Berlin. 550 Millionen Frauen auf der Welt tragen Kopftuch. Auf der Handytastatur gibt es aber kein Emoji dazu. Eine 15-Jährige will das ändern.

In den Anfängen des Internets war nur das Smiley da. Heute gibt es Hunderte Emojis, die Nachrichten schöner, bunter und vor allem emotionaler machen sollen. Eine traurige Mitteilung wird mit einem traurig dreinschauenden Smiley versehen, die Nachricht von der abendlichen Tiefkühlpizza bekommt ein kleines Pizzasymbol. Selbst die Menschen, die an Einhörner oder Weihnachtsmänner glauben, kommen bei der Vielzahl der Piktogramme auf ihre Kosten. Doch die so frei erscheinende Emoji-Kultur hat ihre Grenzen.

Als Rayouf Alhumedhi aus Berlin in ihrem Gruppenchat mit Freundinnen auf WhatsApp schreibt, wollten die Mädchen den Namen des Chats ändern. Die Idee: Jede Freundin sollte durch ein Emoji repräsentiert werden. Zusammen sollten die Emojis dann den Chatnamen ergeben, berichtet das US-Portal „Buzzfeed“. Schnell haben die anderen Mädchen aus der großen Auswahl eins gefunden, das ihnen am nächsten kommt. Nur Alhumedhi nicht. Denn die 15-Jährige trägt Kopftuch. So wie 550 Millionen andere Frauen auch. Und ein Kopftuch-Emoji gibt es nicht.

Ein Platz auf der Tastatur

Die Emoji-Auswahl auf dem Smartphone bietet so ziemlich alles – nur kein Zeichen mit Kopftuch.
Die Emoji-Auswahl auf dem Smartphone bietet so ziemlich alles – nur kein Zeichen mit Kopftuch. © Screenshot | Screenshot

„Ich würde gerne repräsentiert werden“, schreibt die Schülerin in einem Thread des Online-Forums Reddit. „Weil für die massive Anzahl an Frauen, die ein Kopftuch tragen, ein Platz auf der Tastatur reserviert sein muss.“

Sie habe laut „Buzzfeed“ zuerst eine lange Mail an den Kundenservice von Apple geschrieben. Als sie darauf keine Antwort bekam, habe sie im Internet recherchiert, dass der Konzern gar nicht der richtige Ansprechpartner ist.

Denn welche Emoticons auf der Smartphone-Tastatur erscheinen, entscheidet das sogenannte Unicode-Konsortium. Das ist ein Zusammenschluss mehrerer großer Software-Unternehmen, die versuchen, alle im Internet benutzten Zeichen auf einen international gleichen Standard zu bringen. Sie sorgen dafür, dass ein aus Europa in die USA verschicktes Herzchen-Emoji dort auch genauso angezeigt wird.

Nutzer können neue Emojis einreichen

Unicode lässt Nutzer allerdings bei der Auswahl der Emoticons teilhaben, wie auch Alhumedhi herausfand. Sie zeichnete schnell einen ersten Entwurf ihres Hijab-Emojis und schrieb in einer kurzen Mail an Unicode, warum dieses Zeichen in die mehr als 700 Emoji große Palette aufgenommen werden soll.

„Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was mich erwartet und konnte auch nicht glauben, dass sie überhaupt darüber reden würden“, sagte die Schülerin zu Buzzfeed.

Sieben Seiten langer Antrag

2015 kürte das Oxford Wörterbuch das Emoji mit Tränen in den Augen zum „Wort des Jahres“.
2015 kürte das Oxford Wörterbuch das Emoji mit Tränen in den Augen zum „Wort des Jahres“. © imago/Kyodo News | imago stock&people

Ein Mitarbeiter von Unicode wurde auf die Mail aufmerksam. Und sei begeistert gewesen. Mit seiner Hilfe formulierte die 15-Jährige einen sieben Seiten langen Antrag, in dem sie auf die Bedeutung das Kopftuchs für Muslime auf der ganzen Welt aufmerksam macht.

Darin zieht sie einen interessanten Vergleich: „Wenn du ‘Hijab’ bei Instagram in die Suchleiste eingibst, bekommst du 15.6 Millionen Fotos angezeigt“, schreibt sie in ihrem Antrag. Der Turban komme dagegen auf nur 732.000 Fotos. Und diesen gibt es ja bereits als Emoji. Warum also auch nicht das Kopftuch?

Reddit-Gründer unterstützt das Anliegen

Auch einer der Reddit-Gründer, der Alhumedhis Antrag entdeckt, stellt sich diese Frage. Er half der 15-Jährigen dabei, im populären Online-Forum einen eigenen Thread anzulegen. Dort können Nutzer der Schülerin Fragen stellen und sie bei ihrem Anliegen unterstützen. In der Diskussion begrüßen viele Nutzer Alhumedhis Antrag – andere verweisen jedoch auf die Rolle des Kopftuches, das auch für Unterdrückung und die Unfreiheit der Frau steht.

„Es mag verwirrend klingen, aber wenn ich ein Kopftuch trage, dann fühle ich mich befreit, weil ich die Kontrolle darüber habe, was ich bedecken will“, antwortet die Schülerin und erklärt: „Das Kopftuch erlaubt es den Menschen, an dem Aussehen der Frau vorbeizusehen und sie für ihr Wissen zu sehen.“

Entscheidung im November

Wie der Sender BBC berichtet, entspreche der von Alhumedhi eingereichte Antrag noch nicht den Ansprüchen des Unicode-Konsortiums. Ein Mitarbeiter helfe ihr jedoch bei den Verbesserungen des Anliegens, über das dann im November entschieden werden solle.