Berlin. Die App „Achtung Pleite“ macht Privatinsolvenzen öffentlich. Viele Privatleute fühlen sich bloßgestellt. Nun haben die Macher reagiert.

Als Instrument für „Schulden-Voyeurismus“ und als „Pleite-Pranger“ war sie vor allem vielen Privatpersonen ein Dorn im Auge, nun haben die Macher der App „Achtung Pleite“ auf die Kritik reagiert: Ab September sollen über die „Pleite-App“, die Daten von Insolvenzen in ganz Deutschland sammelt und jedem ihrer Nutzer zugänglich macht, nur noch Firmenpleiten zu finden sein – und keine Privatinsolvenzen mehr.

Damit geht die Kaiserslauterner Betreiberfirma „DerKeiler“ einen großen Schritt auf ihre Kritiker zu, die durch die App (ehemals) insolvente Privatleute bloßgestellt sehen. Vor allem aber reagiere man damit auf die Reaktion des Landesdatenschutzbeauftragten von Rheinland-Pfalz, wie „DerKeiler“-Geschäftsführer Ulrich Keil unserer Redaktion mitteilte. „Es gingen ein paar Briefe hin und her und es wurde dabei deutlich, dass er die App verbieten lassen möchte“, sagte Keil. „Das abschließend zu klären, würde sehr schnell sehr teuer werden.“ Dennoch betont der Geschäftsführer, dass die App – zumindest rein rechtlich – nichts eindeutig Verbotenes leistet.

Karte mit Schuldnern in der Nachbarschaft

Denn die zuständigen Gerichte in Deutschland machen Insolvenzen öffentlich bekannt. Auch im Internet lassen sich Schuldner finden. Auf „insolvenzbekanntmachungen.de“ werden die Bekanntmachungen aus dem gesamten Bundesgebiet gesammelt – kostenfrei. Nach Bundesland, Gericht und Registerart lässt sich die Suche dort einschränken. Im Prinzip ist das nicht viel weniger, als „Achtung Pleite“ bietet.

Der große Unterschied ist allerdings die einfache Handhabe der 2,99 Euro teuren App. Wer sich mit ihrer Hilfe einen Schuldner genauer anschauen will, bekommt neben den Gerichtsdokumenten des Insolvenzverfahrens auch die vollständige Adresse geliefert. Das erlaubt es „Achtung Pleite“, nicht nur alle Schuldner aufzulisten, sondern auch in einer Kartenansicht anzuzeigen, die man bis auf einzelne Straßenzüge vergrößern kann. Das führt zu einer anderen Öffentlichkeit als auf dem kostenfreien Justizportal. Ohne viel Mühe lässt sich nach Schuldnern und den Geschichten ihrer Bonitätsprobleme etwa in der eigenen Nachbarschaft suchen.

Wird der Datenschutz eingehalten?

Wie gesagt: Juristisch lässt sich „Achtung Pleite“ zumindest nicht viel vorwerfen. Auf gerichtliche Klärung will Ulrich Keil aber lieber verzichten: „Wir stecken unsere Zeit und Geld lieber in die Entwicklung von guten neuen Apps, als in Gerichtsverfahren und Anwälte.“ Komplett einverstanden scheint er mit dem Kurs des rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten aber nicht zu sein: „Meiner Meinung nach müsste man dann auch Insolvenzbekanntmachungen.de verbieten lassen, da wir nichts anderes zeigen, nur leichter zu bedienen sind.“

Allerdings blieb „Achtung Pleite“ bislang auch den Beweis schuldig, Datenschutzrichtlinien einzuhalten. Laut Gesetz dürfen Insolvenzfälle im Internet nur zwei Wochen nach ihrer Bekanntmachung über eine uneingeschränkte Suche zu finden sein. Weiter ist vorgeschrieben, dass die Daten sechs Monate nach Aufhebung oder Einstellung eines Verfahrens gelöscht werden müssen; kommt ein Verfahren zum Abschluss, müssen die Daten spätestens drei Jahre danach aus dem Speicher verschwinden. Zumindest Letzteres sichern die Betreiber in ihrer Produktbeschreibung zu. Nach einem älteren Bericht über die App erhielt unsere Redaktion allerdings mehrere Zuschriften von ehemals insolventen Privatpersonen, die ihr Recht auf Datenschutz durch die App verletzt sahen.

Sie dürfte die jüngste Entscheidung der Programmierer beruhigen. Und auch Ulrich Keil hält seine App dadurch für nicht weniger nützlich: „Ich würde die App immer nutzen, wenn ich eine Anzahlung leisten müsste und es um größerer Geldbeträge geht.“