Internationale Agrarkonzerne wollen ihr Saatgut im schwarzen Kontinent einführen und den traditionellen Anbau verdrängen.

Kapstadt. Mehr als eine Milliarde Menschen hungern oder leiden an Mangelernährung. Afrika ist besonders betroffen. Die Lösung klingt einfach: Vor Ort muss mehr Nahrung produziert werden. Hoch im Kurs steht momentan die Gentechnik, der nahezu die Rolle eines "Allheilmittels" zugeschrieben wird: dürre- und salztolerantes Getreide, virusresistenter Mais, nährstoffangereicherte oder allgemein ertragreichere Sorten - und das alles umweltschonend, denn durch höhere Ernten müssen Regenwälder und Savannen nicht weiteren Äckern weichen. Zu schön, um wahr zu sein?

Vor ein paar Jahren noch galt Afrika als frei von GMO (gentechnisch modifizierten Organismen). Mit Ausnahme Südafrikas. Hier pflanzen Landwirte schon seit mehr als zehn Jahren gentechnisch veränderten Mais, Soja und Baumwolle kommerziell an. 60 Prozent des Hauptnahrungsmittels der Bevölkerung, weißer Mais, der zu Mehl gemahlen als Brei verzehrt wird, ist gentechnisch verändert. Eine Kennzeichnungspflicht existiert nicht.

Die angebauten Sorten gehören der ersten GMO-Generation an, das heißt, sie sind alle entweder herbizid- oder schädlingsresistent und sollen damit vor allem den Landwirten Vorteile verschaffen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist umstritten. "Rund zehn Millionen Kleinbauern, vor allem in Indien, China und Südafrika, verwenden GM-Mais- und -Baumwollsorten und profitieren von deutlich gestiegenen Einkommen", sagt Matin Qaim, Professor für Welternährungswirtschaft und rurale Entwicklung an der Universität Göttingen. Der jüngst veröffentlichte Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung in Berlin kommt zu einem anderen Schluss: Selbst nach zwölf Jahren großflächigen Einsatzes von GM-Saatgut sei der ökonomische, ökologische und soziale Nutzen nicht belegt.

Beim Umstieg auf moderne Technologien müssen die Kleinbauern ihre traditionellen Anbaumethoden aufgeben. Statt einen Teil der Ernte für die nächste Aussaat zurückzulegen, müssen sie das moderne, patentgeschützte Saatgut Jahr für Jahr neu kaufen. Ist die Ernte schlecht oder bricht der Weltmarktpreis zusammen (bei Baumwolle in der Vergangenheit bereits geschehen), sind die Bauern schlechter gestellt als vorher. Ein Zurück ist meist nicht möglich, da die herkömmlichen Pflanzensorten mit der Zeit verloren gehen.

Organisationen wie AGRA (Allianz für eine grüne Revolution Afrikas) und African Harvest, die Afrika am Segen der modernen Agrartechnologien teilhaben lassen wollen, erhalten großzügige Unterstützung von wohltätigen Stiftungen wie dem Rockefeller Institut und der Bill und Melinda Gates Stiftung. Sie bilden lokale Züchter und Agrarforscher aus, verbessern Saatgutmärkte und die Anbindung der Kleinbauern daran. Diese lernen den Umgang mit Hybridsaatgut, Düngemitteln, Herbiziden und Insektiziden und abhängig von den Bestimmungen des jeweiligen Landes, auch GMO. "Es geht nicht in erster Linie darum, Kleinbauern zu helfen, sondern darum, ein Vertriebsnetz für industrielle Produkte und später auch GMO aufzubauen", so Mariam Mayet, Direktorin des Antigentechnik-Zentrums für Biosicherheit in Johannesburg.

Afrika ist für die Agrarindustrie nicht nur als zukünftiger Markt interessant, sondern auch zur Imagepflege. GM-Pflanzen der zweiten Generation, also solche, die beispielsweise schlecht ernährten afrikanischen Kindern zusätzliche Nährstoffe brächten, könnten das Ansehen von GM-Nahrungsmitteln weltweit steigern. Damit stünde dem weiteren Siegeszug der marktbeherrschenden Konzerne wie Monsanto, Syngenta und Dupont nichts mehr im Wege.

Tatsächlich bröckelt die Anti-Gentechnik-Haltung Afrikas beträchtlich, GM-Pflanzen sind auf dem Vormarsch. In Burkina Faso, Mali, Tansania und Kenia sind Feldversuche zugelassen, und Kenias Landwirtschaftsminister William Ruto setzt sich vehement für den Anbau von GM-Pflanzen ein.

Derzeit ist es fraglich, ob die grüne Gentechnik den Kleinbauern zu mehr Wohlstand verhelfen wird. Hoffnung machen heimische Initiativen: Südafrikanische Forscher haben eine Maissorte entwickelt, die gegen ein nur in Afrika vorkommendes, sehr schädliches Virus resistent ist. "Es ist der erste Schritt zu einem eigenständigen Afrika, das nicht auf ausländische Biotechnologie und multinationale Saatguthersteller angewiesen ist", sagt Dionne Shepherd, Molekularbiologin an der Universität Kapstadt. Die Forscher kooperieren mit dem südafrikanischen Saatguthersteller Pannar und wollen den GM-Mais, der zurzeit noch auf seine Sicherheit getestet wird, Kleinbauern zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stellen.