Ein Wissenschaftler hat ein ganzes Paket von Vorschlägen ausgearbeitet. Die Hamburger Hafen und Logistik AG sieht darin viele Anregungen.

Hamburg. Halb Hamburg kämpft mit vereisten Asphaltflächen. So etwas könnte im Containerhafen der Zukunft Geschichte sein: Die Stahl- und Betonpfähle, die das Terminal tragen, könnten neben der Statik einen zweiten Zweck erfüllen und zu Energiepfählen werden. Im Sommer leiten sie Hitze in den Untergrund und kühlen somit die Betriebsflächen, schützen den Asphalt vor Verformungen. Im Winter führen sie die im Boden gespeicherte Wärme wieder nach oben und sorgen dafür, dass zumindest die Fahrkorridore eisfrei bleiben. Dies ist eine der technischen Optionen, die Bauingenieur Michael Lange zur zukünftigen Entwicklung von Containerterminals vorschlägt.

Lange absolvierte bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) eine duale Ausbildung mit Studium an der privaten Hochschule 21 in Buxtehude. Seine Bachelor-Arbeit über das Terminal von morgen enthalte "viele interessante Ansätze", die zwar noch nicht in die heutigen, voraussichtlich aber in zukünftige Planungen einfließen werden, lobt Lars Strehse, zuständig für bautechnische Planungen von Containerumschlaganlagen bei der HHLA.

Die Energiepfähle sind ein Beispiel für den Einsatz von erneuerbaren Energien. Ein zweites sind kleine Windkraftanlagen, die um (Licht-)Masten rotieren, auf Gebäuden oder sogar auf Krananlagen angebracht werden könnten. Lange: "Ihre Leistung beträgt zwar nur zehn Kilowatt - im Vergleich zu den großen Landanlagen von mehreren Megawatt. Aber sie sind leicht zu installieren. Auf einem großen Terminal könnte man mit 50 Vertikalanlagen immerhin drei Prozent des Strombedarfs decken."

Strom (und Wärme) könnten auch Solaranlagen erzeugen, die auf Dächern und an Fassaden montiert sind. Lange: "Durch die Gewinnung von erneuerbaren Energien können Gebäude und Flächen viel besser genutzt werden, als dies heute geschieht." Lars Strehse hält vor allem die Energiepfähle für interessant, speziell dort, wo massenhaft Pfahlkonstruktionen nötig sind, etwa beim Kaimauerbau. Der erhöhte Bauaufwand rentiere sich am ehesten dort, wo er Unterhaltungsarbeiten ersetzt - etwa wenn Erdwärme die Verkehrsflächen der automatisch gesteuerten Containertransporter eisfrei hält. Womöglich könnten in Zukunft aber auch Hamburger Bürger von der gezielten Wärmezufuhr aus dem Untergrund profitieren, wenn sie zum Beispiel in Uferpromenaden integriert wird. Und auch Gebäude könnten mittels Geothermie im Sommer gekühlt und im Winter beheizt werden.

Der Hafen der Zukunft könnte auch ohne schwere Tampen und Festmacherboote auskommen - dank eines "automatic mooring systems", einer automatischen Anlegetechnik. Einige Häfen erproben bereits das taulose Anlegen. Meist arbeiten sie mit Saugplatten an den Kaimauern, die den Schiffsrumpf festhalten.

"Mit dieser Technik lassen sich die Schiffe am Terminal leichter verschieben, um diesen besser auszulasten", erklärt Michael Lange. Wenn ein Containerriese Ladung löscht und aufnimmt, kann dies ein bis zwei Tage dauern. In dieser Zeit legen andere Schiffe an oder ab, sodass möglicherweise "Parklücken" entstehen. Sie können vermieden werden, wenn das festgemachte Schiff relativ mühelos ein paar (Hundert) Meter vor- oder zurückrücken kann.

Der dritte große Entwicklungsbereich sind die Landanschlüsse. Schiffe könnten zukünftig von Land mit Strom oder Gas versorgt werden und auf diese Weise schadstoffträchtige Schwerölgeneratoren ersetzen. Auch hier sind andere Häfen bereits weiter, etwa Lübeck oder Antwerpen. Doch bislang gibt es keine standardisierten Anschlüsse auf den Schiffen - dafür zu sorgen, wäre eine Aufgabe der IMO (International Maritime Organization).

Deshalb versorgen die Pilotprojekte nur einzelne Schiffe, in Lübeck etwa Papierfrachter, in Antwerpen Containerschiffe mit einem speziell auf den Hafenanschluss zugeschnittenen "Stecker".

Die Normierung könnte deutlich klarere Luft in die Häfen bringen, rechnet Lange vor: Beispielsweise werden auf Großcontainerschiffen in der Stunde im Schnitt 1300 Liter Schweröl verbrannt, um die Bordelektrik mit Strom zu versorgen. Steigende Treibstoffpreise könnten die Entwicklung einer einheitlichen Landstromlogistik beschleunigen. Wenn der Brennstoffpreis den Strom von der Kaikante wirtschaftlich werden lässt, wird die Nachfrage entsprechend wachsen.

Wann die technische Zukunftsmusik in Hamburg spielen wird, lässt sich zwar noch nicht absehen, aber "die Arbeit von Herrn Lange hat einen Diskussionsprozess in Gang gesetzt", lobt Prof. Heinrich Reincke vom Planungsstab der Senatskanzlei.

Reincke ist gleichzeitig Honorarprofessor an der Hochschule 21. Reincke: "Hafenbauer neigen dazu, nur an die Infrastruktur zu denken, die Logistiker kümmern sich um die Anlagen auf den Terminals. Wir brauchen noch mehr integriertes Denken, wie es Herr Lange vorführt."

Dann könnten in Zukunft Hochbauten nebenbei Ökostrom produzieren und Tiefbauten Glatteis verhindern.