Berlin. Seitdem „Pokémon Go“ verfügbar ist, scheint jeder die virtuellen Monster jagen zu wollen. Warum ist das so? Ein Experte klärt auf.

Als Pokémon mein Kinderzimmer erreichte, war ich acht Jahre alt. Ob Sammelkarten, Gameboy-Spiele, Anime-Serie oder Spielekonsole in Pikachu-Optik – ich hatte fast alles, was das Herz eines ambitionierten „Pokémon-Trainers“ brauchte, um glücklich zu werden. Jahrelang reiste ich durch Städte wie „Alabastia“ oder „Viola City“, ließ mich unter anderem vom Pokémon-Professor Eich belehren und sammelte Orden für Orden in meinem Pokédex. Dann wurde ich erwachsen. Und mein Gameboy verstaubt seitdem.

Wenn jetzt, fast 20 Jahre später, zum Teil deutlich ältere Menschen sich von ihrem Smartphone durch die Gegend scheuchen lassen und „Pokémon Go“ bei der Nutzungsdauer sogar WhatsApp oder Snapchat hinter sich lässt, dann ist das selbst für „Pokémon“-Fans der ersten Stunde etwas merkwürdig. Ob jung oder alt – es scheint so, als möchte jeder auf die Jagd nach virtuellen Monstern gehen. Doch warum ist das Spiel, das früher nur Kinder auf dem Gameboy gespielt haben, plötzlich auch bei Erwachsenen so beliebt?

„Ein Smartphone hat jeder!“

Für den Direktor des Berliner Computerspielemuseums, Andreas Lange, ist der derzeitige Erfolg von „Pokémon Go“ keine große Überraschung. Durch Nintendos Entscheidung, „Pokémon“ von seinen bisherigen Plattformen wie beispielsweise dem Gameboy zu entkoppeln, habe man den Zugang dazu deutlich erleichtert, erklärt Lange. Dadurch würden auch jene Menschen „Pokémon Go“ spielen, die mittlerweile eigentlich viel zu alt für eine Spielekonsole seien – „ein Smartphone hat aber jeder!“

Nachdem ich davon erfuhr, dass „Pokémon“ aufs Smartphone kommt, fühlte ich mich an meine Kindheit erinnert. Ich dachte daran, wie ich meine Oma einmal in den Spieleladen zerrte, weil sie für mich die rote „Pokémon“-Edition für den Gameboy kaufen sollte. Sie tat es. Und ich konnte kaum erwarten, wieder in die Welt von damals zu tauchen.

Technik „Augmented Reality“ hat den Durchbruch geschafft

Ein wesentlicher Grund für den derzeitigen Erfolg sieht der Spieleexperte Lange in der Technik Augmented Reality („erweiterte Realität“). Dadurch wird die echte Welt zum Spielfeld. Das mache das Spiel eben auch für jene attraktiver, die sich vorher überhaupt nicht für „Pokémon“ interessiert hatten. „Mit ,Pokémon Go’ wurde die Spieletechnik Augmented Reality erstmals in Verbindung mit einer erfolgreichen Marke gebracht“, sagt Lange. Nach Langes Ansicht hat „Augmented Reality“ mit „Pokémon Go“ endgültig den Durchbruch geschafft.

Trotzdem glaubt der Spieleexperte nicht, dass die Technik bei jedem künftigen Smartphone-Spiel zum Einsatz kommen wird – zumindest nicht bei Nintendo. Der japanische Spielehersteller habe in der Vergangenheit immer sehr genau auf eine gute Spielbarkeit geachtet, so Lange. Und „Augmented Reality“, das vor „Pokémon“ auch schon im Videospiel „Ingress“ eingesetzt wurde, sei schließlich nicht für jedes Videospiel geeignet.

Nachdem ich „Pokémon Go“ endlich heruntergeladen hatte, habe ich mich mit einer Freundin zum Spielen getroffen. Bilanz des Abends: drei Taubsi, zwei Raffratz und Dutzende Pokébälle. Dafür aber kein Wort miteinander gesprochen.