt, ist Fink noch skeptisch: „Es können sich nur Fasern durchsetzen, die besser oder billiger als die bestehenden sind. Das war bisher bei den Kaseinfasern nicht der Fall.“

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Anke Domaske dagegen ist überzeugt von ihrem neuen Herstellungsverfahren. „Wir haben unglaublich viel Glück gehabt. Viele können es sich nicht vorstellen, dass wir in nur zwei Jahren diese Faser entwickelt haben“, sagt sie. Schon jetzt sei die Resonanz enorm. „Die Menschen achten einfach mehr darauf, umweltbewusst zu leben und sich auch bewusster zu kleiden.“ Die Berichte über Gift in T-Shirts oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken der Dritten Welt hätten viele aufgeschreckt.