Bereits zum zweiten Mal versucht die Gameschmiede Cyanide auf den Franchise-Erfolg von Game Of Thrones aufzuspringen. Gelingt es dieses Mal?

Diese Story hat alle Elemente, die eine Erfolgsgeschichte benötigt: politische Konflikte, persönliche Intrigen und eine fantastische Welt, voller Geheimnisse und sagenumwobener Bewohner. Das mittelalterliche Reich von Game Of Thrones ist so phantasievoll wie undurchschaubar – und machte sowohl die Buchvorlage von George R.R. Martin, wie auch die TV-Serie zu einem durchschlagenden Erfolg. Jetzt will auch die Gamebranche einen Teil des erfolgreichen Franchise-Konzeptes einfahren. Nachdem der erste Versuch von Entwickler Cyanide, das Universum in ein Strategiespiel zu adaptieren (A Game of Thrones: Genesis) scheiterte, versucht sich das französische Studio jetzt also an einem Rollenspiel. Ein vielversprechender Ansatz, denn für dieses Genre scheint die Welt von Games Of Thrones bestens geeignet zu sein.

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Das riesige Königreich von Westeros ist seit Generationen in einzelne Reiche aufgeteilt. Jeder Herrscher will sein Recht auf den Eisernen Thron geltend machen. Während der politische Konflikt das Königreich von innen bedroht, sind es wilde Völker und sagenumwobene Mächte aus dem Norden, die eine Gefahr von außen darstellen. Als Konsequenz wurde eine Mauer um die nördliche Grenze des Reichs errichtet. Sie wird von der sogenannten Nachtwache gehalten. In genau diese kampfgewöhnte Welt wird der Spieler versetzt.

Zunächst schlüpft er in die Rolle von Mors, einem Veteranen der Nachtwache. Nachdem er die ersten Missionen erfolgreich absolviert hat, springt die Geschichte mit einem typischen Game Of Thrones-Aufhänger zu dem zweiten Hauptcharakter: Alester. Alester, einst aus der Heimat geflüchtet und zu einer fremden Religion konvertiert, kehrt zurück, um der Beerdigung seines Vaters beizuwohnen. Als er erfährt, dass dieser vielleicht gar keinem Unfall, sondern einem Mord zum Opfer fiel, beschließt er zu bleiben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Und schon ist man mittendrin, in der verschlungenen Welt von Games Of Thrones.

Buchautor George Martin war persönlich an der Story beteiligt und achtete darauf, dass sie sich perfekt in die Ereignisse der Buchvorlage einwebt. Nicht zuletzt das ist die große Stärke des Spiels: Kenner der Vorlagen werden nicht selten einen „Aha“-Moment erleben, wenn ein bekannter Vorfall in den Dialogen angesprochen wird, Ereignisse sich überschneiden und bekannte Charaktere ihren Auftritt bekommen. Zum Beispiel werdet ihr beim Besuch in Königsmund nicht nur direkt auf Königin Cersei treffen, die große Ähnlichkeit mit ihrem Serienoriginal Lena Headey aufweist. Auch „Die Spinne“ Varys ähnelt nicht nur Darsteller Conleth Hill, sondern wurde von diesem auch selbst vertont.

Zu Beginn des Spiels weist ihr euren beiden Hauptcharakteren eine Klasse zu, die bestimmt, welche Art von Waffen ihr benutzen könnt. So ist der Wassertänzer beispielsweise auf Einhandwaffen wie Schwerter oder Dolche spezialisiert. Die Stärken und Schwächen der Figuren können darüber hinaus personalisiert werden, indem Talentpunkte zugeteilt werden. Ob Alestar besonders gut austeilen, oder Mors viele Schläge einstecken kann, liegt in der Entscheidung des Spielers.

