Dank zahlreicher Anwendungsprogramme (Apps) ist der mobile Minicomputer Dienstleister nach Maß. Das Gerät wird zu Kamera oder Kompass, zum Navigator oder zur Wasserwaage. Telefonieren kann man auch.

An den 9. November 2007 erinnert sich Dirk Kunde, als sei es gestern gewesen. Damals kam Apples iPhone in Deutschland auf den Markt. "Ich war in Köln, es war nass und bitterkalt. Es herrschte ein Riesenandrang, und wir hatten seit Stunden in der dunklen Fußgängerzone ausgeharrt." Dann, kurz nach der Öffnung der örtlichen T-Punkt-Filiale um 00:01 Uhr, hielt Kunde endlich das Objekt seiner Begierde in der Hand: ein nagelneues iPhone. 399 Euro kostete es damals bei Abschluss eines Zwei-Jahres-Vertrags. Ein stolzer Preis in einem heiß umkämpften Handy-Markt, auf dem leistungsfähige Geräte schon ab einem Euro zu haben sind.

Doch ein iPhone "Handy" zu nennen, kommt für jemanden wie Kunde, der unter www.iphone-fan.de eine Fan-Seite betreibt, einem Sakrileg gleich. Ihr Mobiltelefon ist für die Besitzer mittlerweile zum unverzichtbaren Teil ihrer selbst geworden, ihnen sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. "Das iPhone hat das eingelöst, was uns die Branche zuvor jahrelang versprochen hatte. Jeder kann es so genau auf seine persönlichen Bedürfnisse abstimmen, dass er es nie wieder aus der Hand legen will."

"Es ist kein Telefon, sondern eine Plattform", formulierte das US-Magazin "Time", als es das iPhone zur "Erfindung des Jahres 2007" kürte. Die Basis dafür ist nicht das viel gelobte elegante Äußere, das Apple angeblich beim Prada Phone des Konkurrenten LG abgekupfert hat. Es ist auch nicht der revolutionäre "Multitouch"-Bildschirm, der mit mehreren Fingern gleichzeitig getätigte Eingaben verarbeiten kann. Es ist vielmehr die Software, die Apple auf der Grundlage seines PC-Betriebssystems OS X entwickelt hat. Das iPhone sei der erste mobile Taschencomputer, der diesen Namen verdiene, schrieb "Time". Es bringe "Anwendungen wie Google Maps auf die Straße - dorthin, wo wir sie wirklich brauchen".

Ein weiterer Geniestreich bestand darin, die Software zur Entwicklung von Anwendungen öffentlich zugänglich zu machen. So kann jeder dem iPhone neue Funktionen hinzufügen und anderen Nutzern zur Verfügung stellen. Er muss dafür nur einen Teil seiner Einnahmen als Lizenzgebühr an Apple abtreten. Mittlerweile stehen mehr als 100 000 Anwendungen, sogenannte Applications, kurz Apps, zur Auswahl. Zwei Milliarden Downloads zählte Apple bisher. Ob schlichte Wasserwaage oder komplette Navigationssysteme, die sagen wo die nächste Apotheke oder das nächste Kino ist: "Für alles gibt es eine App", wie ein TV-Werbespot behauptet.

Diesem Konzept folgt nun auch die Konkurrenz. Das offene Handy-Betriebssystem Android etwa, das Anfang 2009 zunächst mit dem "Google-Handy", dem G1 von T-Mobile, auf den Markt kam, tut mittlerweile auf einer ganzen Reihe sogenannter Smartphones seinen Dienst. Hersteller und Programmierer können die Software nach Belieben nutzen und verändern - sogar ohne dafür Lizenzgebühren zahlen zu müssen.

Apple kann das zunächst einmal gelassen sehen. Schließlich wurden den aktuellen Geschäftszahlen zufolge weltweit 33,8 Millionen iPhones verkauft. Insgesamt wird der Absatz von Smartphones in diesem Jahr um 13 Prozent auf 164 Millionen anwachsen, schätzt das amerikanische Marktforschungsinstitut Forward Concepts. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Handys weltweit auf rund eine Milliarde Geräte geschätzt wird, ist da noch Luft nach oben. Auch in der Geschäftswelt konnte das iPhone nicht recht Fuß fassen. Dieses Marktsegment wird weitgehend von RIMs Blackberry sowie Geräten mit Windows Mobile beherrscht.

Mittlerweile ist mit dem 3GS die dritte iPhone-Generation auf dem Markt. Im Vergleich zu seinen Vorgängern wurden die Arbeitsgeschwindigkeit und die Internetverbindung nochmals beschleunigt. Mit dem Übertragungsstandard HSDPA erreicht das neue Modell nun bis zu 7,2 Mbps, das ist doppelt so schnell wie das iPhone 3G. Das Gerät verfügt über eine 3-Megapixel-Kamera, eine Videoaufnahme- und Videoschnittfunktion sowie einen digitalen Kompass. Dank Letzterem kann das iPhone durch die Kamera eingefangene Bilder der aktuellen Umgebung mit digitalen Informationen versehen. Damit schickt sich das iPhone an, die letzten Grenzen zwischen Alltag und Mobilfunkwelt zu überwinden.

Darüber, wann es ein neues iPhone mit welchen Funktionen geben wird, schweigt sich der traditionell geheimniskrämerische Konzern noch aus. Doch iPhone-Fan Dirk Kunde hat schon eine Wunschliste für das neue Modell parat: "Ich wünsche mir eine nach vorne gerichtete Kameralinse für Videochats, einen Blitz und eine externe Tastatur, die man per Kabel anschließen kann." Außerdem könnte auch ein stärkerer Akku nicht schaden, der die vielen energiehungrigen Funktionen ausreichend mit Strom versorgt. Dann müsste der Kunde sein iPhone tatsächlich nie mehr aus der Hand legen.