Auswertung der Umweltorganisation zeigt auch bei Gemüse, dass die gesetzlichen Grenzwerte seltener überschritten werden.

Hamburg. Fast 80 Prozent des konventionell erzeugten Frischobsts und mehr als 55 Prozent des Gemüses enthalten Rückstände von Pestiziden. Das ergab eine Greenpeace-Auswertung von 22 481 Proben, die in den Jahren 2009 und 2010 bei den behördlichen Lebensmittelkontrollen der Bundesländer analysiert wurden. Trotz der häufigen Rückstandsfunde gibt es einen positiven Trend: Gesetzliche Grenzwerte werden immer seltener überschritten. "In Deutschland und Europa ist das Ziel, den Anteil der Überschreitungen auf deutlich unter ein Prozent zu senken, nahezu erreicht", sagt Manfred Santen, Chemiker bei Greenpeace.

"In Deutschland und der EU ist das Qualitätsniveau sehr hoch", sagt auch Nina Banspach, Sprecherin des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). In der jüngsten Auswertung des Amts (1.9.2011 bis 30.11.2011) seien nur noch bei 0,9 Prozent der Proben deutscher Herkunft und 0,2 Prozent der EU-Ware höhere Rückstände gemessen worden als erlaubt. Bei Obst und Gemüse aus Drittländern sei der Anteil ebenfalls rückläufig, er liege jetzt bei 5,4 Prozent.

Dennoch gibt es weiterhin negative Ausreißer. So bezeichnet Greenpeace Paprika, Birnen und Tafeltrauben aus der Türkei nach wie vor als "Risikoprodukte", ebenso Tafeltrauben aus Deutschland und Kopfsalat aus Italien. Zumindest Drittlands-Paprika fiel auch bei der Herbstauswertung des BVL negativ auf - elf der 56 untersuchten Proben wiesen Pestizidgehalte oberhalb der gesetzlichen Limits auf. Hier wird jedoch nicht nach einzelnen Ländern differenziert.

+++Greenpeace: Obst und Gemüse mit Pestiziden belastet+++

+++Greenpeace sc h ließt Krümmel+++

Obgleich Ware aus Nicht-EU-Staaten oftmals schlechter abschneidet, rät Banspach nicht vom Verzehr ab: "Auch hier wurden nur fünf Prozent aller Proben beanstandet. Wer sich abwechslungsreich ernährt, also verschiedene Sorten von Obst und Gemüse variiert, streut damit das Risiko, Pestizidrückstände zu sich zu nehmen." Manfred Santen von Greenpeace gibt nur einen Verbrauchertipp: "Bio ist immer besser." Das zeigte auch der jüngste Jahresbericht des BVL, der eine etwas andere Datengrundlage hat als die Greenpeace-Auswertung. Demnach waren bei 77,4 Prozent aller behördlich kontrollierten 1260 Bioproben (inklusive Verdachtsfälle) keine Pestizidspuren nachweisbar. Im konventionellen Bereich betrug der Anteil der unbelasteten Produkte insgesamt 39,9 Prozent, bei deutschen Erzeugnissen 46,2 Prozent.

Die Greenpeaceler fanden insbesondere in der Supermarktware deutlich weniger Pestizidrückstände als bei ihren Tests im Jahr 2007. Die Anbieter kontrollierten die Ware jetzt deutlich besser, lobt Santen. Viele verlangen von ihren Lieferanten zudem ein niedrigeres Belastungsniveau als gesetzlich erlaubt. Die meisten akzeptieren die Ware nur, wenn sie maximal 70 Prozent der erlaubten Rückstandsgehalte aufweist. Edeka senkte bei Eigenmarken den Wert auf 50 Prozent, Lidl und Kaufland dulden nur ein Drittel des zulässigen Gehalts.

Der Druck von Umweltschützern und Handel wirkt - Beispiel Erdbeeren: "Nach jahrelanger Kritik haben die spanischen Erdbeerbauern reagiert, sodass man in den Früchten heute keine Rückstände mehr findet", so Santen. Nach der Greenpeace-Auswertung sind auch Erdbeeren aus Ägypten und Marokko jetzt weniger belastet als die Konkurrenz aus Deutschland und Belgien.

Bei den Grenzwerten sieht Santen jedoch weiterhin Nachholbedarf. So gibt es derzeit nur Limits für einzelne Wirkstoffe. Santen: "Oft sind die Produkte mit mehreren Wirkstoffen belastet. Wir plädieren dafür, sie zu addieren und einen Summengrenzwert festzulegen. In der EU wird seit Jahren darüber diskutiert, wie solche Chemiecocktails zu bewerten sind. Derzeit zeichnet sich eine Regel ab, nach der nur Substanzen mit gleichem Wirkmechanismus addiert werden müssen. Das reicht nicht."

Ein zweites Problem sei die Tatsache, dass es in Deutschland (und der EU) noch immer Grenzwerte gibt, die oberhalb der gesundheitlich empfohlenen maximalen Tagesdosis für einen gelegentlichen Verzehr liegen. Auch hier sei Besserung in Sicht, sagt Santen: "Das Bundesinstitut für Risikobewertung ist dabei, dies zu justieren und die Grenzwerte an die toxikologischen Richtwerte anzupassen."

Eine Zusammenfassung der Greenpeace-Auswertung, der Ratgeber "Essen ohne Pestizide", kann unter www.greenpeace.de heruntergeladen oder unter Telefon 306 18-120 kostenlos bestellt werden.