Hamburg. Über die künstliche Befruchtung und neue Methoden sprach das Abendblatt mit Dr. Wolf Michel, Reproduktionsmediziner im Gynaekologicum Hamburg.

Wie funktioniert die künstliche Befruchtung?

Der Frau entnommene Eizellen werden in der Petrischale oder durch Injektion in die Eizelle (ICSI) befruchtet. Hat sich daraus ein Embryo gebildet, wird er in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Laut dem Embryonenschutzgesetz dürfen in Deutschland maximal drei Embryonen eingesetzt werden. In Hamburg dürfen laut einer Regelung der Ärztekammer Frauen bis zum 35. Lebensjahr nur zwei Embryonen eingesetzt werden, um Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden. Die Schwangerschaftsrate eines Transfers von zwei bis drei Embryonen liegt bei 30 Prozent.

Gibt es neue Verfahren?

Die Präimplantationsdiagnostik, bei der Embryonen vor dem Einsetzen in die Gebärmutter auf schwere Krankheiten untersucht werden, ist jetzt nach dem Gesetz in Deutschland bei schwerwiegenden Gründen erlaubt. Aber es fehlt noch an den Ausführungsbestimmungen, sodass diese Methode noch nicht anwendbar ist. So sind bis jetzt noch keine Kommissionen eingerichtet worden, die über die Zulässigkeit bei einzelnen Erkrankungen und Anträge entscheiden.

Es gibt eine neue Einfriermethode, die sogenannte Vitrifikation, die es erlaubt, Gewebe innerhalb so kurzer Zeit auf minus 197 Grad herunterzukühlen, dass es nicht mehr zur Bildung von Eiskristallen kommt. Mit dieser Methode können jetzt auch unbefruchtete Eizellen eingefroren werden, was bisher nicht möglich war. Das könnte in den kommenden Jahren bedeutsam für Krebspatientinnen werden, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen. Bei ihnen besteht bisher die Möglichkeit, Eierstockgewebe zu entnehmen und nach der Therapie wieder zurückzuverpflanzen. Es hat sich aber gezeigt, dass die Methode oft nicht gut funktioniert. Zudem besteht das Risiko, dass sich in den eingefrorenen Gewebestücken ebenfalls Tumorzellen befinden. Für diese Frauen könnte die neue Methode eine Alternative sein. Die entnommenen Eizellen können auf unbegrenzte Zeit eingefroren werden, werden dann aufgetaut, mit dem Sperma des Partners befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt.

Hat die Zahl derjenigen Paare, die eine künstliche Befruchtung wünschen, zugenommen?

Im Gynaekologicum hat diese Zahl in den vergangenen zwei Jahren um 30 bis 40 Prozent zugenommen. Auch an anderen Hamburger Zentren gibt es eine Zunahme. Das liegt zum einen an der guten wirtschaftlichen Situation vieler Paare. Zudem kommen zunehmend ältere Frauen über 40, weil sie hoffen, durch die Fortschritte in der Medizin doch noch schwanger werden zu können. Vorbilder sind vor allem Frauen in anderen Ländern, die durch Eizellspenden schwanger werden. Diese ist aber in Deutschland nicht erlaubt.