Pollenallergiker sollten ihre Beschwerden rechtzeitig und konsequent bekämpfen. Mit Pillen, Sprays oder Tropfen kann geholfen werden.

Hamburg. Blühende Krokusse und Primeln, sprießendes Grün, steigende Temperaturen: Der Frühling liegt in der Luft! Rund 150 000 Hamburger begegnen ihm mit gemischten Gefühlen. Sie leiden unter einer Pollenallergie. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Gut die Hälfte reagiert auf die sogenannten Frühblüher, vor allem auf Hasel, Erle und Birke - laufende Nasen, die an der Spitze jucken, rote Augen und häufiges Niesen sind typische Symptome. Medikamente können Allergikern helfen, blühende Landschaften dennoch zu genießen. Doch oft scheint gegen die Beschwerden kein Kraut gewachsen zu sein.

"Es geht jetzt los", sagt Dr. Henrich Werk, Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Hamburg. "Vor dem Kälteeinbruch im Februar hatten wir die ersten Pollenallergiker, weil bereits Haselpollen flogen. Dann kam die Kältepause, und nun zieht es wieder an." Wer erst zum Arzt geht, wenn es in der Nase kribbelt, kommt fast schon zu spät. Werk: "Besser ist es, sich vor der Saison behandeln zu lassen. Denn wenn die Symptome auftreten, hat das Immunsystem bereits reagiert und Histamine sowie rund 120 andere Stoffe ausgeschüttet. Dann muss man viel stärker gegensteuern als vor der allergischen Reaktion."

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Mediziner und Apotheker halten Pillen und Tropfen, Sprays und Spritzen parat, um die lästigen Symptome in den Griff zu bekommen. "Das wichtigste ist zunächst die richtige Diagnose", sagt Dr. Martin Metz, Vorstand der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, kurz PID. "Erst wenn klar ist, was die Allergie auslöst, kann man überlegen, was zu tun ist." Zur Symptombekämpfung gebe es zwei Standardtherapien, so Metz.

Nasen lassen sich am besten mit Cortisonsprays ruhigstellen, eventuell ergänzt durch Tropfen für die Augen. "Viele Patienten schrecken vor Cortison zurück", sagt der Allergologe. "Aber die Nasenschleimhäute haben keine Probleme damit, und die Mittel sind sehr wirksam." Der Griff zu Antihistaminika, also zu Tabletten, die den Botenstoff Histamin ausschalten, sei nur der zweitbeste Weg, so Metz. Ältere Präparate enthielten Wirkstoffe, die gezielt müde machen, Allergiker sollten sie meiden. Moderne Mittel (Antihistaminika der 2. Generation) seien generell sehr gut verträglich. Doch gibt es auch hier Patienten, die sich nach der Einnahme schlapp fühlen. "Wer eine solche Müdigkeit verspürt, sollte das Medikament wechseln", rät Metz.

Antiallergische Nasentropfen wirkten nur bei leichten Symptomen, so Metz. Sie lassen die Schleimhäute abschwellen und können helfen, der Nasennebenhöhlenentzündung vorzubeugen, einer Folge des allergischen Schnupfens. Von homöopathischen Heuschnupfenmitteln hält der Experte vom Allergiezentrum der Berliner Charité wenig: "Bei ihnen ist keine Wirksamkeit nachgewiesen." Beide Ärzte raten zudem von Depotspritzen ab, bei denen Cortison ins Gesäß gespritzt wird. Werk: "Das Cortison wird kontinuierlich in den Körper abgegeben. Das passt nicht zum natürlichen Rhythmus, nach dem morgens besonders viel und zum Abend hin weniger Cortison ausgeschüttet wird."

