Der Konzern veröffentlichte gestern seinen Bericht zur Katastrophe im Golf von Mexiko

London. Der Ölkonzern BP lehnt die alleinige Verantwortung für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ab. Zu dem Unglück hätten vielmehr falsche Entscheidungen mehrerer Firmen und Teams geführt, heißt es in einem gestern in London veröffentlichten BP-Bericht über die Ursachen der Katastrophe. Dabei habe es technische wie menschliche Fehler gegeben. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass mehrere Beteiligte Verantwortung für die Explosion auf der 'Deepwater Horizon' tragen", sagte der künftige BP-Chef Bob Dudley.

Die Ölplattform "Deepwater Horizon" war am 20. April explodiert und anschließend gesunken. Das Unglück hatte elf Menschen in den Tod gerissen. Bis zum Verschließen des Öllecks Mitte Juli waren über Monate hinweg mehr als 666 000 Tonnen Öl in den Golf von Mexiko geflossen.

Die Unglücksursache ist dem Bericht zufolge höchst komplex. "Es ist offensichtlich, dass eine Reihe komplizierter Vorgänge und nicht ein einzelner Fehler zu der Tragödie führte. Viele Parteien, darunter BP, Halliburton und Transocean, waren daran beteiligt", betont der Autor des Berichts, BP-Sicherheitschef Mark Bly. So habe eine Barriere aus Zement an der Quelle nicht richtig funktioniert. Dadurch seien Gas und Flüssigkeit in ein Produktionsrohr gelangt. Die Crew auf der Plattform habe den Fehler erst 40 Minuten später bemerkt. Da sei es jedoch schon zu spät gewesen.

BP bestätigte auch einige Vermutungen, die nach dem Unglück von ehemaligen Mitarbeitern der Bohrinsel geäußert worden waren. Dazu gehört, dass BP und der Plattform-Betreiber Transocean die Ergebnisse eines Drucktests falsch interpretiert hätten. Außerdem sei ein Sicherungsventil, der sogenannte Blow-out Preventer, vermutlich defekt gewesen. Dieser hätte sich automatisch aktivieren und die Quelle verschließen müssen.

Schuldzuweisungen hatte es vorher viele gegeben. So warfen Mitglieder des US-Kongresses dem Konzern vor, immer wieder Sicherheitsprobleme auf der Bohrinsel ignoriert zu haben. Profite seien für das Unternehmen wichtiger gewesen. BP habe sich wiederholt für billigere und damit oft riskante Technologien entschieden, um Geld zu sparen und schnellere Gewinne einfahren zu können, hatte es von Mitgliedern des Energieausschusses geheißen.

BP hatte stets betont, Verantwortung zu übernehmen und den Pflichten des Konzerns nachzukommen, die Ölquelle zu versiegeln. Nach dem Sinken der Bohrinsel wurde über Monate vergeblich versucht, den Ölstrom zu stoppen. Im Juli gab es dann endlich gute Nachrichten, dass das Leck geschlossen worden war. Noch wird an einer dauerhaften Lösung gearbeitet, bei der die Quelle von unten mit Zement zusätzlich abgedichtet wird.

Währenddessen laufen noch weitere Verfahren zur Untersuchung der Katastrophe und der Rolle, die BP dabei spielte. Dazu gehören Ermittlungen der US-Kriminalbehörden sowie Recherchen der Küstenwache. Außerdem werden zahlreiche Klagen auf Schadenersatz erwartet, die sich über Jahre hinziehen könnten. Ein Schuldeingeständnis seitens BP hätte möglicherweise auch darauf Auswirkungen. Im Falle nachweislich grober Fahrlässigkeit könnte der Konzern zu Schadenersatz in Milliardenhöhe verurteilt werden.

Die BP-Rechnung für den Kampf gegen das Öl liegt nach eigenen Angaben bisher bei rund acht Milliarden US-Dollar (6,3 Milliarden Euro). Die Ölkatastrophe ist damit für BP auch ein wirtschaftliches Desaster. Erstmals seit 1992 meldete der Konzern Ende Juli ein Minus zu einem Quartalsende: Von März bis Juni belief sich der Rekordverlust auf 17,1 Milliarden Dollar (13,2 Milliarden Euro). Die BP-Aktie reagierte am Mittwoch an der Londoner Börse kaum.

BP-Chef Tony Hayward, der nach zahlreichen PR-Fehlern im Zuge der Katastrophe am 27. Juli seinen Rücktritt erklärt hatte, wird zum 1. Oktober von Bob Dudley abgelöst.