Hamburg. Unser Genussexperte pilgert nach Wandsbek und besucht das Ni Hao. Das Lokal löste einst seine Liebe zur chinesischen Spitzenküche aus.

Haben Sie auch dieses Jahr versucht, eine gute, frische Weihnachtsgans zu erstehen? Und waren Sie auch einigermaßen fassungslos, was die possierlichen Tierchen dieses Jahr kosten sollten – so es sie denn gab?

Der Grund: Der Vogelgrippe im Frühjahr geschuldet, waren die Gänsebestände zu diesem Weihnachtsfest hin extrem knapp. Wenn das also mit Ihrer Weihnachtsgans nix geworden ist, Sie aber nach den Festtagen große Lust auf eins a leckeres Geflügel in sich spüren: Pilgern Sie nach Wandsbek ins Ni Hao, und laben Sie sich an einer der hier besonders wohlgeratenen Pekingenten.

Das Ni Hao hat meine Liebe zur chinesischen Spitzenküche ausgelöst

Das Ni Hao, betrieben vom famosen Chefkoch und Inhaber Julian Chen mit seiner Familie, war für mich vor gut 25 Jahren der Auslöser für meine seitdem unverbrüchlich lodernde Liebe zur chinesischen Spitzenküche. Kein Glutamat, keine Aromastoffe, stattdessen beherzt gewürzte, aromensatte Köstlichkeiten aus guten Zutaten gewähren im Ni Hao faszinierende Einblicke in die ungemein reiche und vielschichtige, aus einer jahrtausendealten Tradition schöpfende chinesische Geschmacks- und Aromenwelt. Beim Pekingenten-Menü (35 Euro p. P.) starten Sie schon mal mit einem der Highlights: Freundliche Kellner säbeln Ihnen Stücke der knusprigen, vielschichtig gewürzten Haut von der Ente, die Sie sich dann auf hauchdünne Pfannkuchen packen, welche Sie vorher mit aromatischer Pflaumensauce bestrichen und mit Lauchstreifen belegt haben. Nun flugs das ganze zusammengerollt und in den Mund geschoben – großartig!

Weiter geht’s mit einem klaren Entensüppchen mit Shiitake-Pilzen, bevor als Hauptgang das eigentliche Entenfleisch naht (das war ja auch noch da), saftig im Wok geschwenkt mit Chili, roten Zwiebeln und Lauchzwiebeln. Für mich so ziemlich die attraktivste Art, Ente zu genießen. Zum guten Schluss gibt’s eine klassische, garantiert entenfreie Crème brûlée. Die stammt zwar aus Frankreich, aber der Chinese als solcher hat’s eh nicht so mit Desserts. Noch lieber als zur Pekingente greife ich im Ni Hao zur Option „Family Dining“ (29,50 Euro p. P.) – eine Art zu essen, die sich ab vier Leuten richtig lohnt. Dabei werden alle Gerichte geteilt; je mehr Leute dabei sind, desto mehr Gerichte kommen auf den Tisch.

Parforceritt durch Chinas Regionalküchen

Los geht es mit einer überraschenden Auswahl kalter Vorspeisen: Unter anderem feine, roh marinierte Kartoffelstreifen mit Morcheln und Sesamöl, würzig eingelegtes Rindfleisch, kleine, scharfe Knusperfischchen mit gerösteten Erdnüssen und Chili oder raffiniert marinierte, geschnittene Brokkolistrünke. Es folgen warme Vorspeisen wie chinesische Teigtaschen, beispielsweise gefüllt mit würzigem Ochsenschwanzragout oder mit Krabben, Bambus und Pilzen, dazu zum Dippen eine ungemein aromenintensive Fischsauce sowie knusprige, kleine hausgemachte Frühlingsrollen. Bei den Hauptspeisen darf einer der Signature Dishes des Hauses, die Kaiserlichen Hühnerwürfel auf Sichuan-Art mit Cashewnüssen und Chilisauce, nicht fehlen.

Vielleicht ist auch geröstete Ente mit Hoi-Sin-Sauce dabei oder die sehr empfehlenswerten gebratenen Breiten Bohnen mit getrocknetem, ausnehmend geschmacksstarken Senfgrün-Kohl, möglicherweise auch die Garnelen im Feuertopf mit Gemüse und Ingwer oder das gebratene Rinderfilet mit Zwiebeln, Lauch, Chili und Pfeffer. In jedem Falle erwartet Sie ein Parforceritt durch die Regionalküchen Szechuans (mein Favorit), Pekings und Shanghais, bevor das Ganze mit einem zumeist eher belanglosen Dessert leise ausklingt.

Ist Ihnen alles zu kompliziert und Sie essen lieber à la carte? Okay: Ihre Vorspeise sei das köstliche gehackte Entenfleisch mit Pinienkernen und Salat (6,90 Euro), als Hauptgang wählen Sie den knusprigen gerösteten Schweinebauch auf Gemüse (17,90 Euro, klingt unspektakulär, ist aber ziemlich genial), als Dessert greifen Sie zu Wantan auf Sichuan-Art in rotem Chiliöl (6,90 Euro). Dann haben Sie auch eine echt knorke Kombi aus Highlights des Hauses. Ebenfalls klasse: Julian Chen ist bis in beide Ohren in Riesling verliebt, sodass sich hier eine stattliche Auswahl erstklassiger trockener und feinherber (geht supergut zu scharf) Exemplare der Königsrebe findet – und was Besseres zur chinesischem Hochküche als guten Riesling werden Sie auf unserem Planeten nirgends finden.

Ni Hao, Wandsbeker Zollstraße 25–29, di.–so. 12–22 Uhr, Tel. 040 6520888, www.ni-hao.de