Nach der Analyse des Erbguts von mehr als 1000 Zuchttieren und wilden Wölfen sind sich Forscher aus Kalifornien sicher: Auch bei Hunden gibt es eine Art Adam und Eva.
Was ist eigentlich ein Hund?
Vier Beine mit Pfoten dran, ein gesundes Gebiss. Dazu die Rute und eine Fähigkeit, die ihn vom Fuchs unterscheidet - das kommunikative Heulen oder Bellen. All das haben Rehpinscher, Pekinese, Zuchtpudel und eine ordentlich degenerierte Englische Dogge vom Format eines Ponys gemeinsam. Amerikanische Forscher haben nun zweifelsfrei ergründet, dass trotz noch so drastischer Unterschiede zwischen den Rassen der Hund immer ein Hund ist. Wie in der biblischen Geschichte von Adam und Eva hat es in der Evolution des Hundes ein Gründungspaar gegeben, es lebte vor vielen Jahrtausenden im Nahen Osten.
Von diesen beiden Urtieren stammen alle grauen Wölfe in der Region zwischen Israel, Saudi-Arabien und dem Iran ab. Ihre Nachkommen legten sich vor Jahrtausenden ans Lagerfeuer der Menschen - und auf sie gehen alle heutigen Rassen zurück, wie Forscher der Universität Kalifornien in Los Angeles herausgefunden haben.
In einer mehrjährigen Fleißarbeit haben die Forscher um den Evolutionsbiologen Robert Wayne das Erbgut von mehr als 1000 Tieren untersucht: Sie verglichen die Gene von mehr als 900 Hunden aus 85 Rassen, dazu die DNA von 200 wilden Wölfen auf der ganzen Welt.
Um sich im Erbgut-Durcheinander der vielen unterschiedlichen Rassen nicht zu verzetteln und sich auch von den neuzeitlichen Zuchtraffinessen nicht in die Irre führen zu lassen, verließen sich die Genetiker bei ihren Analysen nicht nur auf eine Genregion - sondern knöpften sich sicherheitshalber 48 000 Stellen im Erbgut der untersuchten Tiere vor. Eine moderne Spezial-Sequenziertechnik machte das möglich.
So blieb trotz kurzer Beine, Drahthaar, Lockenmähne, Windhund-Schnauze und Mopsnase die Spur der Gene eindeutig: Sie führte zu den Wölfen in Mesopotamien, in die fruchtbaren Regionen von Euphrat und Tigris im heutigen Iran und Irak.
"Sogar die asiatischen Hunderassen haben genetisch viel mehr mit diesen Wölfen gemeinsam als mit allen anderen Populationen auf der Welt, zum Beispiel dem Ostasiatischen Wolf", schreibt Robert Wayne, Evolutionsbiologe und Koautor der Studie, in der heutigen Ausgabe des anerkannten Fachblatts "Nature".
Damit widerlegen die Genetiker die bisherigen Theorien, nach denen alle heutigen Hunderassen unabhängig voneinander an mindestens vier unterschiedlichen Orten auf der Erde im Laufe der Zeit entstanden sind.
"Obwohl der Mensch lange mit dem Wolf zusammenlebte, begann er erst spät mit der Zucht", sagt Wayne. Vor 100 000 Jahren, so vermutet der Wissenschaftler, haben unsere Vorfahren die ersten Wölfe gezähmt. Der Mensch nutzte die Tiere für seine Zwecke. Zuerst für die Jagd, später auch als Zugtiere, danach als freundschaftlichen Begleiter im Alltag. Aber immer waren es Wölfe.
Erst viel später suchte sich der Mensch gezielt Tiere für die Zucht heraus. Die frühesten Überreste von Haushunden datieren Archäologen auf 13 000 Jahre zurück. "Diese Hunde lebten sehr eng mit den Menschen zusammen", sagt Wayne, "in einem Grab wurde ein Welpe in den Armen seines Herrchens gefunden."
Bis heute gibt es fast 400 Hunderassen. 80 Prozent seien erst in den vergangenen Jahrhunderten entstanden, sagt Wayne.
Verblüfft registrierten die Forscher auch ein weiteres Detail: Egal ob Dackel oder Dogge - nur ein einziges Gen entscheidet über die Körpergröße der Tiere. "Außerdem stießen wir auf eine Handvoll Gene, die immer wieder auftauchen", sagt Wayne, "genug, um diese tolle Hundevielfalt zu kreieren."