Nicht jede Sorte enthält die für volles Aroma wichtigen Substanzen. Zucker- und Säuregehalt, sowie 24 Duftstoffe sorgen für den Geschmack.

Cambridge. Was macht eine Tomate richtig gut? US-Forscher haben herausgefunden, dass ein tolles Aroma nur an wenigen Schlüsselsubstanzen hängt. Neben Zucker- und Säuregehalt sorgten lediglich 24 der vielen hundert Duft- und Geschmacksstoffe in der Frucht für ein angenehmes, intensives Tomatenaroma, schreiben die Wissenschaftler.

Die Ergebnisse zeigen zum einen, worauf Züchter bei künftigen Tomatenvarianten achten sollten, erläutert das Team. Zum anderen widerlegen sie die allgemeine Ansicht, alte, ursprüngliche Tomatensorten hätten immer ein intensiveres, besseres Aroma als die gerne als „Wassersäcke“ geschmähten Supermarktvarianten. Es gebe durchaus alte Sorten, die beim Geschmackstest schlechter abschnitten als Tomaten aus dem Supermarkt, schreiben Denise Tieman von der University of Florida in Gainesville und ihre Kollegen im Fachblatt „Current Biology“ (doi: 10.1016/j.cub.2012.04.016).

Eigentlich schien die Frage geklärt, was denn nun das Aroma einer Tomate ausmacht. Da sind zum einen die Zuckerarten Glukose und Fruktose sowie verschiedene Fruchtsäuren wie Zitronensäure und Apfelsäure oder das auch als Geschmacksverstärker bekannte Glutamat. Zum anderen kennt man mehr als 400 Aromastoffe in Tomaten, die sich leicht verflüchtigen und deswegen vor allem über Nase und Gaumen wahrgenommen werden. Von diesen galten vor allem zwei Arten als prägend: diejenigen, die in großen Mengen in der Frucht enthalten sind sowie diejenigen, die unsere Geschmackssensoren schon in sehr geringen Konzentrationen wahrnehmen können.

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Doch offenbar tragen nicht alle diese Aromastoffe tatsächlich ihren Teil zum guten Tomatengeschmack bei, zeigt die neue Auswertung. Die Forscher hatten sich darin nicht nur auf die chemischen Aspekte konzentriert, sondern auch die Vorlieben der menschlichen Geschmacksnerven mit einbezogen. 278 Proben von 152 alten, ursprünglichen Tomatensorten kamen dazu auf den Prüfstand. Chemisch gesehen sei die Bandbreite der Menge der Inhaltsstoffe zwischen den Sorten unglaublich groß gewesen, schreiben die Wissenschaftler. Bei einigen variierten die enthaltenen Mengen um einen Faktor bis zu 3.000.

Deswegen ließen die Forscher zusätzlich 170 Probanden die Sorten mit den extremsten Unterschieden sowie einige Varianten aus dem Supermarkt verkosten. Die Tester sollten vor allem angeben, wie gut ihnen die Tomaten schmeckten und wie intensiv das Aroma war. Anschließend bewerteten sie, wie süß, sauer, salzig, bitter und würzig die einzelnen Sorten waren. Die Wissenschaftler erstaunte, dass Tomaten aus dem Supermarkt nicht ganz so schlecht abschnitten wie erwartet. Die meisten behaupteten sich im Mittelfeld, einige belegten allerdings auch die hintersten Plätze.

Die Geschmacksintensität hängt vor allem von zwölf Bestandteilen ab, wie der Vergleich zwischen Verkostung und chemischer Analyse zeigt. Die Süße der Früchte wurde ebenfalls von zwölf Substanzen geprägt, von denen acht auch für den Tomatengeschmack an sich wichtig waren. Viele der in großen Mengen enthaltenen Stoffe spielten dagegen praktisch keine Rolle für einen angenehmen Geschmack.

Für besonders interessant halten die Forscher einige flüchtige Substanzen, darunter das für sich genommen zitrusartig schmeckende Geranial: Solche Substanzen gelangen beim Essen über den Gaumen in die Nase und verstärken dort offenbar die Süße der Früchte. Fehlen sie, nimmt der subjektiv empfundene Süßegrad deutlich ab, was auch den positiven Gesamteindruck schmälert. Züchter sollten daher versuchen, bei neuen Varianten den Gehalt solcher Inhaltsstoffe zu erhöhen, empfiehlt das Team.

Zudem könnten die Substanzen möglicherweise als allgemeine Geschmacksverstärker für Süßes dienen und damit helfen, den Zuckergehalt verschiedener Lebensmittel zu senken.