Personalchefs wollen im Jobinterview die Persönlichkeit des Kandidaten erkunden. Tipps für die Vorbereitung und einen guten Auftritt.

Das Bewerbungsgespräch ist immer eine Stresssituation. „Selbst Menschen mit viel Berufserfahrung sind dabei nicht völlig entspannt“, sagt Coach und Karriereberaterin Alexandra Reiter. Und wenn, dann würde sie es sogar beinahe irritierend finden: „Wem überhaupt keine anfängliche Anspannung anzumerken ist, dem würde ich eventuell sogar unterstellen, dass er das Bewerbungsgespräch nicht so ernst nimmt – und den Job vielleicht gar nicht unbedingt haben will.“

Damit ist Alexandra Reiter auch schon gleich bei ihrem ersten Tipp für Bewerber: „Seien Sie authentisch.“ Das klinge wie eine Plattitüde, gesteht sie ein. Nichtsdestotrotz geht es genau darum. „Wenn ich zum Bewerbungsgespräch eingeladen werde, erfülle ich ja die formalen Kriterien“, sagt sie. „Das Unternehmen findet mich auf dem Papier schon mal gut und will jetzt den Menschen dahinter kennenlernen.“

Im Jobinterview gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. „Es gibt nur Ihre eigenen Antworten“, sagt Reiter dann. Trotzdem müsse man sich nicht selbst ins Knie schießen, schiebt sie nach. Darum plädiert sie trotz Mahnung zur Natürlichkeit dafür, sich vor dem Bewerbungsgespräch noch einmal einige Standards des Business-Knigge zu vergegenwärtigen.

Dazu gehört, dass die Kleidung der Branche und der Firma angemessen sein muss. „Lieber beim ersten Treffen overdressed als zu leger“, sagt Reiter. Außerdem: „Bei der Begrüßung lächeln, sich mit Vor- und Nachnamen vorstellen, nicht unaufgefordert Platz nehmen, ein angebotenes Getränk dankend annehmen, dem anderen beim Sprechen ins Gesicht sehen“, fasst die Expertin zusammen.

Selbst der Händedruck ist Teil der Selbstpräsentation

Auch seinem Händedruck sollte man ein wenig Aufmerksamkeit gönnen: Ist er schlaff, wirkt er unentschlossen und wenig tatkräftig. Wer dagegen besonders kräftig zupackt, hinterlässt den Eindruck, unsensibel oder gar rücksichtslos zu sein.

Während Bewerber mit den meisten konkreten Fragen noch ganz gut umgehen können, geraten besonders viele bei einer unpräzisen Aufforderung wie „Dann erzählen Sie doch mal etwas über sich...“ ins Schwimmen. Rasch greift man in dem Moment zum rettenden Strohhalm, die einzelnen Stationen seines Lebenslaufs chronologisch aufzuzählen.

Nicht gerade glücklich. „Denn die kennt der Personaler ja schon aus den Bewerbungsunterlagen“, sagt Reiter. Bei dieser Selbstpräsentation geht es darum, dem Personaler darüber hinaus etwas über sich mitzuteilen, das zur Stellenausschreibung und zum Unternehmen passt.

Von übertriebenem Eigenlob rät die Expertin ab

„Das kann man ganz simpel aufbauen“, sagt Reiter. Sie zählt vier Fragen auf, an denen man seine Selbstdarstellung ausrichten kann: Was ist meine Motivation für die Bewerbung, was bringe ich fachlich mit, was sind meine drei besonderen Stärken, und welches ist mein Alleinstellungsmerkmal? Einsteigen könne man ganz einfach mit „Ich habe mich bei Ihnen beworben, weil....“, empfiehlt Reiter. Von übertriebenem Eigenlob rät sie ab: „Es geht darum, meine Kompetenzen darzustellen, bewerten muss sie der andere.“

Für den abschließenden Satz des maximal dreiminütigen Vortrags hat Reiter ein Beispiel: „Mit mir bekommen Sie eine erfahrene Verkäuferin, die sich in unterschiedlichen Branchen auskennt und souverän mit Kunden umgehen kann.“ Und dann? „Punkt, Ende“, sagt Reiter. Bewerber dürften nicht der Versuchung erliegen, noch etwas hinzuzufügen. Zum Beispiel: „Ja, das war jetzt so das, was ich mache...“

Eine solch unentschlossener Schlusssatz ruiniere jeden positiven Eindruck. „Möglicherweise schweigt der Personaler“, sagt Reiter. Das müsse man aushalten. „Es kann ein Test sein, der Versuch, herauszufinden, wie ein Bewerber unter Druck reagiert.“ Wenn man gesagt hat, was zu sagen war, ist souveränes Schweigen die beste Reaktion. „Viele haben sich an dieser Stelle schon um Kopf und Kragen geredet“, sagt Alexandra Reiter. „Aber zum Gespräch eingeladen hat der andere. Er ist auch für die Gesprächsführung verantwortlich.“

Personaler stellen auch unübliche Fragen

Wer sich auf das Gespräch vorbereiten möchte, geht oft die klassischen Fragen durch wie „Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“ oder „Warum halten Sie sich geeignet für die Stelle?“ Personaler gehen mittlerweile gern dazu über, nicht mehr ganz so vorhersehbar zu agieren, um den Bewerber kennenzulernen.

Auf der Karriereplattform Glassdoor, auf der Beschäftigte Gehälter oder auch Eindrücke von Unternehmen einstellen können, wurden kürzlich die zehn kniffligsten Fragen in Bewerbungsgesprächen vorgestellt – gefiltert aus 2400 Fragen, die die Nutzer auf die Seite gestellt hatten.

Einem Bewerber für ein Traineeprogramm bei einem Mobilfunkanbieter wurde diese Frage gestellt: „Sie steigen in den Aufzug ein und im Aufzug befindet sich der CEO. Was würden Sie ihm sagen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen?“ Ein Bewerber für ein Entwicklungsprogramm für Führungskräfte musste dies beantworten: „Wenn Sie alles Geld der Welt hätten, was würden Sie als Unternehmer damit tun?“ Es lohnt sich also, über den Horizont der üblichen Fragen hinauszudenken.