Berlin. Es sah so gut aus für Samsung. Doch jetzt hat der Konzern ein buchstäblich brennendes Problem mit dem Galaxy Note 7. Eine Chronologie.

Riesenpanne für Samsung: Der Smartphone-Marktführer stoppt weltweit den Verkauf seines neuen Topmodells Galaxy Note 7. Weil der Akku zu heiß wird, könnte das Gerät in Flammen aufgehen. Das Edelhandy, das es erst seit zwei Wochen gibt und das ab Freitag – pünktlich zum IFA-Auftakt in Berlin – auch in Deutschland zu haben sein sollte, wird vorerst nicht mehr ausgeliefert. Die bisher verkauften Modelle ruft Samsung zurück.

Das Desaster um das brandneue Smartphone-Flaggschiff beginnt mit einer unscheinbaren Meldung: Auf einer asiatischen Social-Media-Plattform tauchen vor gut einer Woche Fotos auf, die ein völlig verkohltes Galaxy Note 7 zeigen. Daneben steht eine im Wortsinn heiße Geschichte: Der Besitzer sei nachts von einem Knall und dem Rauch des brennenden Smartphones aufgewacht.

Vorfall ging zunächst unter

Verschiedene Techseiten greifen die Bilder auf und rätseln: Hat ein fehlerhaftes USB-C-Kabel von einem Dritthersteller den Brand verursacht? Oder ein Fehler in der Batterie? Samsung schweigt – und die Meldung geht in den überschwänglichen Testberichten der Fachmedien unter: „Das beste Smartphone aller Zeiten“ wird vielfach bejubelt.

Eine Woche später kippt die Stimmung: Mittlerweile sind Bilder ähnlicher Vorfälle im Netz aufgetaucht. Sie alle zeigen verkohlte Überbleibsel von Samsungs neuem Hoffnungsträger. Dazu gibt es neue, beunruhigende Berichte: Einzelne Geräte seien beim Laden explodiert oder in Flammen aufgegangen.

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Dann, Mittwochnacht, die Meldung der südkoreanischen Presseagentur Yonhap: Samsung habe die Auslieferung der Galaxy-Note-7-Geräte an die koreanischen Telekomgesellschaften gestoppt, berichten Industrievertreter.

Anonmye Quelle gab Problem preis

Der Konzern selbst hält sich da noch bedeckt. Die Zurückhaltung ist verständlich, denn der Zeitpunkt könnte schlechter nicht sein: Der Verkaufsstart des Galaxy Note 7 in den wichtigen Märkten USA und Europa steht unmittelbar bevor. In wenigen Stunden will das Unternehmen auf der Internationalen Funkausstellung IFA in Berlin seine beiden neuen Smartwatch-Modelle vorstellen. Der Erzrivale Apple will in der darauffolgenden Woche das neue iPhone 7 vorstellen.

Noch während Samsung in Berlin am Mittwochabend die Smartwatch Gear S3 feiert, verrät ein anonymer Samsung-Mitarbeiter, der Konzern habe das Problem identifiziert. Die fatale Hitzeentwicklung geht demnach auf die Batterie des Note 7 zurück. Ein Wechsel könne die Lösung sein – ein Rückruf des Gerätes werde zeitnah erwartet, meldet die Agentur Yonhap daraufhin.

Auf der IFA keine Rede vom Dilemma

Ei ins Nest gelegt: Derzeit macht das Galaxy Note 7, hier auf der IFA zu sehen, Samsung Kummer.
Ei ins Nest gelegt: Derzeit macht das Galaxy Note 7, hier auf der IFA zu sehen, Samsung Kummer. © dpa | Jannis Mattar

Donnerstagmorgen feiert Samsung bei seiner Pressekonferenz auf der IFA die Unternehmenserfolge. Über die Probleme mit dem Note 7 verliert das Unternehmen keine Silbe. Still und leise wird ein eher unscheinbares Statement platziert: „Um für unsere Kunden das bestmögliche Nutzererlebnis sicherzustellen, führen wir derzeit zusätzliche, strenge Qualitätskontrollen durch. Dies kann in einigen Märkten zu Lieferverzögerungen des Galaxy Note 7 führen.“

Noch am Nachmittag verdichten sich die Hinweise auf einen Rückruf, am Freitag folgt die Gewissheit in Form einer offiziellen Mitteilung: Samsung ersetze die aktuellen Note-7-Geräte durch neue. Bislang habe es 35 gemeldete Brandfälle gegeben, der Fehler sei in einer Batteriezelle gefunden worden. Kunden, die bereits ein Galaxy Note 7 besitzen, werden es in den kommenden Wochen gegen ein neues Gerät austauschen können.

Samsung war im Aufwind

Der Imageschaden ist enorm. Samsung hatte das neue Aushängeschild erst am 19. August auf den Markt gebracht. 1,5 bis 2,5 Millionen Stück, genaue Zahlen gibt es nicht, sollen bisher verkauft worden sein. In Deutschland sollte das Galaxy Note 7 für 849 Euro angeboten werden.

Im Smartphone-Geschäft hatte Samsung gerade wieder Aufwind verspürt. Im zweiten Quartal setzten die Koreaner rund 77 Millionen Smartphones ab, Apple gut 40 Millionen iPhones. Analysten gingen ursprünglich von rund 15 Millionen ausgelieferten Galaxy Note 7 bis zum Jahresende aus. Nun gelten 12 Millionen als absolutes Maximum.

Analysten der Credit Suisse glauben, dass der Rückruf Samsung im „allerschlimmsten Falle“ 1,2 Milliarden Euro kosten könnte. Den Betriebsgewinn schätzen Experten 2016 auf gut 24 Milliarden Euro.