Die Heilungsrate bei der häufigsten Krebserkrankung der Frauen liegt heute bei 80 Prozent. Mediziner sagen, wie das erreicht wird.

Was ist neu bei der Behandlung?

Eine wesentliche Innovation ist die Reduktion der Aggressivität der Lymphknotenentnahme. Heute ist es Standard, zunächst nur den zum Tumor gehörigen Lymphknoten ("Wächterlymphknoten") zu entnehmen und zu untersuchen. Erst wenn darin Krebszellen nachweisbar sind, werden weitere Lymphknoten entfernt. Zudem gibt es wirksamere Chemotherapiemethoden und bessere Begleitmedikamente, durch die die Chemotherapie verträglicher ist. Zu nennen sind auch zielgerichtete Therapieansätze mit Medikamenten.

Prof. Christoph Lindner , Kooperatives Mammazentrum (Standort Elim), Chefarzt Frauenklinik, Diakonie-Klinikum Hamburg

Wie viele Frauen werden geheilt?

Die Heilungsrate von Brustkrebs ist in Deutschland in zehn Jahren über alle Stadien deutlich gestiegen und liegt bei etwa 80 Prozent.

Prof. Lindner

Was sind Risikofaktoren?

Wenn zwei oder mehr direkte Verwandte Brustkrebs hatten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um ein genetisches Risiko handelt. Fünf bis sieben Prozent aller Brustkrebse sind genetisch bedingt. Zudem ist das Brustkrebsrisiko davon abhängig, wie viele Monatszyklen eine Frau erlebt hat. Je öfter sie einen normalen Menstruationszyklus hatte, umso höher ist ihr Risiko. Das sind etwa Frauen, die erst sehr spät in die Wechseljahre kommen oder keine Kinder geboren haben.

Prof. Peter Scheidel , Koop. Mammazentrum Hamburg (Standort Jerusalem)

Wie erfolgreich ist das Screening?

In Deutschland haben wir im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern eine unbefriedigende Teilnahmerate für das kostenlose Mammografie-Screening für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren.

Prof. Ingrid Schreer, Radiologin, Kiel

Welche Rolle spielt Ultraschall?

Die Ultraschalluntersuchung ist die ideale Ergänzung zur Mammografie. Sie ist vor allem dann hervorragend und notwendig, wenn das Drüsengewebe relativ röntgendicht ist. Dann ist die Mammografie in ihrer Treffsicherheit im Auffinden von Auffälligkeiten weniger gut.

Prof. Schreer

Ist immer eine Nachbestrahlung notwendig?

Jede Frau, die brusterhaltend operiert wird, muss nachbestrahlt werden, wenn der Knoten mit einem Sicherheitsabstand entfernt wird. Ob zusätzlich noch die Lymphknoten mitbestrahlt werden, richtet sich auch danach, wie viele befallen waren. Wenn die Brust entfernt werden muss, gibt es Risikofaktoren, die eine Bestrahlung der Brustwand nötig machen, z. B. wenn der Tumor eine gewisse Größe überschritten hat oder eine bestimmte Anzahl von Lymphknoten in der Achselhöhle mitbetroffen war oder der Tumor bestimmte biologische Eigenschaften hat.

Privatdozentin Dr. Cordula Petersen, niedergelassene Strahlentherapeutin

Was tut die Selbsthilfe?

Ich besuche im Krankenhaus Frauen, die gerade die Diagnose erfahren haben. Dann erzähle ich, dass ich mit 41 Jahren Brustkrebs bekommen habe und heute 68 Jahre alt bin. Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich. Manche sind still, andere sagen: Sie sind 68 Jahre alt, das kann ich ja auch schaffen. Meine Arbeit besteht darin, dass ich die Frauen begleite, wenn sie aus der Klinik entlassen werden. Sie dürfen jederzeit bei mir anrufen.

Helga Brietzke, Patientinnen-Selbsthilfe, Diakonie-Klinikum Hamburg

Ist digitale Mammografie besser?

Nein, dies ist eine neue Technik. Das Bearbeiten der Bilder ist viel besser als bei der Filmmammografie. Wir wissen aus einer Studie, dass nur Frauen mit dichtem Drüsengewebe durch die digitale Mammografie einen Vorteil haben.

Prof. Schreer

Braucht jede Patientin eine Chemotherapie?

Nein. Vor allem die kleinen Tumoren können wir sehr gut mit Antihormonen nachbehandeln. Es gibt andere Fälle, bei denen eine Chemotherapie unbedingt nötig ist, zum Beispiel bei jüngeren Patientinnen, die aggressivere Tumoren haben oder wenn viele Lymphknoten befallen sind. Zwischen diesen beiden Gruppen gibt es viele Frauen, bei denen wir nicht genau vorhersagen können, ob eine Chemotherapie ihnen wirklich hilft. Dann treffen wir die Entscheidung in Absprache mit der Patientin und Kollegen aller beteiligten Fachdisziplinen.

Prof. Lindner

Wie sieht die OP-Nachsorge aus?

Die Nachsorge ist auch abhängig von der Art der Therapie. Wenn Frauen eine Brust abgenommen wurde, ist eine Untersuchung in den ersten zwei Jahren vierteljährlich, dann halbjährlich vom Frauenarzt durchzuführen. Eine Mammografie der verbliebenen Brust sollte man einmal im Jahr machen. Bei Frauen, die brusterhaltend behandelt worden sind, macht man die erste Mammografie sechs Monate nach Abschluss der vollständigen Behandlung und dann in den ersten drei Jahren halbjährlich, auf der gesunden Seite jährlich. (Leitlinien unter www.senologie.org oder www.aezq)

Prof. Schreer

Fördern Hormone Brustkrebs?

Studien zeigen, dass die Brustkrebshäufigkeit parallel mit der Hormoneinnahme von Frauen nach den Wechseljahren gestiegen ist. Deshalb sollte man Hormone nicht vorbeugend nehmen, sondern nur, wenn ein triftiger Grund besteht.

Prof. Lindner

Mittel gegen Metastasen?

Metastasen sind nur in Ausnahmefällen heilbar. Aber wir können die Erkrankung über Jahre durch den Einsatz verschiedener Substanzen stabil halten, sodass es nicht zu einer Verschlechterung kommt.

Prof. Scheidel

Wann ist Lymphdrainage sinnvoll?

Nur dann, wenn nach Entfernung von Lymphknoten der Arm anschwillt. Zur Behandlung von Schmerzen, die durch Narben oder auch als Nervenschmerzen auftreten können, gibt es andere physikalische Maßnahmen.

Prof. Scheidel

Am Montag, 13.7., sind Ärzte des Kooperativen Mammazentrums Hamburg zu Gast bei NDR 90,3. Von 19 bis 21 Uhr können Sie die Experten unter 01805/ 90 39 03 zu Tumorerkrankungen bei Frauen befragen.