Hamburg. Facebook in der Kritik: EU-Politiker will „die Monopolfrage“ stellen. Auch SPD und Grüne wollen dem Internet-Giganten zu Leibe rücken.

Nach Bekanntwerden eines Hackerangriffs auf Facebook ist das soziale Netzwerk erheblich unter Druck geraten. Während in den USA die #DeleteFacebook-Bewegung neuen Auftrieb erhielt, die User auffordert, ihren Account bei der Plattform zu löschen, mehren sich in Deutschland Stimmen, die eine Zerschlagung von Facebook fordern.

Ausgelöst wurde die Diskussion hierzulande durch ein Interview, das der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), dem „Spiegel“ gegeben hatte – allerdings offenbar vor Bekanntwerden des Hackerangriffs, von dem 50 Millionen Nutzer betroffen waren. Der Politiker, der als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten gilt, hatte gesagt, er „halte es für geboten, die Monopolfrage zu stellen“.

Die EU-Kommission „sollte prüfen, ob beispielsweise Facebook nach der Übernahme von Whats­App und Instagram eine marktbeherrschende Stellung besitzt. Im Extremfall ist auch eine Entflechtung so eines Konzerns denkbar.“ Das Wort des 46-Jährigen hat Gewicht. Weber hat angekündigt, 2019 für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu kandidieren.

Union, SPD und Grüne eint die Skepsis gegenüber Facebook

Der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, liegt bei dem Thema Facebook auf einer Linie mit dem CSU-Mann. „Eine Entflechtung von Facebook und anderen Internetkonzernen liegt für die SPD absolut im Bereich des Möglichen“, sagte Zimmermann dem „Handelsblatt“. Dazu müssten auf europäischer Ebene die Kriterien im Kartellrecht „dringend angepasst werden“. Umsatz und Mitarbeiterzahl allein reichten nicht mehr aus.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament: Manfred Weber (CSU).
Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament: Manfred Weber (CSU). © imago/Sven Simon | imago stock&people

Auch der Obmann der Grünen im Digitalausschuss des Bundestages, Dieter Janecek, findet, es sei „höchste Zeit, dass die Europäische Union ihr Wettbewerbsrecht hier weiter schärft.“ Seine Partei trete schon lange für die „rückwirkende Entflechtung großer Digitalkonzerne“ ein, sagte er ebenfalls dem „Handelsblatt“.

Forderungen nach einer Zerschlagung der großen Internetkonzerne kommen aber nicht nur aus der Politik. Der ZDF-Moderator Jan Böhmermann sagte am Sonntag auf dem Münchner Gründerfestival Bits & Pretzels: „Google, Facebook und Co. müssen zerschlagen werden, das meine ich bitterernst.“

In den USA kehren Nutzer dem sozialen Netzwerk den Rücken

In der Diskussion gibt es aber auch andere Stimmen. Webers Vorstoß „mutet geradezu absurd an“, meinte etwa der stellvertretende Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer. Eine Entflechtung könne nur „eine Ultima Ratio“ sein. Durch einen solchen Schritt entstehe kein europäischer Facebook-Wettbewerber.

Auch der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie, der frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, ist gegen eine Zerschlagung. Gegen Facebook gebe es nur ein einziges Kartellrechtsverfahren und folglich „keine Anzeichen für einen systematischen Missbrauch der Marktmacht“, sagte er.

In den USA verkündeten Facebook-Nutzer via Twitter, das soziale Netzwerk wegen des neuen Hackerskandals nicht länger nutzen zu wollen. Multiplikatoren wie der Investor Cody Willard, der im US-Fernsehen eine eigene Sendung hat, beklagten sich, dass Facebook „die Privatsphäre von Nutzern missbraucht“.

Der Internet-Riese wird von Skandalen gebeutelt

Die Hackeraffäre ist bereits der zweite Datenskandal innerhalb kurzer Zeit, der Facebook erschüttert. Im Frühjahr dieses Jahres war bekannt geworden, dass das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica in den Besitz von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzerprofilen gelangt war, die es möglicherweise im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 einsetzte. Facebook versprach, die Daten seiner Nutzer besser zu schützen.