Über neue Therapiemöglichkeiten in der Augenchirurgie diskutieren 5000 Experten auf einem Internationalen Kongress in Hamburg.

Hamburg. Neue Linsen, Laser und Medikamente, die vielen Menschen wieder besseres Sehen ermöglichen, stehen im Mittelpunkt des Internationalen Kongresses der Augenchirurgen, der gestern im CHH begonnen hat. Vier Tage lang diskutieren 5000 Experten über neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Therapiemöglichkeiten.

Dazu zählt auch die Behandlung des gauen Stars (Katarakt) mit dem Femtosekundenlaser, der bisher in der Augenheilkunde zur Behandlung von Fehlsichtigkeiten genutzt wird. Diesen Laser setzen Augenchirurgen jetzt erstmals ein, um mit einem winzigen Schnitt die Hornhaut zu eröffnen und die getrübte Augenlinse aufzulösen, die dann abgesaugt wird. Anschließend wird die künstliche Linse eingesetzt. Kongresspräsident Dr. Armin Scharrer aus Fürth, der gestern dieses Verfahren präsentierte, geht davon aus, dass diese neue Technik gute Chancen hat, sich auch im klinischen Alltag zu etablieren.

Auch bei den künstlichen Linsen, die beim grauen Star eingesetzt werden, gibt es eine Neuentwicklung: eine Kunstlinse, die sowohl das Fern- als auch das Nahsehen ermöglicht. Im Vergleich zu bisher schon auf dem Markt befindlichen Multifokallinsen hat sie den Vorteil, dass der Patient auch im Bereich zwischen Fern- und Nahsehen scharf sieht und im Dunkeln Kontraste besser wahrnimmt. Das Neue an der sogenannten Zoom-Linse: Sie besteht aus zwei Linsenteilen, die hintereinander platziert und mit den Muskeln verbunden sind, die die Linse umgeben. Wenn der Patient diese Muskeln anspannt - wie beim Sehen in der Nähe - vergrößert sich der Abstand zwischen den beiden Linsenteilen. So hat die Zoomlinse die gleiche Wirkung wie eine natürliche Linse, die sich zum Sehen in der Nähe krümmt. Diesen Vorgang bezeichnen Mediziner als Akkommodation. "Mit der Zoomlinse kommen wir der Realisierung des Traumes näher, dass wir bei der Katarakt-OP nicht nur die trübe Linse entfernen, sondern auch die Akkommodation wiederherstellen können", sagte Dr. Thomas Will aus Fürth.

Eine weitere neue Entwicklung ist ein Mikro-Implantat, das bei Venenthrombosen im Auge eingesetzt werden kann. "Dieser Verschluss einer Netzhautvene ist nach der Augenerkrankung infolge einer Diabetes die zweithäufigste Gefäßerkrankung am Auge", sagte Prof. Arnd Gandorfer aus Memmingen. Dadurch, dass das Blut nicht mehr abfließen kann, staut es sich zurück; und in der Netzhaut, besonders an der Stelle des schärfsten Sehens, lagert sich Wasser ein. Diese Erkrankung hinterlässt meist eine bleibende Sehminderung und kann auch zur krankhaften Neubildung von Blutgefäßen an der Netzhaut führen. Bisher gab es keine richtige Therapie. "Jetzt haben wir erstmalig eine Therapie für die Venenthrombose im Auge", sagte Gandorfer. Dabei handelt es sich um ein winziges Stäbchen von sechs Millimetern Länge und mit einem Durchmesser von weniger als 0,6 Millimetern, das in den Glaskörper des Auges injiziert wird. Es enthält das Cortison Dexamethason, das die Freisetzung von Wachstumsfaktoren der Blutgefäße und Entzündungsbotenstoffen hemmt. Eingebettet ist das Medikament, das normalerweise nur eine Halbwertszeit von fünfeinhalb Stunden hat, in eine Matrix, die sich im Laufe der Zeit von selbst auflöst. Sie sorgt dafür, dass das Dexamethason über einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten kontinuierlich abgegeben wird. In zwei Studien mit 1267 Patienten zeigte sich, dass sich bei fast jedem Dritten das Sehvermögen nach zwei Monaten deutlich verbesserte. Das Mikroimplantat mit dem Handelsnamen Ozurdex ist seit August auch in Deutschland zugelassen.

Eine neue Therapiemöglichkeit gibt es auch bei der Makuladegeneration, der häufigsten Erblindungsursache bei älteren Menschen. Dabei verliert der Punkt des schärfsten Sehens auf der Netzhaut, die Makula, immer mehr an Sehkraft. Bei Betroffenen bildet sich in der Mitte des Gesichtsfeldes ein grauer Fleck, der sich immer weiter ausdehnt, sodass sie zum Beispiel beim Blick auf eine Uhr nur noch den Rand, aber nicht mehr das Zifferblatt erkennen. Gegen die trockene Makuladegeneration gibt es bisher keine Therapie. Zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration, bei der sich in der Makula kleine Blutgefäße bilden, gibt es unter anderem Medikamente, die alle vier Wochen in das Auge injiziert werden müssen.

Die Augenärztin Prof. Susanne Binder aus Wien stellte eine neue Methode vor, bei der die Makula bestrahlt wird. "Diese sogenannte epimakulare Brachytherapie hat einen starken hemmenden Effekt auf das Wachstum der Blutgefäße, die Entzündung und die Narbenbildung", sagte Prof. Binder. Bei der Therapie wird durch eine Kanüle ein hauchdünner Strahlenstift bis knapp über die Netzhaut geführt. Er ist an eine Strontium-90-Strahlenquelle angeschlossen und gibt eine Beta-Strahlung mit einer Dosis von 24 Gray ab, die nur vier Millimeter in das erkrankte Gewebe eindringt. So werden die gesunden Netzhautanteile geschont. In Studien zeigte sich, dass viele Patienten nach dieser Therapie weniger Injektionen von Medikamenten in das erkrankte Auge benötigten.