Hamburg. Die Zähne der Kinder sind gesund wie noch nie. Karies ist auf dem Rückzug. "Allerdings herrscht seit ein paar Jahren Stagnation, weil es unter anderem Problemgruppen gibt, die nur schwer zu erreichen sind. In diesen Patientenkreisen gibt es viele Kinder, die sehr früh zahlreiche und ausgeprägte Kariesdefekte haben", sagt Dr. Rüdiger Lemke, Oberarzt in der Poliklinik für Zahnerhaltung und präventive Zahnheilkunde am Uniklinikum Eppendorf. Dort behandelt er Kinder und Jugendliche.

"Wenn im sozialen Umfeld die Bedeutung der Zahngesundheit nicht so großgeschrieben wird, können auch Maßnahmen wie die Prophylaxe durch gesunde Ernährung und sorgfältige Reinigung der Zähne nicht greifen", sagt Lemke. Die Prophylaxe fängt schon bei Schwangeren an. Sie sollten neben der eigenen Zahngesundheit Informationen zur Zahnpflege beim Kind und zur Fluoridierung erhalten. Ein wichtiger Punkt sei die Aufklärung darüber, wie Karies entsteht, wie die Zähne gepflegt und geputzt werden sollten - vom ersten Zahn an.

Um Kinder mit dem Zahnarzt vertraut zu machen, sollten sie früh mit in die Praxis gebracht werden, bereits wenn sich ihr Milchgebiss entwickelt. "Es ist aber grundsätzlich nie zu empfehlen, Kinder zu den Terminen der Eltern mitzunehmen. Kinder sollten ihre eigenen Zahnarzttermine haben, damit sie die Hauptpersonen sind. Wenn sie ihre Eltern bei der Behandlung beobachten, können die optischen Eindrücke, die Geräusche und das Ausgeliefertsein der Eltern bei Kindern Ängste wecken", fürchtet er.

Beim ersten Termin gehe es darum, zum Kind eine Vertrauensbasis aufzubauen. Der Unterschied zur Erwachsenenbehandlung sei, dass Kinder die Situation anders wahrnehmen. Es prasseln neue Eindrücke auf sie ein. Deswegen muss man sie vorsichtig heranführen und alles kindgerecht erklären. "Um ihnen die Angst zu nehmen, kann es helfen, sie Dinge ausprobieren zu lassen, den Zahnarztstuhl zu bewegen oder den Luftpüster in Betrieb zu setzen. Wichtig ist es auch, keine falschen Versprechungen zu machen. Wer vor dem Bohren sagt, das tut nicht weh, hat schnell das Vertrauen des Kindes verloren, wenn es den Schmerz gespürt hat", sagt Lemke.

"Spätestens wenn die Entwicklung der Milchzähne abgeschlossen ist, im Alter von zwei bis zweieinhalb Jahren, sollte der Zahnarzt die Zähne anschauen", empfiehlt Lemke. Dabei wird untersucht, ob alle Zähne regulär gebildet sind, ob sie richtig stehen und in welchem Zustand das Zahnfleisch ist. Eng stehende Zähne haben ein höheres Kariesrisiko. Dann sollte der Zahnarzt anhand der individuellen Situation ein Prophylaxe-Konzept absprechen und Tipps zur Zahnpflege geben. Die Palette reicht von der mechanischen Reinigung über Ernährungs- und Fluoridprophylaxe bis zur Versiegelung mit Kunststoff. Empfohlen wird, die Zähne dreimal am Tag drei Minuten zu putzen. "Aber nicht die Zeit ist entscheidend, sondern dass jede Fläche gründlich gereinigt wird. Je häufiger am Tag die Zähne geputzt werden, umso größer ist die Chance, das zu erreichen."

Wenn im Alter von zwölf Jahren die Zahnentwicklung abgeschlossen ist, erhöht sich das Risiko der Zahnzwischenraumkaries, weil die Bürste hier nicht hinkommt. "Ab diesem Zeitpunkt sollte man klarmachen, dass zusätzliche Reinigungsmechanismen nötig sind, da bieten sich Zahnzwischenraumbürsten an, um diese Bereiche sauber zu halten. Auch das sollte unter fachlicher Anleitung gelernt werden. Richtiges Zähneputzen will gelernt sein."