Das Universum ist offenbar nicht nur um uns, es ist auch in uns. Aminosäuren könnten aus dem All auf die Erde gekommen sein.

Der Mensch, geboren aus Sternenstaub. Was lange als Science-Fiction galt, erhält jetzt neue Nahrung. Erstmals entdeckten Forscher einen Baustein des Lebens auch im Kometenstaub, berichteten Nasa-Wissenschaftler auf einer Konferenz der American Chemical Society in Washington. Sie wiesen die Aminosäure Glycin in den Proben des Kometen Wild 2 nach.

Das Material hatte die Weltraum-Sonde "Stardust" Anfang Januar 2004 beim Vorbeiflug am Kometenkern eingefangen, 390 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

"Die Entdeckung der Nasa ist ein Meilenstein auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens", kommentiert Thomas Kraupe, Direktor des Planetariums Hamburg.

Bislang waren nur Meteoriten als mögliche kosmische Lebensspender bekannt. In ihnen hatten Wissenschaftler mehrfach interstellare organische Materie gefunden - allerdings auf der Erde. Die jetzige Entdeckung stütze die Annahme, dass einige Zutaten irdischen Lebens kosmischen Ursprungs sind, erläutert Astrobiologin Dr. Jamie Elsila vom Goddard Space Flight Center der Nasa in Greenbelt (US-Bundesstaat Maryland). Der Kosmos ist eben nicht nur um uns, er ist auch in uns.

Der Staub des Kometen Wild 2, den die Sonde "Stardust" nach einer 4,6 Milliarden Kilometer langen Reise an Bord hatte, landete am 15. Januar 2006 in der Wüste von Utah recht sanft. Der erste Versuch der Nasa, kosmischen Staub zur Erde zu bringen, war dagegen knapp zwei Jahre zuvor gescheitert. Der Dreck aus dem All ist für Forscher so wertvoll, weil Kometen rund 4,5 Milliarden Jahre alt sind und in ihnen das weitgehend unveränderte Urmaterial des Sonnensystems steckt. Die Himmelskörper könnten also Einblicke in den Ursprung des Sonnensystems liefern, die Anfänge des (irdischen) Lebens. Deshalb nahmen Wissenschaftler aus aller Welt - unter ihnen auch deutsche Forscher - den Staub intensiv unter die Lupe, suchten nach chemischen Botschaften aus dem All.

Schnell entdeckten sie an der Aluminiumauskleidung der Probenkammer die Aminosäure Glycin. Die kleinste und einfachste der insgesamt 20 Aminosäuren ist Bestandteil nahezu aller Proteine des Menschen.

"Wir konnten aber nicht sicher sein, dass diese Aminosäure wirklich kosmischen Ursprungs ist. Es wäre auch möglich gewesen, dass sie beim Zusammenbau oder der Pflege der Weltraumsonde auf die Auskleidung gelangt war", erläutert Astrobiologin Elsila, Erstautorin der Veröffentlichung im Journal "Meteoritics and Planetary Science". Zwei Jahre tüftelten und testeten die Wissenschaftler. Dann erst war klar: Dieses Glycin stammt aus den Tiefen des Alls. Das verriet die Analyse der Varianten des Kohlenstoffs in der Aminosäure.

Während irdische Glycin-Varianten vermehrt den leichten Kohlenstoff-12 enthalten, steckt in den kosmischen Ausführungen vor allem der schwerere Kohlenstoff-13. "Wir haben bewiesen, dass das mit 'Stardust' zurückgekehrte Glycin eine extraterrestrische Kohlenstoff-Signatur hat", erklärt die Astrobiologin.

"Das zeigte uns, dass diese Aminosäure wirklich von dem Kometen stammen musste." Ein weiterer Hinweis, dass die Bausteine des Lebens vor Jahrmillionen mit Meteoriten- und Kometeneinschlägen auf die Erde gelangt sind. Eine spektakuläre Erkenntnis mit sehr weitreichenden Folgen.

Nicht nur, dass wir eine Art "Kinder des Sternenstaubs" sind. Die Entdeckung stützt auch die Annahme, dass fundamentale Bausteine des Lebens im Weltall weit verbreitet sind, folgert Prof. Carl Pilcher, der Leiter des Astrobiologischen Instituts der Nasa an der Universität California in Los Angeles (US-Bundesstaat Kalifornien). "Und sie stärkt die These, dass Leben im Universum eher die Regel als die Ausnahme ist."