Berlin. Internet langsamer als versprochen? Jetzt gibt’s erstmals klare Regeln: Was die Anbieter leisten müssen – und wie Kunden es überprüfen.

  • Internet langsamer als versprochen?
  • Jetzt gibt’s erstmals klare Regeln: Was die Anbieter leisten müssen
  • Und wie Kunden es überprüfen

Erstmals gibt es detaillierte Richtlinien, wann ein Breitbandvertrag nicht einhält, was die Telekommunikationsfirmen in ihrer bunten Werbung versprechen. Es wird leichter möglich, Beweise für zu langsame Verbindungen vorzulegen. Gegen manche Festlegungen haben sich die Unternehmen und Verbände gewehrt, vor allem eine Regel wollten Verbraucherschützer kippen.

Die Bundesnetzagentur hat die konkreten Kriterien aufgestellt, weil eine EU-Verordnung zu dem Thema vage gefasst ist. Jetzt ist klar, was „erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung bei der Geschwindigkeit“ bedeuten.

Was wird gemessen?

Es geht um die Download-Geschwindigkeit von Internetzugangsdiensten bei Festnetzen. Drei Werte stehen auf dem Prüfstand – und die Frage, ob die Unternehmen halten, was sie dort jeweils versprechen: maximale Geschwindigkeit, das womit am meisten geworben wird („bis zu ... Mbit/s!“), normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit und minimale Geschwindigkeit.

Wie viele Messungen sind wann nötig?

Wer seinem Anbieter nachweisen will, dass die Daten nicht wie versprochen fließen, muss nach den Richtlinien mindestens 20 Messungen vornehmen. Die müssen auf zwei Tage verteilt sein, mindestens zehn je Tag. Die beiden Tage müssen nicht hintereinander liegen – uns es gibt auch keine Vorgaben an Wochentage oder Zeiten. Das ist eine Niederlage für die Anbieter, die Vorgaben machen wollten: Wochenends und abends nutzen mehr Menschen das Internet, die Anbieter wollten Messungen zu diesen Zeiten einschränken. Geht es um Tests zur maximalen Geschwindigkeit, sollen Nutzer aber den Hinweis erhalten, nicht nur in Zeiten von Hochbetrieb im Netz zu messen.

Wie wird gemessen?

Der Rechner muss über ein LAN-Kabel mit dem Internet verbunden sein. Das ist für viele Verbraucher komplizierter, Verbraucherzentrale Bundesverband und Grüne wollten die LAN-Messung nicht zur Pflicht machen. In dem Punkt ist die Bundesnetzagentur aber hart geblieben: Wenn über das WLAN gemessen wird, verschlechtert das Ergebnis, ohne dass die Anbieter etwas dafür können.

Womit wird gemessen?

Die Bundesnetzagentur plant eine Software, die das Messen vereinfacht: Wenn das Programm installiert ist, erkennt es die Testumgebung und stellt etwa fest, ob wirklich eine LAN-Verbindung vorliegt. Die Ergebnisse werden protokolliert, damit der Verbraucher einfach Nachweise an der Hand hat für Anbieter und Gerichte. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion, das Programm solle zum Jahresende vorliegen.

Seit September 2015 können Nutzer Messungen bereits unter der Adresse breitbandmessung.de vornehmen, wenn sie einige Angaben machen. Dabei können aber auch falsche Angaben gemacht werden, die Verbände kritisieren das Tool als nicht transparent. Unternehmen bitten Kunden jedoch auch bei Beschwerden, dort einen Test durchzuführen. Seit September 2016 ist zur Nutzung Java nicht mehr nötig – das war vorher Kritikpunkt vieler Nutzer.

Was müssen die Anbieter bei der maximalen Geschwindigkeit leisten?

Bei den mindestens 20 Messungen an den zwei Tagen muss zumindest an jedem Tag einmal ein Wert von 90 Prozent der versprochenen maximalen Rate erreicht werden – sonst erfüllt der Anbieter seinen Vertrag nicht. Die Verbände geben aber offenbar nicht viel auf das Maximalversprechen. Organisationen der Anbieter hatten mit Bitkom und Eco eine gemeinsame Stellungnahme eingereicht. Darin hatten sie eine Senkung der 90 auf 50 Prozent gefordert, weil das bisher eine von Gerichten getroffenen Leitlinien sei. Die Bundesnetzagentur lehnte ab.

Wann werden Anbieter bei der normalerweise zur Verfügung stehenden Geschwindigkeit vertragsbrüchig?

In ihren Produktinformationen müssen die Anbieter eine normalerweise zur Verfügung stehende Übertragungsrate angeben. Doch was heißt es, dass die „meistens“ erreicht werden muss? Verbände und Netzagentur stritten. In den Kriterien heißt es nun, diese Geschwindigkeit muss bei 90 Prozent der Messungen erreicht werden. Die Verbände waren der Ansicht, „meistens“ heiße nicht „fast immer“, sondern nur (deutlich) „mehr als 50 Prozent der Fälle“. Die Regulierer machen klar, dass das „nicht ausreichend für eine vertragskonforme Leistung“ wäre und zitieren den Duden zur Bedeutung von meistens.

Wann verstoßen Anbieter bei der Mindestgeschwindigkeit gegen ihre Pflichten?

Eine Unterschreitung ist noch im Rahmen. Die Bundesnetzagentur ist den Telekommunikationsunternehmen entgegengekommen: Ein Verstoß liegt erst vor, wenn die Minimalgeschwindigkeit an zwei Messtagen unterschritten wird. Wie sehr sie unterschritten wird, spielt dafür keine Rolle – Mindestgeschwindigkeit heißt Mindestgeschwindigkeit.

Gelten die Regeln auch für gewerbliche Kunden?

Den EU-Vorgaben folgend sind die Kriterien für Verträge zwischen Verbrauchern und den Anbietern. Einem Unternehmen war da die Klarstellung im Verfahren wichtig. Die Bundesnetzagentur hat dem entsprochen, glaubt aber, dass Gerichte die Regelungen auch auf Verträge mit Geschäftskunden anwenden könnten. Gerade bei kleineren Geschäftskunden würden die Verträge Verbraucherverträgen entsprechen.

Ab wann gelten die Regeln?

Ein Unternehmen hatte eine Übergangsfrist von einem Jahr gefordert, die Verbände wollten sogar zwei Jahre: Die Angebote und die Verträge müssten angepasst und die erreichbaren Bandbreiten recherchiert werden. Die Bundesnetzagentur spielt nicht mit: Die EU-Verordnung sei 2015 schon veröffentlicht worden, sie gelte seit April 2016. Die neuen Regeln gelten damit auch ab sofort. Zum Tragen dürften sie aber erst voll kommen, wenn es von der Netzagentur das Programm zur Installation auf dem Rechner gibt.