Im Hamburg diskutieren 7000 Experten für Blase, Niere und Prostata über schonendere Techniken und neue Medikamente. Kongress startet heute.

Hamburg. Welche neuen Behandlungsmethoden gibt es bei Krebserkrankungen von Blase, Prostata und Nieren? Was bringen die sogenannte Schlüssellochchirurgie und OP-Roboter? Das sind zentrale Themen des Urologenkongresses, der heute in Hamburg beginnt. 7000 Teilnehmer aus 57 Ländern diskutieren bis Sonnabend die jüngsten Erkenntnisse ihres Fachs.

Krebsleiden werden in dem Programm einen breiten Raum einnehmen. "Denn die urologischen Krebserkrankungen, vor allem der Niere, der Blase und der Prostata, machen ein Viertel aller Tumoren aus. Allein an Blasenkrebs erkranken etwa 30 000 Menschen pro Jahr neu in Deutschland", sagt Prof. Christian Wülfing, Chefarzt der Urologie an der Asklepios-Klinik Altona. Er hat im Rahmen des Kongresses ein Forum organisiert, auf dem sich alle Interessierten über die Diagnostik und Behandlung des Blasenkrebses informieren können.

Entdeckt wird diese Krankheit meist durch Zufall, weil bei einer Untersuchung Blutspuren im Urin gefunden wurden. "Befindet sich der Blasenkrebs noch in einem frühen Stadium, reicht es meist aus, die erkrankte Schleimhaut abzutragen", sagt Wülfing. Ist der Tumor bereits weiter fortgeschritten, muss die Blase entfernt werden. "In solchen Fällen kann man aus Dünndarmanteilen eine künstliche Blase konstruieren. Sie wird mit den Harnleitern und der Harnröhre verbunden und die Kontinenz bleibt erhalten. Auch wenn die Patienten nicht mehr spüren, ob ihre Blase gefüllt ist, können sie gut trainieren, sie unter Kontrolle zu halten", erläutert der Urologe.

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Bisher war eine solche Operation ein großer Eingriff. Das könnte sich durch die Schlüssellochchirurgie ändern. Statt eines großen Schnitts in der Haut macht der Arzt nur noch einen kleinen Schnitt, führt dort eine Kamera ein, die optimale Positionen für weitere kleine Schnitte ermittelt, durch die der Operateur dann seine Instrumente in den Körper führt. Die Vorteile: weniger Schmerzen und kleinere Narben.

OP-Roboter könnten den Eingriff womöglich noch präziser machen. Dabei führt eine Maschine die Instrumente; der Chirurg lenkt jede Bewegung mit einem kleinen Steuerknüppel. Zwei Kameras lassen den Chirurgen jede Aktion dreidimensional sehen. Trotz dieser Vorteile gebe es bisher noch keine Untersuchung, die eindeutig belege, dass Operationen in der Urologie mithilfe von OP-Robotern besser gelängen, sagt Wülfing. Und auch wegen der Kosten von 1,5 Millionen Euro für das Gerät und 200 000 Euro jährlich für die Wartung seien die Roboter umstritten. Für ihn gelte: "Wenn ich im Lotto gewänne, würde ich einen OP-Roboter kaufen." Das UKE verfügt bereits über zwei OP-Roboter.

Wülfing kommt auf die Blasenkrebs-Behandlung zurück: Die Alternative zu einer künstlichen Blase sei ein künstlicher Blasenausgang. "Das ist etwas, vor dem Patienten erst mal zurückschrecken. Es erfordert von den Urologen sehr viel Feingefühl, solche Eingriffe mit den Patienten zu besprechen. Deswegen wird die Verarbeitung solcher Diagnosen auch ein Schwerpunkt des Kongresses und des Patientenforums sein."

Neue Behandlungsmethoden diskutieren die Kongress-Teilnehmer auch bei Nierenkrebs. Denn Nierentumoren werden heute immer häufiger in frühen Stadien entdeckt. Früher, als die Tumoren oft später erkannt wurden, entfernten Ärzte die gesamte Niere meist mit einem großen Schnitt. Heute setzen sie immer häufiger die Schlüssellochchirurgie ein, wobei Patienten mit kleinen Tumoren sehr davon profitieren, wenn die Nieren nicht komplett entfernt werden, wie Christian Wülfing erläutert: "Der Verlust einer Niere erhöht das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen. Deshalb wollen wir möglichst viel gesundes Gewebe erhalten." Die Fachgesellschaft empfehle, alle Nierentumoren bis zu einer Größe von vier Zentimetern so zu operieren, dass die Niere erhalten bleibt.

Die Operation ist das Standardverfahren zur Behandlung von Nierenkrebs. Die Prognose ist sehr gut, wenn der Tumor mit der OP komplett entfernt werden konnte. Chemo- und Strahlentherapie helfen nicht. Zur Behandlung von Tumoren, die Tochtergeschwülste gebildet haben, gibt es aber neue Medikamente, die eine gezielte Therapie ermöglichen. Sechs Medikamente sind zugelassen, die unter anderem Wachstumsfaktoren der Krebszellen blockieren. Zurzeit wird getestet, welche Medikamente in welchen Kombinationen die beste Wirkung zeigen. "Man kann damit die Tumoren nicht heilen, aber erreichen, dass die Patienten länger leben", sagt Wülfing. Bisher liegt die Überlebenszeit bei einem Nierenkrebs, der Metastasen gebildet hat, bei wenigen Monaten - mithilfe der Medikamente könnten Patienten noch bis zu zwei Jahre leben.

Auch der Prostatakrebs, die häufigste Tumorerkrankung bei Männern, wird Thema des Kongresses sein. Dabei wird der Stellenwert des PSA-Wertes (prostataspezifisches Antigen) in der Früherkennung diskutiert werden. "Er ist einer der besten Tumormarker, die es gibt. Zurzeit gibt es ein Umdenken im Umgang mit diesen Werten: Durch eine differenzierte Bewertung der PSA-Werte und -verläufe lässt sich herausfinden, ob jemand an einer aggressiven Krebsvariante oder an einer weniger gefährlichen Form leidet", sagt Wülfing. "Bei dieser Überwachung wird der PSA-Wert eines Patienten engmaschig kontrolliert. Anhand der Werte entscheiden die Ärzte dann über das weitere Vorgehen."

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