Göttinger Verfahrenstechniker machen Kiefer und Buche so hart wie Teak und auch so langlebig

Wenn sie nur nicht so hart, von Natur aus witterungsbeständig und besonders haltbar wären. Dann würden Teak, Meranti oder andere tropische Hölzer nicht im großen Stil zu Gartenmöbeln und Fensterrahmen, Schiffdecks oder Fußgängerbrücken verarbeitet, und der Druck auf die letzten Regenwälder ließe ein wenig nach. Doch Tropenhölzer sind in vielen Anwendungen fast unersetzbar. Bislang zumindest.

Inzwischen entwickelten Holzforscher mehrere sehr spezielle Verfahren, die heimischen Arten wie Buche und Kiefer oder importiertem Plantagenholz die Eigenschaften von Tropenholz verleihen. Die aufwendige Behandlung (Modifikation) rechnet sich, weil die neuen, hochwertigen Hölzer zu den höheren Tropenholzpreisen verkauft werden können. Die ersten Produkte sind auf dem Markt, weitere Fertigungsanlagen entstehen.

Thermische und chemische Verfahren verändern die Zellwände im Holz

Den Anfang machte eine reine Hitzebehandlung. Heißluft und Wasserdampf erwärmen das Holz auf eine Temperatur von etwa 200 Grad. Dadurch verändern sich die Zellwände chemisch. Das Holz wird dunkler und ist weniger anfällig für Pilze, den Holzfeind Nummer eins in den hiesigen, feuchten Breiten. Seit gut zehn Jahren wird hitzebehandeltes Holz industriell hergestellt und als Thermoholz vermarktet. Zwischen 40 und 50 Produktionsstätten gibt es inzwischen europaweit. Die Widerstandskraft des Thermoholzes macht den Einsatz von Holzschutzmitteln, also Pilz tötenden Bioziden, zum Teil überflüssig. Dies ist eines der Ziele der Holzmodifizierung. Ein zweites sind die verbesserten Eigenschaften. Thermoholz ist formstabiler und haltbarer als das jeweilige Ausgangsprodukt. Doch der technische Saunagang hat auch einen Nachteil: Er lässt das Holz spröder und brüchiger werden.

Es geht noch besser, mit chemischen Prozessen. "Die verschiedenen Verfahren haben einen gemeinsamen Ansatz: Sie verändern mit einer Basissubstanz die Zellwände im Holz", sagt Prof. Holger Militz, Holztechnologe an der Universität Göttingen. Er gehört zu den führenden Wissenschaftlern im Bereich Modifikation, hat bereits in den 90er-Jahren einheimisches Holz versuchsweise auf Teak getrimmt. Zunächst in den Niederlanden. Militz: "Das Land hat traditionell viel Tropenholz importiert und suchte als eines der ersten nach Alternativen und umweltfreundlichem Holzschutz."

Inzwischen werden in verschiedenen europäischen Ländern, in Japan, Australien, Neuseeland und neuerdings auch in den USA Prozesse erforscht und eingesetzt, die heimische Hölzer stark machen. Sie haben alle ein Ziel: die Hydroxylgruppen (OH-Gruppen, bestehend aus den chemischen Elementen Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H)) in den Zellwänden. Sie sind daran "schuld", dass das Holz Wasser aufnehmen und abgeben kann. Saugt es sich bei hoher Luftfeuchtigkeit mit Wasser voll, so quellt es auf, verbiegt sich. Zudem finden Pilze ideale Lebensbedingungen. Gelingt es dagegen den Holztechnikern, die OH-Gruppen durch andere Moleküle zu ersetzen oder sie so einzubinden, dass sie ihre Affinität zum Wasser verlieren, ist das Ziel erreicht - Buchen- und Kiefernholz nehmen tropische Züge an. "Eigentlich entstehen ganz neue Holzarten", sagt Militz.

