Intelligenz ist trainierbar - leider nur zu einem geringen Teil.

Dem Club der Hochbegabten (Mensa) könnte Wolfgang Reichel (50) ohne weiteres beitreten. Spielend meistert der promovierte Psychologe die IQ-Schwelle von 130, die jene Sozietät verlangt. Aber korrekt wäre das nicht. "Denn ich bin im Vorteil", räumt er ein: "Ich beschäftige mich ja beruflich damit." Reichel entwickelt Intelligenztests, zum Beispiel für die RTL-Fernsehshow, den "Großen IQ-Test", vergangenen Herbst. Nun grübelt er erneut: Reichel stellt gerade 81 Aufgaben zusammen für den "Unicus IQ-Test" am 1. Juni, zu demHaspa und Hamburger Abendblatt 1500 Hamburger Studierende ins CCH einladen. Die Kategorien stehen fest, getestet werden Sprachverständnis und logisches Denken, das Kurzzeitgedächtnis, die rechnerische Kompetenz und die technisch-räumliche Vorstellung. Wie kommt er an die Testfragen? Reichel: "Ich schöpfe aus meinem Erfahrungsschatz." Auch wenn er am anderen Tag nochmal die eine oder andere Frage umstellt - schlaflose Nächte bereitet die Grübelei dem Vater einer acht- und einer elfjährigen Tochter nicht mehr. Was genau ist Intelligenz überhaupt? Zwar gebe es keine "einheitliche Definition", doch eine nennt er trotzdem: "Zur Intelligenz gehört, dass man Beziehungen zwischen Sachverhalten erkennen kann und daraus logische Schlussfolgerungen zieht, die helfen, in neuen Situationen Probleme zu lösen." So etwas sagt er, ohne groß Luft zu holen. Seine Betonung liegt auf dem Übertragen "in die neue Situation". Auswendig lernen sei kein Maß für Intelligenz. Und mit Allgemeinbildung habe das auch nichts zu tun. Ein notorischer Trivial-Persuit-Gewinner habe beim Denksport keine besseren Karten: "Das Spiel ist ja eher ein Abfragen von Spezialwissen; und wenn ich kein Fußballfan bin, habe ich auch keine Ahnung, wann wo welche Weltmeistertore fielen." Auch das Lösen von Kreuzworträtseln treibe das Intelligenzmaß nicht in die Höhe. Dennoch könne man seinen IQ trainieren - ihn um 10 bis 15 Prozent steigern. "Der genaue Wert hängt von der Lernfähigkeit des einzelnen ab", meint Reichel. Vor allem häufiges Lösen der Tests schaffe ein Gefühl für die Aufgaben. Und dennoch: "Irgendwo erreicht jeder seine individuelle Grenze." Klug sei aber nicht gleich klug, Intelligenzstrukturen unterscheiden sich. "Bei manchen Studienfächern ist logisches Denken gefragt, bei anderen eher sprachliche Intelligenz." Ein Test helfe, Fähigkeiten zu erkennen. Bevor ein IQ-Test zum Einsatz kommt, wird er an einer repräsentativ ausgewählten Versuchsgruppe geeicht. Die dabei gewonnenen Werte bilden den Maßstab, um Testergebnisse als schlecht, mittel oder gut einzustufen. Woher Intelligenz kommt, wie viel angeboren und wie viel erlernbar ist, lässt sich nicht sagen. Reichel: "Da scheiden sich die Geister. Derzeit liegt die gängige Meinung bei fünfzig Prozent Gene, fünfzig Prozent Umfeld", sagt der Psychologe. Zwei Prozent der Bevölkerung haben einen IQ von über 130. Doch eine Garantie für Karriere ist das nicht. "Selbst im Berufsleben spielt die soziale Kompetenz oft eine entscheidendere Rolle", sagt Reichel. Überhaupt ließe sich nicht die gesamte Intelligenz auf einen schriftlichen Test reduzieren. Und der Umgang mit Menschen sei auch nicht abfragbar. Reichel: "Doch Spaß bringen die Knobelaufgaben trotzdem."