Barcelona. Handykameras erkennen Hunderassen, ein Spiegelbild als Fitnesstrainer: Die Tech-Welt in Barcelona feiert die künstliche Intelligenz.

Die größte Smartphone- und Mobilfunkmesse der Welt öffnet in Barcelona ihre Tore – und die katalanische Metropole zeigt dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona die kalte Schulter, jedenfalls wettermäßig. Statt Sonne und frühlingshaften Temperaturen, wie sie Messebesucher hier sonst genießen, wehte ein schneidender Wind bei gerade einmal acht Grad.

Davon ungerührt präsentiert hier noch bis zum Donnerstag alles, was in der Branche Rang und Namen hat, seine Neuheiten. Ein Gang durch die Messehallen.

Neues von Android

Google zeigte erste Anwendungen von „ARCore“, seiner neuen Plattform für digital „erweiterte“ Realität. Am Stand ließ sich etwa eine App von Porsche ausprobieren, mit der Nutzer ihr Traumfahrzeug virtuell in der Welt platzieren und von allen Seiten begutachten konnten. Wer sich (virtuell) auf den Fahrersitz hockte, konnte den Porsche sogar von innen begutachten. Mit einer anderen App ließ sich ein leerer Raum virtuell mit Möbeln ausstatten – etwa, um abzuschätzen, ob das neue Sofa wirklich ins Wohnzimmer passt.

Ebenfalls dazugelernt hat „Google Lens“, die Künstliche-Intelligenz-Anwendung für Smartphone-Kameras. Nach einem Update, das in den kommenden Wochen für alle Geräte mit Google Lens verfügbar sein soll, sollen Nutzer mit ihrer Kamera Pflanzen, Bäume und Hunderassen identifizieren können. Wer seine Kamera auf einen gedruckten Text richtet, kann diesen auf dem Handy anschließend per Copy & Paste in sein Dokument übernehmen und bearbeiten. Auf der Demofläche von Android funktionierte das sehr gut.

VR ist quicklebendig

Nach dem ersten Hype um VR-Brillen (Virtual Reality) war es im vergangenen Jahr erst einmal still geworden. Irgendwie gab es mittlerweile zwar bezahlbare Brillen für PCs und Smartphones, nur wusste niemand so genau, wofür man sie eigentlich brauchen kann. Dass es in der Tat eine ganze Reihe von Anwendungen gibt, zeigt HTC auf seinem Vive-Stand.

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    Die neue VR-Brille Vive Pro lässt sich mittlerweile nicht nur kabellos nutzen, sie wird zunehmend auch von Unternehmen für Schulungszwecke eingesetzt. So konnten Messebesucher etwa eine VR-Umgebung von Volkswagen ausprobieren, in der Logistikmitarbeiter in einem virtuellen Skoda-Werk zu Sortierabläufen geschult werden. Zwei Controller sind dabei die virtuellen Hände. In der Simulation scannt der Nutzer QR-Codes oder entnimmt einem Regal Bauteile, um sie in einen Montagerahmen einzusortieren.

    Bei einem anderen Beispiel werden medizinische Mitarbeiter geschult, die einem Chirurgen assistieren. Zu sehen war auch eine Fußballanwendung, in der verletzte Profis gegen virtuelle Bälle treten können, ohne zu riskieren, sich wieder zu verletzen. Das ist keine Spielerei, sondern wird bereits von den Profis von Manchester United genutzt.

    Radar und 3-D für zu Hause

    Chiphersteller Infineon mag vielen Verbrauchern zwar selten auffallen, doch Chips und Technologien des Konzerns stecken in zahlreichen unserer Geräte – vom Smartphone bis zum Auto. Auf dem MWC zeigte das Unternehmen, wofür sich etwa seine Radar- und 3-D-Kamera-Chips nutzen lassen. Schönes Beispiel war etwa der Fitnessspiegel „Solos Mirror“. Hier macht eine als Video im Spiegelbild eingeblendete Trainerin die Übungen vor.

    Eine im Fuß der Fitnessschüler eingebaute Infrarot-3-D-Kamera erkennt, ob die Übungen korrekt ausgeführt werden. Sie zählt auch die Wiederholungen. Bei Fehlern wird der Nutzer von der virtuellen Trainerin korrigiert. Ein weiterer Radarsensor kann das Heben und Senken des Brustkorbs messen. Das gelingt so genau, dass nicht nur die Atemfrequenz, sondern auch der Herzschlag auf diese Weise erfasst werden kann. Im Test brauchte das Gerät dafür allerdings noch drei Anläufe. Der Spiegel soll schon bald in ersten Fitnessstudios stehen.

    Die 3-D-Kamera lässt sich aber auch für Gesichtserkennung nutzen, wie es etwa auch im iPhone mit Face-ID geschieht. Das System von Infineon soll allerdings kleiner und weniger störungsanfällig sein. Auf dem MWC zeigte das Unternehmen ein Modul, das sich per USB an jedes Smartphone oder Notebook anschließen ließ.

    Neue Smartphones

    Neben dem Premium-Smartphone S9, das Samsung präsentierte, stellte am Montag dann auch Sony sein neues Topmodell vor: das Xperia XZ2 (ab Sommer für 799 Euro) und das XZ2 Compact (ab Sommer für 599 Euro). Neben neuester 19 Megapixel-Kamera und rasend schnellem Qualcomm 845 Prozessor sticht hier vor allem ein besonderer Vibrationseffekt hervor, der den Basseffekt bei Spielen und Filmen spürbarer machen soll.

    Der finnische Hersteller HMD, der seit vergangenem Jahr Telefone unter der Marke Nokia verkauft, zeigte nicht nur ein eigenes Topsmartphone (Nokia 8 Sirocco, 749 Euro), sondern neben einigen Mittelklassegeräten auch eine Neuauflage des legendären „Matrix-Telefons“, dem Slider-Handy Nokia 8110 (89 Euro).

    Mehr von 5G

    Das Thema „5G“ wird zunehmend konkreter. Die Deutsche Telekom hat sich in diesem Jahr voll und ganz diesem Thema verschrieben. 5G, so heißt der Mobilfunkstandard, der künftig auf LTE folgen wird. 5G wird in vielen Belangen – etwa Geschwindigkeit, Kapazität und Verzögerungszeit – erheblich leistungsfähiger als LTE sein. Interessant ist das besonders für Anwendungen in der Industrie und dem autonomen Fahren. Deshalb könnte 5G, mehr noch als 3G und LTE, einen echten technologischen Entwicklungsschritt bedeuten.

    Bereits in diesem Jahr will die Telekom erste größere kommerzielle Live-Tests mit 5G anstrengen. 2020 soll die Technologie dann bereits breit verfügbar sein.

    Dass die Telekom auch das vorhandene LTE-Netz weiter voranbringen will, zeigte sie mit ihrem Vorstoß, Internet auch in Flugzeuge, die über europäischem Festland fliegen, zu bringen. Mit einer kleinen Antenne am Flugzeug und zahlreichen über Europa verteilten Antennen, könne die Telekom auch Fluggästen LTE-Anbindung mit 75 MBit Bandbreite und einer Signalverzögerung von nur 0,1 Sekunden bieten. Als Beweis führte Telekom-Boss Tim Höttges ein Livevideo-Gespräch mit Nationaltorwart Manuel Neuer, der im Flugzeug in Richtung Frankfurt saß.