Der DAK-Gesundheitsreport 2012 hat den Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und Herzleiden untersucht. Jeder zehnte Beschäftigte betroffen.

Hamburg. Stress im Beruf kann das Risiko für Angina pectoris und Herzinfarkt verdoppeln, wenn er nicht durch positive Erlebnisse am Arbeitsplatz ausgeglichen wird. Von solchen Gratifikationskrisen, wie Experten dieses Ungleichgewicht nennen, ist in Hamburg jeder zehnte Beschäftigte betroffen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 9,3 Prozent. Das ergab der DAK-Gesundheitsreport 2012, der gestern der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Faktoren, die bei Gratifikationskrisen eine Rolle spielen, sind auf der Negativseite zum Beispiel häufiger Zeitdruck, Vermehrung des Arbeitsvolumens und häufige Störungen. Demgegenüber steht auf der positiven Seite etwa die Anerkennung durch Vorgesetzte und ein angemessenes Gehalt. Der Bericht, der vom Berliner IGES-Institut erstellt wurde, beruht auf einer Auswertung von Versichertendaten der Krankenkasse, einer bundesweiten Befragung von 3035 DAK-Versicherten und einer Umfrage unter 98 Hamburger DAK-Versicherten.

Die DAK habe die Herzerkrankungen in diesem Jahr zum Schwerpunkt erklärt, weil die meisten Menschen in Deutschland an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben, erklärte Regina Schulz, Landeschefin der DAK in Hamburg. Gleichzeitig entwickle sich Burn-out zur Volkskrankheit. Deswegen geht der Gesundheitsreport besonders dem Zusammenhang von Herzinfarkt, Jobsituation und psychischen Belastungsfaktoren nach.

+++Zu viel Stress: jeder zehnte Hamburger infarktgefährdet+++

+++Gesunde Mitarbeiter, produktive Firmen+++

Beschäftigte, die an Gratifikationskrisen leiden, haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefäße, sondern schätzen auch selbst ihre Gesundheit schlechter ein. Laut der Befragung leiden sie zudem verstärkt unter Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Unruhe und Schlaflosigkeit. Besonders betroffen von dieser Form des beruflichen Stresses sind Facharbeiter und Berufstätige im Alter zwischen 50 und 55 Jahren.

"Diese Analyse hat gezeigt, dass negativer Stress ein wesentlicher Risikofaktor für Erkrankungen der Herzkranzgefäße ist. Das sehen wir auch immer wieder bei unseren jüngeren Patienten", sagte Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor des Universitären Herzzentrums am Universitätsklinikum Eppendorf. Um auf die Risikofaktoren einzuwirken, zu denen auch Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes, Übergewicht und erhöhte Cholesterinwerte gehören, müssten Patienten mit diesen Herzerkrankungen neben der medizinischen Behandlung auch psychologisch betreut werden. "Da besteht in Deutschland noch Verbesserungsbedarf", sagte Reichenspurner.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Häufigkeit von Herzinfarkten und die Sterbefälle an dieser Erkrankung in Deutschland seit Jahren deutlich zurückgehen. Die Zahl der Krankenhausbehandlungen wegen Herzinfarkt und Angina pectoris bleibt in Hamburg aber gleich, da durch eine bessere medizinische Versorgung mehr Patienten in Krankenhäusern behandelt werden.

Zudem zeigt der DAK-Gesundheitsreport, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen sowohl bundesweit als auch in Hamburg weiter ansteigt. Der Krankenstand unter den DAK-Versicherten lag 2011 in Hamburg bei 3,3 Prozent, mit einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von 11,3 Tagen. Bei den Ursachen liegen die psychischen Erkrankungen (17,2 Prozent der Fehltage) in Hamburg zwar weiterhin hinter den Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (18,5 Prozent) und Atemwegserkrankungen (17,7 Prozent) an dritter Stelle. Aber die Zahl der Krankheitsfälle ist im Vergleich zum Vorjahr erneut um 8,5 Prozent gestiegen, von 5,9 auf 6,4 Fälle pro 100 Versicherte. Die Zahl der Krankheitstage nahm von 192 pro Hundert Versicherte 2010 (bundesweit 152 Tage ) auf 206 Tage pro Hundert Versicherte 2011 (bundesweit 176 Tage) zu.

Auch die AOK Rheinland/Hamburg meldet eine weitere Zunahme von Fehltagen wegen psychischer Leiden unter ihren Hamburger Versicherten: Nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen (21,8 Prozent) liegen psychische Erkrankungen mit 13,4 Prozent aller Krankheitstage jetzt auf Platz zwei vor Atemwegserkrankungen (12,4 Prozent). Die Zahl der Krankheitstage nahm von 337 Tagen pro Hundert Versicherte im Jahr 2010 auf 364 Tage im Jahr 2011 zu. Der Krankenstand unter den Hamburger AOK-Versicherten ging von 5,77 Prozent 2010 auf 5,42 Prozent in 2011 erstmals seit 2006 wieder zurück.