Am besten lassen sich Pollenallergien bekämpfen, wenn der reizende Blütenstaub noch gar nicht in der Luft liegt - dann kann der Königsweg beschritten werden, die Spezifische Immuntherapie oder Desensibilisierung. Dem Patienten wird drei Jahre lang zunächst im Wochenrhythmus das Allergen, auf das sein Körper reagiert, in den Oberarm gespritzt. Die allmählich gesteigerte Dosis trainiert das Immunsystem darin, mit den Allergenen "gelassener" umzugehen. Metz: "Mit Immuntherapien lassen sich die Beschwerden dauerhaft lindern, mindestens für einige Jahre. Sie ist besonders effektiv, wenn der Patient nur auf ein Allergen reagiert." Aber auch bei Menschen, die im Jahresverlauf über lange Zeiträume unter Allergien leiden oder die Symptome nicht unter Kontrolle bekommen, könne sich diese Therapie lohnen.

Zumindest für Allergiker, deren Körper auf Gräserpollen reagiert, gibt es eine zweite Alternative zur wöchentlichen Spritze: Sie können die immunisierenden Allergene zu Hause in Tablettenform einnehmen, in geringeren Dosen und dafür täglich. Allerdings besteht die Gefahr, dass sie die Einnahme mal vergessen - das macht die Therapie weniger wirksam. Metz erwartet, dass die Pillenvariante der Immuntherapien in den nächsten Jahren auch für die Frühblüher und andere Allergene auf den Markt kommen wird.

+++ Mildes Wetter: Pollen fliegen bereits im Winter +++

Anhänger einer sanfteren Medizin bevorzugen bisweilen eine Akupunkturbehandlung. Es gebe Hinweise, dass sie die Symptome unterdrücken kann, aber sie wirkt nicht heilend, so Metz, "wir empfehlen sie nicht von uns aus, aber man kann es probieren".

Hilfreich sind auch Kenntnisse über den Pollenflug, allen voran der Pollenkalender. Allerdings variieren die Pflanzen die Ausschüttung ihres männlichen Blütenstaubs mit der Witterung, wie etwa beim Kälteeinbruch im Februar, und mit der aktuellen Wetterlage. "Bei sonnigem Wetter mit ausreichender Luftfeuchtigkeit fliegen besonders viele Pollen", sagt Angelika Grätz, Medizinmeteorologin des Deutschen Wetterdienstes. Wenn es im Sommer lange nicht geregnet hat und die Luft sehr trocken ist, seien dagegen wenig Gräserpollen unterwegs: "Die Gräser halten sich dann zurück, weil ihre Samen keine guten Bodenverhältnisse vorfinden würden."

Lang andauernder Niesel- oder Landregen sei das ideale Allergikerwetter, sagt Grätz, die stetig fallenden Tropfen waschen die Pollen aus der Luft heraus. Dagegen könne die Luft nach einem kurzen Gewitter sehr pollenhaltig sein: "Wenn die ersten Tropfen auf die Blüten fallen, schlagen sie Pollen heraus, anschließend werden die Pollen allmählich ausgewaschen. Doch dann ist der Schauer vielleicht schon vorbei. Außerdem fallen die Niederschläge oft nur kleinräumig, sodass sie auf einer größeren Fläche kaum reinigende Effekte haben."

Auch geografische Unterschiede verschwimmen mit der Wetterlage. Zwar gelten die Küsten als relativ allergenarm - Meeresluft enthält keinen Blütenstaub. Doch weht der Wind vom Land oder wachsen in Strandnähe zum Beispiel Erlen, liegen auch hier Pollen in der Luft. Informationen zur aktuellen Lage finden sich im Internet: Unter www.pollenstiftung.de geben der PID und DWD die Luftbelastung in den einzelnen Bundsländern an.

Es mehren sich Anzeichen, dass der Kampf gegen Pollenallergien sich in Zukunft noch verschärfen wird. So lässt die Erderwärmung Bäume früher blühen. Bei Erlen in Nordwestdeutschland und Birken in Schleswig-Holstein und Niedersachsen ist dies bereits nachgewiesen. Das vermehrte CO2 in der Luft lässt Pflanzen in der Regel besser wachsen - und mehr Pollen produzieren. Gleichzeitig steigt die Überempfindlichkeit in der Bevölkerung. Metz: "Während der Anteil aller Allergiker an der Gesamtbevölkerung um die 30 Prozent liegt, sind es bei den Unter-40-Jährigen bereits mehr als 40 Prozent."