Zwischen Königsmord, Monsterjagd und Drachentot. Mit “The Witcher 2“ kommt das bisher erwachsenste Rollenspiel auch auf die Xbox 360.

Was für ein Tag! Nicht nur das Geralt bereits früh am Morgen beim Liebesspiel unterbrochen wird, um an der Seite des Königs in die Schlacht ziehen zu müssen. Nein, er darf sich unterwegs auch noch mit eitlen Adeligen, allerlei Soldaten und einem waschechten Drachen herumschlagen. Und als Dank für seinen unermüdlichen Einsatz muss der ergraute Protagonist nach gewonnener Schlacht noch miterleben, wie der König ermordet und er selbst öffentlich als Mörder beschuldigt wird. Der so verheißungsvoll begonnene Tag endet im Kerker.

+++ Prototype 2: Virtuelles Städtezertrümmern in New York +++
+++ Pandora's Tower: Liebesrausch und Monstersteaks +++

Das ist die Geschichte von Geralt. Der weißhaarige Protagonist mit den Katzenaugen, ist ein sogenannter Hexer. Ein Monsterjäger gegen Bezahlung. Selbstverständlich endet die Story nicht im Kerker. Viel mehr beginnt sie hier. „The Witcher 2“ für die Xbox baut konsequent auf der Buchvorlage des polnischen Autors Andrzej Sapkoswki auf und verbreitet eine ähnlich zynische, aber realitätsnahe Stimmung. Die Geschichte des Vorgänger-Spiels setzt am Ende der literarischen Vorlage an und spinnt die Mittelalter-Saga um Geralt weiter. Übernommen wurden dabei nicht nur die wunderbar direkt geschriebenen Dialoge, auch bekannte Charaktere tauchen wieder auf und werden passend in die neuen Handlungsstränge eingewoben.

Ausgestattet mit allem, was man in seinem Beruf braucht, gerät der Monsterjäger auf der Suche nach den Königsmördern in verschiedene Konflikte, denen er wahlweise mit Schwert oder Wort begegnen kann. Dabei wird der Spieler laufend mit moralischen Entscheidungen konfrontiert. Bewertet werden diese nicht - lediglich die Konsequenzen werden im Laufe des Spieles deutlich. Mal früher, mal später. Gerade das macht den Reiz von "The Witcher 2" aus, denn der Spieler ist gezwungen die möglichen Auswirkungen seines Handelns permanent zu reflektieren. Die in drei separate Akte aufgeteilte Spielwelt ist stark von den vorhergehenden Entscheidungen beeinflusst. Diese Freiheit ist Prinzip. In den Weiten der Welten kann man sich ohne Einschränkungen bewegen und bekommt genügend Möglichkeiten sich auch abseits der Haupthandlung wichtiges Hintergrundwissen zu sammeln.

Das ist nötig, denn nach den ersten Spielstunden wird schnell klar, dass man ohne entsprechende Vorbereitung öfters den Todesverweis auf seinem Bildschirm liest als einem lieb ist. Wissen über die Monster anlesen, Fallen und Tränke vorbereiten sowie sich mit ordentlicher Kampfausrüstung eindecken gehört zu den Grundaufgaben eines Hexers. Erst wenn man diese Punkte verinnerlicht, findet man wirklichen Zugang zum Spiel.

Auch scheut sich das Spiel nicht vor Querverweisen auf andere Fantasy-Werke und vergisst dabei niemals die ernste Atmosphäre durch einen Prise Ironie und Sarkasmus aufzulockern. Überhaupt wurde sich alle Mühe gegeben dem Spieler eine fantastische Welt zu präsentieren, diese aber so realistisch zu gestalten wie möglich. Das ist zu großen Teilen auch gelungen, da jeder relevante Charakter genügend Tiefe besitzt, kaum eine Aufgabe unnatürlich und so gut wie nichts stereotypisch wirkt. Ein Beispiel dafür: Die Elfen. Deren Hochkultur wurde, angelehnt an den Ablauf realer Historie, von der Menschheit zugrunde gerichtet. Dadurch haben sich die Elfen zu rachsüchtigen Terroristen entwickelt, die nun wahllos Jagd auf Menschen machen und sich um ihre Vergangenheit betrogen fühlen.

Nicht nur in dieser Hinsicht weist die Geschichte Parallelen zum heutigen Zeitgeschehen auf. Geralt, der sich selbst als Unpolitisch erklärt, kann sich letztendlich nicht frei machen von den Entscheidungen politischen Handelns, die ihn umgeben. „The Witcher 2“ erhebt aber niemals den Zeigefinger, sondern gibt Denkanstöße und stellt Probleme auf seiner eigenen Ebene dar.

An "The Witcher 2" werden sich alle zukünftigen Rollenspiele messen müssen, die den Anspruch erheben, eine glaubwürdige und erwachsene Welt darzustellen. Zwar könnten in Sachen Gameplay noch viele einzelne Aspekte, wie beispielsweise das Kampf- oder Inventarsystem, Verbesserungen vertragen. Doch storytechnisch ist "The Witcher" oberste Güteklasse und ein Spiel für das man, auch als nicht spielbegeisterter, gerne mal das Buch gegen eine Gamepad tauscht.

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