Durch einen Trick kann das Immunsystem den Tumor leichter erkennen und angreifen

Hannover. Tumoren durch eine Impfung auszuschalten ist der Traum vieler Krebsforscher. Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist es jetzt bei Mäusen gelungen, eine neuartige Immuntherapie gegen Krebs zu entwickeln. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im "Journal of Clinical Investigation".

Bisher scheiterten Impfstrategien daran, dass bösartige Tumoren immer wieder neue Wege finden, sich den Angriffen des körpereigenen Immunsystems zu entziehen. "Ein wesentlicher Grund für die Wirkungslosigkeit von Impfungen gegen Krebs ist, dass Tumorgeschwülste ihre Strukturen so verschleiern können, dass der Körper sie nicht als fremd erkennt und deswegen toleriert. Auch wenn sich einzelne Abwehrzellen bilden, kann sich keine wirksame Immunreaktion gegen den Krebs aufbauen", sagt Dr. Florian Kühnel von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der MHH. Der Forscher hat zusammen mit Prof. Stefan Kubicka eine Möglichkeit gefunden, diesen Mechanismus außer Kraft zu setzen. "Wir haben genetisch veränderte Adenoviren direkt in den Tumor injiziert und dadurch eine Entzündung verursacht", erläutert Florian Kühnel. "Mit dem Einsatz dieser Viren bleibt die Entzündung weitestgehend auf den Tumor beschränkt, sodass kaum Nebenwirkungen auftreten. Durch die Entzündung ist der Tumor anschließend aber so stark geschwächt, dass er seine Tricks zur Täuschung des Immunsystems nicht mehr aufrechterhalten kann."

Diese Situation nutzen die Forscher, um die Mäuse gegen den Tumor zu impfen und damit die Abwehrzellen zu aktivieren. "Wir verabreichen den Tieren bestimmte Immunzellen. Diese werden zuvor mit den Tumormerkmalen gefüttert, die bekämpft werden sollen. Anschließend sorgen sie für eine Vervielfältigung und Aktivierung passender Abwehrzellen", sagt Kühnel. Dank dieses Tricks sind die Abwehrzellen nun in der Lage, den Tumor wirksam zu bekämpfen. "Damit ist es uns gelungen, nicht nur den ursprünglichen Tumor, sondern auch die Metastasen zu therapieren", sagt Kühnel. Denn die Abwehrzellen beseitigten die Metastasen auch dann, wenn diese nicht durch die Adenoviren infiziert waren.

Die Anwendung dieser neuen Form der Immuntherapie, sagt Kühnel, könne er sich bei vielen Krebsarten vorstellen, bei denen sich eine deutlich sichtbare Geschwulst bildet, zum Beispiel bei Darmkrebs oder bei bösartigen Tumoren der Lunge.

Von den jetzigen Ergebnissen bis zu einer Anwendung am Menschen ist es für die Forscher zwar noch ein weiter Weg. Er sei aber grundsätzlich optimistisch, sagt Florian Kühnel: "Wir hoffen, dass wir schon in einigen Jahren mit den ersten klinischen Studien beginnen können."