Eis ist sahnig und macht dick. Für viele Leckermäuler sind das Tatsachen, die sie in Kauf nehmen, weil es gut schmeckt. Doch es geht auch anders.

Stuttgart. Wie viel Sahne braucht ein Eis? Und geht es auch ohne Fett? Vier Stuttgarter Studentinnen erforschen seit Mitte Mai die kalte Leckerei. Ihr Projekt ist Teil der Reihe „Humboldt reloaded“, die die Universität Hohenheim in der Landeshauptstadt seit Oktober anbietet. Insgesamt bekommen dabei rund 350 Studenten in 93 Projekten Einblicke in das Forscher-Leben.

In der Lehrmolkerei wird an diesem Dienstag Probe 4 verkostet. Studentin Sofia Bauer (22) lächelt zufrieden, nachdem der erste Löffel Eis in ihrem Mund verschwunden ist. Diese Probe kommt ganz ohne Sahne aus. Molkenprotein ersetzt Fett. An der Konsistenz – im Fachjargon Textur – ist das kaum zu merken. Nur das Mango-Aroma kann sich nicht mit einem echten Fruchtzusatz messen. Auf echte Früchte müssen die Studenten bei ihren Versuchsreihen verzichten – weil sie das Ergebnis verfälschen könnten.

Die Versuchsreihen sind strikt wissenschaftlich aufgebaut. Nur so lässt sich genau beurteilen, welche Zusammensetzung ideal ist, wie fest das Eis wird und wie schnell es tropft. Genaue Analysen stehen zwar noch aus, doch der erste Test geht schnell – und auch der hat Gewicht. „Die Zunge ist ganz wichtig“, sagt Bauer. Lieblingsrezepte hätten sie und ihre Kommilitoninnen bereits: 50 Prozent des Fettes durch Molkenprotein zu ersetzen, könne optimal sein, meinen sie. „Aber auch die letzte Probe war erstaunlich gut, dafür, dass gar keine Sahne drin war“, sagt die 23-jährige Evgenia Grening.

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15 Proben haben die Studentinnen bereits zusammengerührt. Erst müssen Wasser, Molkenprotein, Emulgatoren, Zucker, vielleicht Sahne und ein paar anderen Zutaten gemischt werden – grammgenau, das ist wichtig. Dann wird das Gemisch pasteurisiert und homogenisiert, bevor es in den „Freezer“ – die Eismaschine – kommt. Fünf Kilogramm Eis sind das Minimum für eine ordentliche Probe.

„Auch wenn es Speiseeis ist, machen wir es ganz ernsthaft“, erklärt Projektleiter Manfred Huss. Die Studentinnen der Lebensmittelwissenschaft sollten bei dem Projekt lernen, scheinbar selbstverständliche Dinge zu hinterfragen und zu überprüfen: Was macht der Bestandteil im Eis? Braucht man ihn wirklich? Lässt er sich vielleicht durch etwas Besseres ersetzen? „Es geht um analytisches Denken“, sagt Huss. Dieses könne ihnen helfen, wenn sie später eine Arbeit suchen. Das Ergebnis soll im Oktober vorgestellt werden.

Auf den Versuchen der Studentinnen lasse sich weiter aufbauen - etwa bei Projekten in den kommenden Jahren. Marktchancen sieht Huss derzeit jedoch kaum: Der deutsche Eis-Markt werde von wenigen großen Firmen beherrscht, und die hätten kein Interesse an grundsätzlichen Veränderungen. „Man müsste erst eine Nachfrage erzeugen. Aber wenn es sich herumspricht, dass es auch Eis ohne Fett geben könnte, dann gibt es vielleicht Bewegung.“ Die Nachfrage unter den Studenten kann sich jedenfalls schon sehen lassen, wie Sofia Bauer berichtet: „Beim Freezen kommen viele hier vorbei und probieren.“