Kurzumtriebsplantagen gelten laut einer Studie als umweltfreundliche Alternative zu nachwachsenden Rohstoffen wie Mais.

Trenthorst/Berlin. Schnellwachsende Hölzer könnten Energie umweltfreundlicher liefern als Raps- und Maiskulturen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Naturschutzbundes (Nabu) und des Bundesamts für Naturschutz. Erste Anpflanzungen von Weiden, Pappeln und ein halbes Dutzend anderer Gehölze sprießen bereits auf sogenannten Kurzumtriebsplantagen (KUP), auch in Norddeutschland. Es sind Feldversuche, die einen Großeinsatz vorbereiten sollen.

Das Prinzip der KUP: Man lässt die Bäume nicht jahrzehntelang wachsen, sondern fällt sie schon nach einigen Jahren und zerhäckselt sie zu Brennholz. Dadurch wird die Pflanze aber nicht zerstört; sie schlägt am Wurzelstock wieder aus - und kann nach einigen Jahren erneut geerntet werden. Weiden und Pappeln könnten so mehr als 20 Jahre lang bei drei bis vier Ernten genutzt werden, so die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow-Prüzen (Landkreis Rostock).

Derzeit stehen KUP in Deutschland auf rund 4600 Hektar, doch es kursieren Zahlen, dass sie um das Jahr 2020 bis zu 1,3 Millionen Hektar Fläche einnehmen könnten. "Diese Zahl ist sicher zu hoch gegriffen, mehr Wunsch als Wirklichkeit", sagt Florian Schöne, Agrarexperte des Naturschutzbundes. Er setzt auf eine moderate Entwicklung von KUP im Einklang mit dem Naturschutz - anders als es bei den Mais-Monokulturen zur Biogasproduktion geschehen sei. Schöne: "Wir haben jetzt ein kurzes Zeitfenster, um mit zu beeinflussen, wohin der Energieholzanbau gehen wird. Wir wollen keine großflächigen Plantagen, aber auch keinen Kleinkram entlang von Bachläufen. Vielmehr brauchen wir Pflanzungen, die große Ackerflächen ökologisch aufwerten. Sie müssen in einzelnen Regionen konzentriert sein, damit es für einen Lohnarbeiter attraktiv ist, mit seiner Erntemaschine anzureisen."

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Wie genau die Plantagen zum Gewinn für die Natur werden können, wird in drei Modellregionen erforscht. Eine liegt in Trenthorst, vor den Toren Lübecks. Dort wächst das Energieholz unter erschwerten Bedingungen heran. "Wir haben hier einen kalten, feuchten Standort, der für Gehölze nicht ideal ist. Aber jetzt im vierten Jahr nach der ersten Pflanzung haben sie sich etabliert", sagt Prof. Hans Marten Paulsen, stellvertretender Leiter des zuständigen Von-Thünen-Instituts für Ökologischen Landbau. In Trenthorst stehen Weiden, Pappeln und Aspen, mal in breiteren Streifen, mal auf kleineren Flächen. In solchen Formationen strukturieren sie monotone Äcker und werden so quasi nebenbei zur Naturschutzmaßnahme. Paulsen: "Wenn KUP geschickt in der Landschaft platziert werden, etwa in Regionen ohne Knicks, bieten sie wertvolle Lebensräume für Vögel und vor allem einen effektiven Windschutz. Dieser verhindert Stauberosion und reduziert die Verdunstung."

Die Energiehölzer des bundeseigenen Versuchsgutes kämpfen mit dem maritimen Klimaeinfluss - und mit Konkurrenz durch Wildkräuter, die auf den nährstoffreichen Holsteiner Äckern schlimmstenfalls schneller wachsen als die Bäumchen. "Wir bewirtschaften die Flächen ökologisch. Deshalb können wir keine Herbizide gegen Unkraut einsetzen", sagt Paulsen. "Wir mähen und mulchen, hacken und striegeln, um die Konkurrenzprobleme in den Griff zu bekommen."

Auch mit dem Einsäen von Kleegras, Phacelia oder Wildblumen haben die Forscher bereits versucht den Wildwuchs in Schach zu halten. Doch noch müssen sie den Boden bearbeiten und das Kraut mähen, um den Gehölzen Luft und Licht zu verschaffen. Eigentlich sollten KUP ohne diese Hilfe auskommen. Denn sonst steht ihre Wirtschaftlichkeit schnell auf der Kippe.

Paulsen sieht die Zukunft der KUP in kleinräumigen Strukturen, etwa als Plantagen zur Eigenversorgung von Höfen mit Brennholz oder zur Belieferung von lokalen Heizanlagen, die zum Beispiel Siedlungen versorgen. Er geht davon aus, dass vor allem in der Anschubphase die regionale Versorgung mit klimafreundlicher Energie die Hauptmotivation bilden, eine KUP anzulegen - und nicht so sehr das Kalkül, möglichst viel Geld zu verdienen. Vor Riesenplantagen warnt er: "Je größer und dichter der Bestand wird, desto einseitiger ist die Artenzusammensetzung."

Florian Schöne vom Nabu pocht auf die Wahl des richtigen Standorts: "Am besten eignen sich Ackerflächen mit mittlerer Bodenqualität, aber auch sehr feuchte Weiden mit Versumpfungsgefahr oder entwässerte, moorige Standorte." Vor allem auf Letzteren stünden die Kulturen außer Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau. Ökologisch kritisch wäre dagegen die Bepflanzung von nährstoffarmem Weideland, dies müsse der amtliche Naturschutz verhindern. "Unsere Modellprojekte geben wertvolle Anhaltspunkte, wie KUP zu gestalten sind, damit sie der Natur nützen: In ausgeräumten Agrarlandschaften sind sie eine enorme Bereicherung. In Folgevorhaben wollen wir nun genauer definieren, welche Flächen tabu sein müssen und wo KUP sinnvoll sind."

Der Holzanbau auf Äckern könne durchaus staatlich belohnt werden, sagt Schöne. Dies müsse aber im Rahmen der Agrarförderung mit Naturschutzauflagen geschehen, um einen Wildwuchs zu verhindern. Große Unternehmen wie der Energieversorger Vattenfall und der Heizgerätehersteller Viessmann engagierten sich bereits bei der Entwicklung von KUP: "Wenn wir Vorträge zu den Naturschutzaspekten der Energieholzgewinnung halten, kommen alle und lauschen."