Forscher begleiten zehn Jahre lang 2000 Mitarbeiter der Lufthansa, prüfen ihre Blutwerte und ihren Lebensstil.

Hamburger Mediziner sind einer Volkskrankheit auf der Spur, der Zuckerkrankheit. In einem einzigartigen Vorhaben ergründen Wissenschaftler des Uniklinikums Eppendorf (UKE), der Asklepios-Klinik St. Georg und der Lufthansa in den kommenden zehn Jahren den Diabetes.

Was sind die Ursachen? Wie kann man sie früh erkennen? Welche genetischen Risikofaktoren gibt es? Was kann man tun, damit die Krankheit nicht ausbricht? "Die Antworten darauf sind der Schlüssel zur Lösung eines der größten Gesundheitsprobleme des 21. Jahrhunderts", sagt Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland, Leiter des Instituts für diabetologische Versorgungsforschung an der AK St. Georg. "Um die Schlüssel zu entdecken, müssen wir eine große Zahl gesunder Menschen ansprechen. Denn die ersten Veränderungen auf dem Weg von der gesunden Situation hin zur Krankheit sind noch nicht erklärt", sagt Prof. Ulrike Beisiegel, Leiterin des Instituts für Biochemie und Molekularbiologie am UKE. Daher wandten sich die Wissenschaftler an den medizinischen Dienst der Lufthansa. 2000 Lufthanseaten werden zehn Jahre von Wissenschaftlern begleitet. Die Daten über Blutwerte, Körpermaße oder Lebensgewohnheiten wertet UKE-Professor Karl Wegschneider aus. "Ich bin für die vor gut einem Jahr aufgenommene Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des UKE und der AK St. Georg dankbar, weil die Langzeitstudie eine hervorragende Unterstützung unserer Aufklärungsbemühungen ist", sagt Dr. Jan Gebhard, Leiter des Medizinischen Dienstes der Lufthansa in Hamburg. 246 Millionen Menschen leiden weltweit an Diabetes, als dessen Hauptursache Übergewicht infolge von Bewegungsmangel und falscher Ernährung gilt. Allein in Deutschland sind sechs Millionen Menschen erkrankt. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass es bis 2010 zehn Millionen Menschen sein werden. Jeder Achte wird dann an Diabetes leiden, die meisten am Typ 2, dem sogenannten Altersdiabetes. Damit erhöht sich das Risiko, an Arteriosklerose zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden.

Die Ursache: Übergewicht vermindert die Wirkung von Insulin. Dieses Hormon reguliert den Fett- und Zuckerstoffwechsel im Körper. "Dem Diabetes Typ 2 geht eine Insulinresistenz, also die Abnahme der Wirkung von Insulin, voraus. Es ist ein schleichender Prozess, dessen Anfang wir jetzt zu fassen bekommen wollen", sagt Beisiegel.

Prof. Bernd Löwe bearbeitet die psychosomatischen Aspekte. Diese Faktoren geben Hinweise, wie hoch das Risiko ist, zu erkranken. "Wir wollen wissen, ob es noch einen anderen Marker gibt, der anraten lässt, den Lebensstil zu verändern."

Diesen Fragen gehen Müller-Wieland und Beisiegel auch in dem Projekt LI-Dia nach, unter dessen Dach die Lups-Studie gestartet wurde. Li-Dia steht für Lipide und Diabetes. Beisiegel: "Wir gehen davon aus, dass Störungen im Fett-, also Lipid-Stoffwechsel, unmittelbare Auswirkungen auf die Entwicklung eines Altersdiabetes haben. Wir wollen Biomarker identifizieren, die im Idealfall mittels eines einfachen Bluttests über das Erkrankungsrisiko Auskunft geben. Mittelfristig hoffen wir, neue Ansatzpunkte für Medikamente zu entdecken", sagt Beisiegel, die mit Müller-Wieland das Ziel verfolgt, ein Norddeutsches Stoffwechselzentrum aufzubauen. Dafür gaben das UKE 510 000 Euro, die Stadt 630 000 Euro und Asklepios 1,275 Millionen Euro als Anschubfinanzierung. Das Stoffwechselzentrum soll die biochemischen Grundlagen von Diabetes knacken und Weiterbildung für Ärzte und Aufklärungskampagnen an Schulen organisieren. Denn die Kinder von heute sollen nicht die Diabetes-Patienten von morgen sein.