Im Altonaer Kinderkrankenhaus wird heute der Lufthafen eröffnet, eine in Norddeutschland individuelle und einzigartige Einrichtung.

Hamburg. Geschickt steuert Andreas seinen kleinen Rollstuhl um die Ecken und erkundet Zimmer für Zimmer. Der drei Jahre alte Junge kann nach einem Herzstillstand im Säuglingsalter nachts nicht mehr ausreichend selbstständig atmen und muss deswegen nachts künstlich beatmet werden. Er wird der erste Patient sein, der im Lufthafen behandelt wird, einer neuen Abteilung für langzeitbeatmete Kinder, die heute im Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) offiziell eröffnet wird. Für diese Abteilung wurde zum Preis von rund 6,7 Millionen Euro ein neues Gebäude errichtet. Knapp sechs Millionen wurden von der Stadt Hamburg und vom Bund finanziert, 800 000 Euro durch Spenden.

Das Gebäude ist in zwei unterschiedliche Bereiche gegliedert: In der Wohnstation sollen sechs Kinder, die auf eine Langzeitbeatmung angewiesen sind, ein neues Zuhause finden, mit einer individuellen 24-Stunden-Versorgung. Hier bekommt jedes der Kinder sein eigenes Zimmer, mit großen Fenstern, die bis auf den Boden reichen, und farbenfroher Einrichtung sowie technischer Ausstattung für die medizinische Versorgung, die verdeckt untergebracht ist. "Wir wollen hier Kinderzimmer haben, in denen sich die Kinder wohlfühlen und die möglichst wenig an ein Krankenzimmer erinnern", sagt Christiane Dienhold, Geschäftsführerin des Altonaer Kinderkrankenhauses. Im Zentrum gibt es eine große Wohnküche mit einem Tisch in der Mitte. Der Raum bietet so viel Platz, dass auch Kinder, die ihr Bett nicht verlassen können, hier hineingeschoben werden können und am alltäglichen Leben auf der Wohnstation teilnehmen können.

Auf der anderen Seite des Gebäudes befindet sich der Krankenhausteil des Lufthafens, in den die Kinder nur kurzfristig zur Therapie oder Diagnostik aufgenommen werden und dann wieder nach Hause entlassen werden. Hier wird auch Andreas am 3. Mai zu einem Kontrollcheck stationär aufgenommen.

Er ist eines von über 70 Kindern im AKK, die eine Langzeitbeatmung brauchen, erklärt Dr. Benjamin Grolle, ärztlicher Leiter des Lufthafens. Dafür gibt es vor allem zwei Möglichkeiten. Entweder sie werden über eine sogenannte Trachealkanüle beatmet, die in die Luftröhre gelegt wird, oder über eine Maske, die viele der kleinen Patienten dann nur nachts tragen müssen - so wie auch Andreas.

Der kleine Junge erlitt im Alter von zwei Wochen einen Herz-Atem-Stillstand, konnte aber von seinem Vater und dem Rettungsdienst wiederbelebt werden. Danach zeigte sich bei Andreas eine Entwicklungsverzögerung, die zunächst als Folge eines Sauerstoffmangels im Gehirn durch den Herzstillstand gedeutet wurde.

Im Zusammenhang mit Andreas' weiterer Entwicklung gehen die Ärzte mittlerweile eher von einer genetischen Erkrankung aus. Jetzt sitzt Andreas im Rollstuhl, mit dem er sehr mobil ist, aber er kann nicht sprechen und nicht schlucken und wird über eine Sonde in der Bauchdecke ernährt. "Wir müssen immer sehr aufpassen, dass er sich nichts in den Mund steckt. Das ist für ihn schon sehr frustrierend, dass er nicht essen und nicht schlucken kann", sagt seine Mutter, Miriam Jacobsen.

Denn Andreas beobachtet genau seine Umgebung, hört zu und nimmt alles auf, füttert seine jüngere Schwester Lea und versucht, ihr alles nachzumachen. "Weil er nicht sprechen kann, kommuniziert er jetzt über Gebärden. So kann er uns schon deutlich zeigen, wenn ihm etwas nicht gefällt und wenn er etwas haben möchte", erzählt Miriam Jacobsen.

Seine Erkrankung ist nicht heilbar, sodass die Therapie vor allem auf die Bekämpfung der Symptome abzielt. Dazu gehört auch, dass er nachts nicht ausreichend selbstständig atmen kann. Es traten Atempausen auf, die dazu führten, dass er sehr unruhig schlief, tagsüber sehr müde war und schon mehrfach eine Lungenentzündung hatte.

Deswegen wird er jetzt nachts über eine Maske beatmet. "Seitdem hat er keine schwere Lungenentzündung mehr gehabt, Andreas ist wacher und kann tagsüber aktiver und aufmerksamer am Alltag teilnehmen", sagt Dr. Grolle. Wenn er im Mai zur halbjährigen Kontrolluntersuchung kommt, wird überprüft, ob die Beatmung noch richtig eingestellt ist, ob sich Keime im Lungensekret befinden, ob die Familie besondere Fragen und Sorgen hat und welche Probleme im Alltag auftreten.

Und wenn Andreas mit seinem kleinen Rollstuhl künftig in den Lufthafen fährt, kann er jedes Mal seinen Lieblingsfisch begrüßen, der neben vielen anderen in einem großen Salzwasseraquarium seine Bahnen zieht.