Erstmals werden der Salzgehalt der Ozeane und die Feuchtigkeit von Böden weltumspannend gemessen.

Der globale Wasserkreislauf entscheidet darüber, ob Menschen Trinkwasser haben, ob ihre Ernten vertrocknen oder sie im Hochwasser versinken, er ist der zentrale Klimafaktor. Doch sind viele Basisdaten zum Wasser nur lückenhaft vorhanden. So können der Salzgehalt der Meere und die Feuchtigkeit von Böden bislang nur punktuell gemessen werden. Das soll sich nun ändern: In den frühen Morgenstunden des kommenden Montags soll der Erdbeobachtungssatellit SMOS der Europäischen Weltraumbehörde Esa ins All starten.

An Bord trägt SMOS (Soil Moisture & Ocean Salinity) hochempfindliche Mikrowellen-Antennen, die die natürliche elektromagnetische Strahlung messen. Sie wird maßgeblich vom Salzgehalt des Ozeans und (an Land) von der Bodenfeuchte beeinflusst - und liefert damit Basisdaten, aus denen sich diese beiden Parameter errechnen lassen. Und das mit einer kaum fassbaren Genauigkeit: Aus einer Flughöhe von 763 Kilometern erkennt SMOS (beim Vergleich von Monatsmittelwerten) Mini-Differenzen von einem Gramm Salz im Liter Meereswasser. Die Bodenfeuchte liegt natürlicherweise zwischen vier und 45 Prozent Wassergehalt. Hier erwarten die Forscher eine Genauigkeit von vier Prozent.

Bodenfeuchte und Salzgehalt sind wichtige Klimafaktoren. Der Wassergehalt im Boden entscheidet, ob Regenwasser aufgenommen wird oder oberflächlich abfließt. Und er steuert die Verdunstungsrate. "Da wir Bodenfeuchte bislang nur punktuell und nicht über längere Zeiträume messen konnten, müssen alle Wettervorhersage-Modelle bislang die Bodenfeuchte simulieren. Wenn wir in etwa einem halben Jahr verlässliche globale Messdaten vom Satelliten bekommen, so wird dies unsere Wetter- und Klimaprognosen wahrscheinlich deutlich verbessern", sagt Prof. Clemens Simmer vom Meteorologischen Institut der Universität Bonn.

Alle drei Tage wird SMOS die gesamte Erde vermessen. Von der Datenflut wird auch Prof. Detlef Stammer vom Hamburger KlimaCampus profitieren. Ihn interessieren die Salzgehalte an der Meeresoberfläche, auch sie wurden bislang kaum erfasst.

Die Daten aus dem All sollen die Hamburger Klimamodelle verbessern. Stammer: "Die Ozeane sind gleichzeitig Klimagedächtnis und Antrieb des globalen Wasserkreislaufes. Der Salzgehalt und die Wassertemperatur erzeugen die Meeresströmungen." Wie stark diese das Klima beeinflussen, sieht man am Golfstrom.

Stammer arbeitet am Hamburger Institut für Meereskunde. Es ist das deutsche Projektbüro der 210 Millionen Euro teuren SMOS-Satellitenmission. "Die Messdaten zum Salzgehalt werden uns zeigen, wie gut die in den Klimamodellen eingesetzten Simulationen der sich ständig ändernden Salzkonzentrationen sind", sagt Stammer. "Auch zur Eisschmelze und zu den Schmelzwasserabflüssen auf Grönland werden wir zusätzliche Daten bekommen."

Um die Erde in einer ausreichenden räumlichen Auflösung beobachten zu können (beim Salzgehalt 200 mal 200 Kilometer), müsste die Mikrowellenantenne von SMOS einen Durchmesser von 15 Metern haben - dieses Sperrgut würde in keine Trägerrakete passen. Die Entwickler griffen zu einem Trick: Sie statteten den Satelliten mit drei ausklappbaren Armen aus, installierten 69 kleine Antennen und schalteten sie zu einem Radiometer zusammen. Eineinhalb Tage nach dem Start sollen die Arme ausgebreitet werden und ihre Arbeit aufnehmen - wenn Montag alles gut geht.

Unter www.abendblatt.de/salzgehalt sehen Sie eine Simulation der jahreszeitlichen Schwankungen des Salzgehaltes der Ozeane.