Gestern Abend wurden auch die Flughäfen in Hamburg und Berlin gesperrt.

Reykjavik/Hamburg. Es ist ein Naturereignis, wie es der Kontinent seit Jahrzehnten nicht erlebt hat: Eine gigantische Aschewolke aus dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull hat den Luftverkehr in ganz Nordwest-Europa ins Chaos gestürzt. Tausende Flüge fielen aus. Hunderttausende Passagiere sitzen fest. Acht Staaten haben ihren Luftraum komplett geschlossen: Großbritannien und Irland, die Niederlande und Belgien sowie Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden. In Frankreich war ein Großteil des Luftraums betroffen. In Deutschland fielen mehr als 350 Flüge aus. Gestern um 20 Uhr wurde auch der Hamburger Flughafen geschlossen. Bereits am Nachmittag waren 39 Starts und Landungen in Fuhlsbüttel ausgefallen. Ob heute wieder geflogen werden kann, ist unklar. Auch Bremen, Hannover und die Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld wurden vorübergehend gesperrt.

Die schwarze Wolke und ihre Ausläufer erstreckten sich gestern Abend von Island über die Nordsee und Großbritannien bis an die deutsche Küste. Meteorologen erwarteten, dass sich die Wolke in der Nacht in sechs Kilometer Höhe über ganz Norddeutschland, Schweden, Finnland, Polen, die Beneluxländer und Nordfrankreich ausbreiten würde.

In London-Heathrow, eine der wichtigsten Drehscheiben des Welt-Flugverkehrs, lief gestern gar nichts mehr: Normalerweise werden dort pro Tag etwa 1300 Flüge und 180 000 Passagiere abgefertigt. Wolken aus Vulkan-Asche können bei Flugzeugen zum Ausfall der Triebwerke führen, die Messgeräte im Cockpit stören und Fenster und Außenhaut schwer beschädigen. "Das ist sehr gefährlich", sagt Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit. Wenn ein Pilot versehentlich in eine solche Wolke gerate, "heißt es um 180 Grad wenden und nichts wie raus". Der österreichische Airline-Chef und Ex-Formel-1-Weltmeister Niki Lauda: "Das ist wie Hagel - auf eine andere Art."

Eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Der isländische Vulkan stieß gestern mit unverminderter Stärke eine elf Kilometer hohe Säule aus Rauch und Lava-Asche in den Himmel. Hjördis Gudmundsdóttir von der isländischen Luftfahrtbehörde: "Wie lange das anhält, wissen nur die Wettergötter. Es kann ein paar Tage dauern, aber auch ein paar Jahre."

Besteht eine Gefahr für die Gesundheit? "Da ist nichts radioaktiv oder giftig", sagt Professor Bernd Zimanowski von der Universität Würzburg. "Sollten die kleinen Partikel, die größtenteils aus Glas bestehen, eingeatmet werden, würden sie in kürzester Zeit abgebaut." Befürchtungen, dass die Aschewolken die Sonne so stark verdunkeln könnten, dass sogar der Sommer ausfällt, wiesen Meteorologen zurück. Andreas Beck vom Deutschen Wetterdienst: "Dazu ist der Ausbruch bisher nicht heftig genug." Allerdings: Die letzte große Eruption des Vulkans unter dem Eyjafjallajökull-Gletscher im Jahr 1821 dauerte zwei Jahre.

Nach dem schweren Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991 war die globale Temperatur um etwa ein halbes Grad gesunken.