Gameplaytechnisch besteht Game Of Thrones aus hauptsächlich zwei Elementen: den Dialogen und den Kämpfen. Bei den Gesprächen zwischen den - aus der Vorlage bekannten – Charakteren verstreicht eine Menge Zeit. Dabei beeinflussen die Auswahlmöglichkeiten den Verlauf des Gespräches und der weiteren Geschichte. Allerdings sind die Änderungen der Story alles andere als tiefgreifend, da das Spiel auf Grund seiner komplexen Geschichte sehr linear gehalten werden musste. Um mehr Möglichkeiten in diesen Gesprächen zu erlangen, hilft Vorwissen oder die genaue Untersuchung der Schauplätze. Auch diese sind stark angelehnt an die Bücher aber auch an die Serie. Highlight ist vor allem der eiserne Thron, der genau der Serienvorlage entnommen wurde. Bei der Untersuchung der Umgebung bietet das Spiel zwei Hilfen an. Im Fall vom Leibwechsler Mors schlüpft der Spieler in den Körper seines Hundes und kann so, anhand von Gerüchen, Verstecke aufspüren, während Alester seine Magie nutzen und sich so Verstecke und Geheimtüren zeigen lassen kann.

Zum anderen spielen die Kämpfe gegen Banditen, korrupten Stadtbürgern oder Anhängern von Verschwörungen eine große Rolle. Diese laufen sehr taktisch ab, da der Spieler meist nicht alleine unterwegs ist. Mit jedem Charakter kommt eine Spezialfähigkeit hinzu. So kann Mors seinen Hund kontrollieren und damit dem Gegner beispielsweise die Waffe entreißen, während sich Alester der Feuer-Magie seines Gottes bedient, um seinen Feinden noch mehr Schaden zuzufügen. Die Auseinandersetzungen können jederzeit verlangsamt werden.

Schon die vorausgegangene Strategiespiel-Version von Cyanide war bei weitem keine Augenweide. Leider hat sich dieser Technikrückstand auch hier wiederholt. Trotz vielversprechender Unreal 3-Engine, welche das Potential besitzt, auch aktuelle Titel wie „Mass Effect 3“ in Sachen Präsentation glänzen zu lassen, ist das Spiel seiner Zeit mindestens drei Jahre hinterher. Die Animation wirken dazu noch abgehackt und unvollständig. Wenn man die gut geschrieben Dialoge überhört und sich auf die Gesprächsteilnehmer konzentriert, möchte man vor Peinlichkeit am liebsten die Augen zukneifen.

Über diese Kritikpunkte könnte man noch hinweg sehen, wenn nicht noch störende Programmierfehler hinzukommen würden. Oft verhängen sich der Hauptcharakter oder seine Begleiter in Türen, an Vorsprüngen oder anderen Hindernissen in der Umgebung. Das ist besonders störend, wenn man sich in einem Kampf befindet und irgendwann auf sich allein gestellt ist, weil sich der Kamerad mal wieder zuvor in einer virtuellen Wand verheddert hat. Auch die Lebendigkeit der Spielwelt ist weit hinter der eines Skyrims hinterher. Es gibt keinen Tag- und Nachtwechsel, wenig alternative Wege, geschweige denn eine komplett offene Spielwelt. Und wenn die Pfade nicht komplett leer sind, so stehen die Computerfiguren meist doch nur regungslos am Straßenrand herum.

Würde man Game of Thrones an den Standards bewerten, die ein Skyrim in Hinblick auf seine lebendige und glaubhafte Welt erst vor kurzem setzte, würde das Spiel hoffnungslos untergehen. Die Technik ist veraltet und die Spielwelt zu linear. Im Gegensatz dazu, bietet die Story mit ihren vielen Wendungen und Cliffhangern eine gute Erweiterung für Kenner der geliebten Vorlage. Fans von Game of Thrones, die über die veraltete Technik und die Linearität hinwegsehen können, haben hier die Möglichkeit, noch weiter in die Intrigen um den eisernen Thron einzutauchen. Spieler, die bis jetzt einen Bogen um Westeros gemacht haben, werden auch mit diesem Spiel ihren Einstieg nicht finden.