Die Chemikalien sind aggressiv, die Endprodukte aber unbedenklich

In einem der drei wichtigsten Verfahren wird den Hölzern Essigsäureanhydrid eingeflößt, eine Substanz, die in verschiedenen anderen Anwendungen bereits großtechnisch eingesetzt wird. Beim zweiten Verfahren trägt die verwendete Substanz die Abkürzung DMDHEU. Hersteller BASF taufte sie marktgerecht um und gab ihr den Namen Belmadur. Die Chemikalie ist bereits in der Textilindustrie im Einsatz, um Baumwollfasern haltbarer und knitterfreier zu machen. Der dritte Prozess arbeitet mit Furfurylalkohol, einem Nebenprodukt der Verarbeitung von Zuckerrohr oder anderer Biomasse. Es trägt den Namen Kebony und färbt das Holz - passend zum derzeitigen Modetrend - sehr dunkel.

"Die Verfahren sind prozesstechnisch nicht ohne, denn es wird mit aggressiven Chemikalien hantiert", sagt Holger Militz. "Das Endprodukt Holz ist aber auf jeden Fall chemisch unbedenklich", versichert er. Das Belmadur-Verfahren sei etwas einfacher zu handhaben, weil es mit wässrigen Stoffen arbeite, "das geht auch beim Fensterbauer". Jedes Verfahren habe seine speziellen Vorzüge, schaffe etwas unterschiedliche Eigenschaften. Deshalb bestimmten die späteren Anwendungen, welches Verfahren optimal ist und wie die einzelnen Prozessschritte im Detail zu gestalten sind.

Zehn Bar Druck und 130 Grad erzeugen die nötige Tiefenwirkung

In jedem Fall muss die Chemie das Holz durchdringen, möglichst jede Zelle erreichen. Das unterscheidet die Modifikation von simplen Schutzanstrichen, die alle paar Jahre erneuert werden müssen. Die Tiefenwirkung ist bei Buche, Birke, Ahorn, Kiefer und anderen Holzarten zu erreichen, wenn die jeweilige Chemikalie in einem Druckbehälter mit zehn Bar förmlich in das Holz hineingepresst wird. Anschließend geht es in die Trocknung. Dort reagiert die künstliche Substanz bei 120 bis 140 Grad mit den Holzzellen. Fichte widersetzt sich allerdings dem Prozess. "Sie ist fast immer ausgeschlossen, weil die Substanzen nur die äußeren Holzfasern erreichen", sagt Militz.

Die ersten Produkte, die den Markt erobern, bestehen vorzugsweise aus den anderen beiden Hauptbaumarten Kiefer und Buche. Nach dem Kebony-Verfahren veredelte Fenster, Türen, Bootsdecks, Bauholz und Fassadenelemente sind in Norwegen bereits zu haben. In ihnen wurde neben Buche und Kiefer auch Birke und Ahorn verarbeitet. Der Hamburger Fensterhersteller Menck teste gerade, wie sich das Norwegische Edelholz mit deutschen Fensterkonstruktionen verträgt, so Militz.

Mit der Variante Essigsäureanhydrid arbeitet die holländische Firma Titan Wood. Ihre Produkte vermarktet in Deutschland die Bremer Firmengruppe Roggemann. Auch Belmadur ist bereits am Start, etwa beim fränkischen Holzunternehmen Münchinger. Die Becker KG in Brakel formt Belmadur-gestähltes wetterfestes Buchen-Furnierholz. Das funktioniert besser als Massivholz, denn Buchenholz quillt viel leichter auf als zum Beispiel Kiefernholz und braucht deshalb eine Intensivbehandlung. Dünne Furnierhölzer (sie werden vom Baumstamm abgeschält) sind leichter zu durchdringen als dicke Bretter. Das Furnierholz wird beispielsweise zu Sitzelementen von Designer-Gartenstühlen. Und es wird bald schon auf mehreren niederländischen Bahnhöfen landen, als Sitzbänke aus dem Hardcore-Buchenholz.

Die Fichte ist - zumindest heute noch - die häufigste Baumart im deutschen Wald (Anteil: 28 Prozent). Ihr bleibt eine solch glanzvolle Karriere als heimisches Tropenholz aus technischen Gründen versagt. Aber sie könnte zumindest als Thermoholz punkten, auch wenn sie dabei etwas spröde wird.